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Neues Defizit nicht ausgeschlossen
Auch ein Kostenfaktor: Krankenkassen für stärkere Konzentration des Kliniknetzes
Mit den Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen sieht es besser aus als erwartet. Im Jahr 2022 wurde ein positives Ergebnis von 451 Millionen Euro erreicht, im Gesundheitsfonds (in den die Beiträge der Versicherten wie auch staatliche Ausgleichszahlungen fließen, um dann an die Kassen verteilt zu werden) stand zum Jahresende eine Summe von 4,273 Milliarden Euro. Die Finanzreserven lagen insgesamt bei 22,3 Milliarden Euro. Die Einnahmen je Mitglied hatten sich durch Beiträge und Zusatzbeiträge um insgesamt 4,37 Prozent erhöht, die Gesamtausgaben je Versicherten aber »nur« um 4,09 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen zwar in allen Bereichen, bei Arzneimitteln und ärztlicher Behandlung fiel der Anstieg aber geringer aus als erwartet. Diese Zahlen nannte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (SV GKV), Ende letzter Woche vor Journalisten.
Positiv sind die Aussichten aber nur im ersten Moment. Denn die strukturellen Defizite bei den Finanzen der gesetzlichen Kassen sind noch nicht beseitigt, geschweige denn, dass es einen Konsens über den Weg aus der Defizit-Wirtschaft geben würde. Zwar hat der GKV-Spitzenverband klare Vorstellungen von jenen finanziellen Schieflagen, die sehr schnell vom Gesetzgeber ausgeräumt werden sollten: An versicherungsfremden Leistungen wie der Schwangerschafts- und Mütterversorgung sollte sich der Bund mehr beteiligen. Auch die Pauschalen des Bundes für die Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Beziehern müssten angehoben werden. Würden diese Ausgaben vollständig gedeckt, hätten die Kassen etwa zehn Milliarden Euro mehr zur Verfügung, die regulären Beitragszahler müssten das nicht mitfinanzieren. Weder die Rechnung noch die Forderung sind neu, das Problem sollte laut Koalitionsvertrag in dieser Legislaturperiode aus der Welt geschafft werden, stand aber bislang noch nicht auf der Tagesordnung der Ampel.
Eigentlich sollten insgesamt Empfehlungen für eine »stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung« seitens des Gesundheitsministeriums vorgelegt werden, Termin war der 31. Mai 2023. Aber auch hier Fehlanzeige. Angesichts dessen, wie schwierig es zuletzt war, überhaupt Gesundheitspolitik in Gesetze zu gießen, ist bei den Vertretern des Spitzenverbands die Hoffnung auf tragfähige Lösungen nicht sehr groß.
Für das Jahr 2023 war eine Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro erwartet worden, diese wurde aber mit einmaligen Maßnahmen geschlossen, darunter wurden Reserven der Kassen und des Gesundheitsfonds von insgesamt 7,2 Milliarden Euro abgebaut. Auch die Versicherten mussten ran: Der tatsächliche Zusatzbeitrag stieg von 1,36 Prozent auf 1,51 Prozent, was rund 2,5 Milliarden Euro ausmacht.
Nicht ausgeschlossen ist aus aktueller Sicht, dass die Kassen auch 2024 wieder ins Minus kommen: Nach Aussagen von Pfeiffer könnten das bis zu sieben Milliarden Euro sein. »Ohne weitere Maßnahmen müssten die Zusatzbeitragssätze um 0,2 bis 0,4 Punkte ansteigen«, so die Wirtschaftswissenschaftlerin. Dämpfend könnten hier auch gute Kasseneinnahmen wirken, dank stabiler Beschäftigung und hoher Tarifabschlüsse.
Auch für den GKV-Spitzenverband gehört zu den dringendsten Reformen die Neuausrichtung des Krankenhaussektors: Der Bedarf der Bevölkerung sei hier entscheidend, werden die neuesten Ergebnisse der Bund-Länder-Verständigung zum Thema kommentiert. Letztere kann Irritationen auslösen, es scheint, als wären die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach bevorzugten verschiedenen Level der Versorgung mit einigen der Bundesländer durchaus nicht zu machen. Nach jetzigem Debattenstand bliebe es aber bei den Leistungsgruppen zu Versorgungsschwerpunkten, analog zur bereits begonnenen Reform in Nordrhein-Westfalen.
Die größten Konflikte zeigen sich jedoch in der Reformdebatte immer wieder an dem Punkt, wie viele der vorhandenen Krankenhäuser nötig sind, wie viele schließen müssten oder in andere Einrichtungen umzuwandeln wären. Hier hält auch der GKV-Spitzenverband eine Konzentration für nötig. »Mit etwa 1250 Kliniken, die schon existieren, wäre eine gute Versorgung in Deutschland gesichert«, sagte Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis dazu. Das wären mehr als 400 weniger als aktuell. Aus Patientensicht nutze es nichts, nur schnell in einer schlechten Klinik zu sein. Gebraucht werde eine »bundesweit einheitliche Planungssprache« zur Qualität und zum Bedarf. Im GKV-Modell werden konkret die Zahlen bestimmter Krankenhaustypen genannt, die versorgungsnotwendig seien: Dazu gehören 422 Kliniken mit einer »erweiterten oder umfassenden Notfallversorgung«, 358 mit einer Notfallstufe und einer Erreichbarkeit innerhalb von 30 Minuten Fahrzeit. Hinzukommen könnten 272 größere Fachkrankenhäuser und 64 spezialisierte Standorte wie Kinderkliniken oder Traumazentren. Weitere 131 Krankenhäuser würden benötigt, um die regionale Versorgung zu sichern.
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