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RB Leipzig: Wöchentliche Werbeveranstaltung
Christoph Ruf über den Sieg von RB Leipzig im DFB-Pokalfinale
Es ist ohne Frage zu einfach, alles, was am modernen Fußball nervt, auf den »Sünden-Bullen« aus Leipzig (Buch-Autor Pavel Brunssen) zu projizieren. Der moderne Fußball ist von Dortmund bis Frankfurt durchkapitalisiert, das Gelaber von »Werten« und »Nachhaltigkeit« meist nur Schminke, die etwas verdeckt, das sich kein Fußballfan gerne aus der Nähe anschaut. Und dennoch: So verlogen die Branche sein mag, darf das nicht dazu führen, dass man plötzlich den Pokalsieger vom Samstag, RB Leipzig, in einem Atemzug mit Vereinen wie Eintracht Frankfurt nennt. Dessen scheidender Präsident hat das am Samstag sehr schön formuliert, als er den Anblick der zigtausend Eintracht-Fans absichtsvoll doppeldeutig als »unbezahlbar« bezeichnete: »Bei Leipzig 138 Leute. Hier die Stadt mit 60 000 bis 70 000 Menschen voll. Es gibt bei uns 55 andere Sportarten, die sind fast alle heute hier.«
Natürlich wird Peter Fischer dafür wieder als Populist bezeichnet werden. Vielleicht nicht zu Unrecht. Aber aus ihm sprach eben auch die Freude über den eigenen Verein, gepaart mit dem Widerwillen gegen all das, wofür RB Leipzig steht. Denn das eine ist und bleibt das Gegenteil des anderen.
Niemals sollte in Vergessenheit geraten, dass es dieses Konstrukt aus der Messestadt nur gibt, weil ein ziemlich unsympathischer Getränke-Konzern beschlossen hat, seine Reichweite und seinen Umsatz über das Vehikel des Sports zu steigern. Mitbestimmung oder gar kritische Fans sind nicht erwünscht.
RB ist von seiner Natur her kein Fußballverein, schon gar kein »normaler«, sondern eine wöchentliche Werbeverkaufsveranstaltung. Und zwar für ein Produkt, das man durchaus widerlich finden kann. Womit ich nicht die ölige Gummibärchen-Brause meine, sondern die Firmen-Sportphilosophie, zum Beispiel im Nachwuchs, wo sie aus jungen Menschen Leistungsmaschinen macht, programmiert nach der Red-Bull-Norm und gemäß globalem Plan. So wird in Brasilien, den USA und Europa rekrutiert. Und so wird auch aussortiert. Schauen Sie sich die einschlägigen Dokus über die »Nachwuchsarbeit« von RB an, hören Sie, was die Verantwortlichen sagen. Und vergleichen Sie das mit der Fachterminologie aus der Hähnchenmast – sie werden erstaunliche Parallelen feststellen.
Der RB-Staff freute sich dieser Tage über den Pokalsieg, über Platz drei in der Liga. Doch man kann davon ausgehen, dass schon sehr bald sehr viele »head-of«-irgendwas feststellen, dass der eigentliche Plan hinter RB Leipzig immer noch nicht aufgegangen ist. Immer noch kann man kaum schneller an Ansehen verlieren als die beiden Funktionäre Rouven Schröder oder Max Eberl, die zu RB wechselten. Immer noch drücken 90 Prozent aller TV-Zuschauer dem jeweiligen RB-Gegner die Daumen. Immer noch wird ihr Personal bei Siegerehrungen ausgebuht. Ach, und bevor Menschen die Deutungshoheit übernehmen, denen Fankurven suspekt sind, weil sie noch nie selbst in einer gestanden haben: Selbstverständlich hätten die Eintracht-Fans nicht gebuht, wenn statt RB ein Verein wie Gladbach oder Werder Bremen gewonnen hätte.
»Ich habe jahrelang auf so einen Tag hingearbeitet. Nun bin ich seit einem halben Jahr dabei – und es hat geklappt.« Das dürfte ein sehr ehrliches Statement von Sportdirektor Eberl gewesen sein. Dass »viele Emotionen dabei« waren, dürfte sich indes ausschließlich auf das eigene Erleben des Spiels bezogen haben. Denn das Spektrum an Emotionen, das RB auch 15 Jahre nach seiner Implementierung auslöst, reicht von Gleichgültigkeit über Antipathie bis zum Pfeifkonzert vom Samstagabend. Und solange das so bleibt, kann man sicher sein, werden die RB-Strategen auch Pokalsiege als Niederlagen empfinden.
Der Samstagabend war also ein wunderschöner Abend. Dass der Falsche gewonnen hat, bleibt eine Randnotiz.
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