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BVG-Baustelle auf der Friedrichstraße in der Dauerschleife
Ende der Straßenbahn-Bauarbeiten zum x-ten Mal verschoben – nun auf September
Im August 2022 haben die Straßenbahnlinien M1 und 12 zuletzt den Bahnhof Friedrichstraße erreicht. Wer versucht, an der Haltestelle herauszufinden, wann dort wieder Züge fahren, findet auf verschiedenen Kundeninformationen alle möglichen Wiederinbetriebnahmedaten, die bis auf eines in der Vergangenheit liegen.
Nur ein Aufkleber zeigt an einer Stelle das zuletzt von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) kommunizierte Datum: Ab Samstag, dem 17. Juni, sollten die Züge eigentlich wieder fahren. Doch daraus wird nichts. »Nach jetzigem Stand wird die Baumaßnahme Anfang September fertiggestellt. Selbstverständlich werden wir unsere Fahrgäste über den neuen Termin informieren, sobald dieser feststeht«, erklärt BVG-Sprecher Jannes Schwentu auf Anfrage von »nd«.
Damit wird die Strecke wegen der Gleiserneuerung am Ende über ein Jahr außer Betrieb gewesen sein. Die Arbeiten im vorletzten Bauabschnitt kämen »wie vorgesehen voran«, erläutert Schwentu. »Allerdings wird sich die Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes leider verzögern. Aktuell müssen die Bauabläufe neu organisiert und strukturiert werden. Die entsprechenden Abstimmungen laufen«, so der BVG-Sprecher.
Reichlich schwammig wird hier der Grund für die Verzögerung umschrieben, der »nd« von mehreren Quellen genannt worden ist: Die verkehrsrechtliche Anordnung der Senatsmobilitätsverwaltung für die Einrichtung des letzten Bauabschnitts liegt weiterhin nicht vor. Es geht um nicht einmal 100 Meter Gleise, die im Bereich der Einmündung der Reinhardtstraße, direkt vor dem Friedrichstadtpalast, noch erneuert werden müssen. Und weil die alten und die neuen Gleise nicht exakt die gleiche Lage haben, lassen sie sich auch nicht provisorisch verbinden.
Schon der Beginn der Gleisbaustelle Friedrichstraße stand unter dem düsteren Vorzeichen der fehlenden verkehrsrechtlichen Anordnung der zuständigen Abteilung VI der Senatsmobilitätsverwaltung.
Der öffentliche Auftakt war Anfang Oktober 2022. Die BVG meldete einen Gleisbruch an der Einmündung der Oranienburger in die Friedrichstraße. Der Tramverkehr im Bereich wurde eingestellt und sofort damit begonnen, die alten Gleise herauszureißen. Der Neubau der Gleistrasse hätte sowieso nur drei Tage später beginnen sollen. Doch dafür fehlte noch die verkehrsrechtliche Anordnung der Senatsverwaltung.
Zehn Tage später waren Arbeiter wieder damit beschäftigt, die bereits ausgehobene Gleisbaugrube mit vielen Tonnen Kies wieder zuzuschütten (»nd« berichtete). Das geschah auf Anordnung der Abteilung VI. Eine Überprüfung durch die Mobilitätsverwaltung habe »Verbesserungsbedarf« bei der »Flächenbeanspruchung« und hinsichtlich der Führung des Fuß- und Radverkehrs ergeben, erklärte sie damals. Wenige Tage später lag die Genehmigung schließlich vor, die Arbeiten konnten fortgesetzt werden. Sie waren aufgrund der Havarie begonnen worden, ohne dass die verkehrsrechtliche Anordnung vorgelegen hätte.
Der Fall schlug damals hohe Wellen. Dazu gab es noch eine Anzeige einer Privatperson und daraus folgend polizeiliche Ermittlungen gegen Bauverantwortliche wegen »Zerstörung von Bauwerken gemäß Paragraf 305 des Strafgesetzbuches«. Eingestellt wurden die Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft im Januar 2023, da »keinerlei Anhaltspunkte« für strafbares Verhalten vorlagen.
Damals wie heute tut sich die Senatsmobilitätsverwaltung schwer, auf eine Anfrage von »nd« zum Thema halbwegs zeitnah zu antworten. Dreieinhalb Tage später erklärte ein Sprecher schließlich: Die Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes habe sich verzögert, »weil aktuell noch eine Lösung für die sichere Verkehrsführung an der Arbeitsstelle gefunden werden muss. Die Abstimmungen mit der BVG dazu laufen, die verkehrsrechtliche Anordnung steht bevor.«
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