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Gesicht australischer Kriegsverbrechen
Vorzeigesoldat Ben Roberts-Smith scheitert mit Verleumdungsklage
Der Prozess um die Ehre von Ben Roberts-Smith dauerte 110 Tage und kostete schätzungsweise 25 Millionen Australische Dollar – umgerechnet rund 15 Millionen Euro. Er löste einen gewaltigen Medienrummel in Australien aus und machte Roberts-Smith zum Gesicht mutmaßlicher australischer Kriegsverbrechen in Afghanistan.
Dabei stand der 44-jährige Veteran selbst nicht vor Gericht. Vielmehr hatte er den Prozess angestrebt, nachdem ihm eine Reihe von Tageszeitungen Kriegsverbrechen vorgeworfen hatten. Der Ex-Soldat wies die Behauptungen als falsch zurück, während die Zeitungen ihre Berichterstattung als wahr verteidigten. Die Vorwürfe, die der »Sydney Morning Herald«, »The Age« und die »Canberra Times« 2018 erhoben hatten, waren ernster Natur: Ben Roberts-Smith soll Gefangene getötet, eine Prothese als Bierglas verwendet und barbarisch anmutende Initiationsrituale abgehalten haben.
Seine Uniform hängt im Museum
Die Zeitungen zeichneten das Bild eines Kriminellen, dabei galt Roberts-Smith jahrelang als Vorzeigesoldat: Für seinen Einsatz in Afghanistan hatte der Australier das Victoria-Kreuz erhalten, die höchste Auszeichnung für Tapferkeit im Krieg. Sein Foto mit Queen Elizabeth ist legendär, im Kriegsdenkmal in Canberra ist seine einstige Uniform ausgestellt. 2013 war er zum »Vater des Jahres« gekürt worden. Nach seiner Zeit im Militär war er in hochkarätigen Führungspositionen, zuletzt beim Medienkonzern Seven West Media, dessen Vorsitzender den Prozess für ihn finanziert haben soll.
Der Prozess gegen die Tageszeitungen wurde aber nicht nur wegen der prominenten Stellung von Roberts-Smith im ganzen Land verfolgt, sondern auch, weil Diffamierung in Australien eine sensible Thematik ist. Australiens Verleumdungsgesetze würden zu den strengeren in demokratischen Gesellschaften gehören, wie Andrea Carson, Professorin für politische Kommunikation an der La Trobe University, bereits vor der Urteilsverkündung am Donnerstag gegenüber der australischen Ausgabe des »Guardian« anmerkte. Investigativer Journalismus sei »ein zeit- und ressourcenintensives Unterfangen«. Carson warnte vor Folgeeffekten für diese Art von Journalismus, sollte das Gericht sich auf die Seite von Roberts-Smith schlagen. Letzteres passierte jedoch nicht: Richter Anthony Besanko kam am Donnerstag zu dem Schluss, dass die Recherchen der Journalisten im Wesentlichen korrekt waren. Die Klage von Roberts-Smith wies er damit ab.
Unter den schwerwiegendsten Anschuldigungen gegen den Australier war der Mord an sechs afghanischen Männern, die laut der Zeitungen bereits gefangen genommen worden waren beziehungsweise keine Gefahr mehr darstellten. Der dramatischste Fall war dabei der eines Mannes im afghanischen Dorf Darwan im September 2012. Roberts-Smith soll den mit Handschellen gefesselten Bauern über eine zehn Meter hohe Klippe in ein trockenes Flussbett getreten haben. Im Anschluss sollen seine Untergebenen den verletzten Mann, der sich bei dem Sturz mehrere Zähne ausgeschlagen hatte, zu einem Baum gezerrt und auf seine Anweisung hin erschossen haben.
Sieg für investigativen Journalismus
Die betroffenen Journalisten sahen die Abweisung der Klage am Donnerstag damit auch als Sieg für Qualitätsjournalismus. James Chessell, Geschäftsführer des Medienkonzerns Nine, zu dem die Zeitungen gehören, schrieb im »Sydney Morning Herald«, dass das Urteil eine »Bestätigung für die vielen Menschen in unseren Nachrichtenredaktionen und unserer Organisation« sei, die diesen »wirklich wichtigen Journalismus von öffentlichem Interesse unterstützt haben«.
Australien arbeitet mögliche Kriegsverbrechen seiner Elitesoldaten in Australien seit Längerem auf: Im März wurde erstmals ein ehemaliger Soldat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen vor einem Zivilgericht angeklagt. Ein offizieller Bericht aus dem Jahr 2020 war zuvor zu dem Schluss gekommen, dass australische Elitesoldaten zwischen 2005 und 2016 vermutlich 39 Zivilisten und Gefangene in Afghanistan ermordet haben. Weitere Anklagen könnten demnach folgen. Auch Roberts-Smith könnte wegen der Vorwürfe noch strafrechtlich verfolgt werden.
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