Machtkampf um Berliner CSD: Vorstand klagt nach Vorwürfen

Der Vereinsvorstand des Christopher Street Days (CSD) wehrt sich gegen Anschuldigungen der Veruntreuung und zieht vor Gericht

Eigentlich ist der Christopher Street Day in Berlin eine Erfolgsgeschichte: Hunderttausende Menschen aus der ganzen Welt lockt der Demonstrationszug mittlerweile regelmäßig an. In seinem Gründungsjahr 1979 waren es gerade einmal 400 Personen, die sich für queere Rechte auf den Straßen der Hauptstadt stark machten. Dreistellige Millionensummen soll der CSD alljährlich in Bewegung setzen, Unternehmen zahlen bis zu 10 000 Euro für einen Startplatz.

Doch in diesem Jahr sorgen Vorwürfe gegen den zuständigen Verein, den Berliner CSD, für Aufregung. Berichten zufolge soll es bei der Organisation zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Wegen einer von einigen Mitgliedern geforderten, vom Vorstand aber abgelehnten Mitgliederversammlung des Vereins sei beim Amtsgericht Schöneberg Klage eingereicht worden. Nun bezieht der Vorstand des Berliner CSD Stellung und kündigt seinerseits Strafanzeigen an.

»Die Anschuldigungen basieren auf Hörensagen und Halbwissen«, heißt es in einer Erklärung des Vereinsvorstands am Montag. »Nicht ohne Grund« liege weder eine Strafanzeige noch ein Ermittlungsverfahren gegen den Vorstand vor. Zunächst hatten die Online-Plattform »Queer.de« und die »Berliner Zeitung« über die Vorwürfe berichtet. Als Grundlage dient ein Risikoevaluationspapier, das mit dem kurzzeitigen Vorstandsmitglied Aron Sircar in Verbindung gebracht wird. Nach nicht einmal drei Monaten im Amt hatte dieser am 30. Januar seinen Rücktritt eingereicht und verwies auf strukturelle Probleme im Verein.

Es sind vor allem zwei zentrale Anschuldigungen, die die Berichterstattung in den Raum stellt: In den vergangenen Jahren soll es vonseiten des Vereins angeblich zu Überweisungen ohne rechtlich verbindliche Angaben gekommen sein. Außerdem wird einem Vorstandsmitglied des Berliner CSD vorgeworfen, Einnahmen von Getränkewagen selbst eingesammelt und zum Teil für sich behalten zu haben.

Wie der durch den Berliner CSD beauftragte Anwalt Markus Hennig auf Anfrage von »nd« mitteilt, klagt der Verein jetzt auf Unterlassung und will Strafanzeigen wegen Verleumdung stellen. »Anschuldigungen der Geldwäsche sind absurd«, befindet der Jurist, der unter anderem schon das Fürstengeschlecht der Hohenzollern verteidigt hat. Bei der »sogenannten Überweisung« handele es sich um nichts anderes als die Bezahlung eines Dienstleisters.

Und weiter: »Auch entspricht es nicht der Wahrheit, dass durch ein Vorstandsmitglied Bargeldeinnahmen ›einbehalten‹ worden sind.« Bargeldeinnahmen, etwa aus gastronomischen Leistungen, wurden auch in jenem Fall überwacht, unter Zeug*innen abgezählt und »in Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften dem Vereinskonto gutgeschrieben«. Es sei das besagte Vorstandsmitglied gewesen, das selbst auf die korrekte Durchführung gedrungen und an sie erinnert habe.

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Der »Berliner Zeitung« und »Queer.de« wirft Hennig »unzulässige Verdachtsberichterstattung« vor. »Es ist empörend, wie einseitig die bisherigen Darstellungen sind, wie unkritisch hier ›Quellen‹ gefolgt wurde.« Im Falle der »Berliner Zeitung« handele es sich gar um einen Redakteur, der wegen eigener Verbindungen nicht in der Lage sei, unabhängig zu berichten. Der Journalist ist Mitglied im Berliner CSD.

Die Fragen der »Gruppe um Aron Sircar«, so teilt es wiederum der Verein selbst mit, habe der Vorstand bereits versucht zu beantworten. »Ein Gespräch, welches wir aufgrund des Konfliktpotenzials mit Mediator angeboten haben, wurde jedoch abgelehnt.« Sämtliche Vorwürfe habe man zudem schon vor Monaten einer juristisch umfassenden Prüfung unterzogen, ohne dass sich rechtliche Verstöße ergeben hätten. »Nicht ohne Grund« sei es weder zu einer Strafanzeige noch zu einem Ermittlungsverfahren gekommen, so der Verein. »Stattdessen versucht man nun einen Machtkampf über die Presse.«

Der queerpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus hält sich derweil in der Beurteilung der Vorwürfe zurück. »Ich spekuliere nicht darüber, was wäre wenn«, sagt Klaus Lederer zu »nd«. An und für sich stellten die Anschuldigungen rund um den CSD jedoch eine Belastung für die alljährliche Demo dar. »Der Vorstand muss jetzt Transparenz herstellen und die Vorwürfe ausräumen«, ansonsten würden diese »einen ziemlichen Schatten« auf die Veranstaltung am 22. Juli werfen.

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