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  • Dr. Schmidt erklärt die Welt

Wie langsam ist das Fernsehbild?

Warum konnte man früher das Schlagzeug bei TV-Konzerten besser hören als sehen?

  • Christof Meueler / Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie langsam ist das Fernsehbild?

Steffen, sprechen wir einmal über TV-Effekte. Du hast mir von deiner Fernsehjugend in den frühen 70er Jahren berichtet. Bei Rock- und Jazzkonzerten gab es ein merkwürdiges technisches Problem: Die Schlagzeuger trommelten offenbar schneller, als man ihre Trommelschläge sehen konnte. Hast du für dieses Phänomen inzwischen eine Erklärung?

Das hängt wohl damit zusammen, dass die Bildaufnahmefrequenz der damaligen Kameras und die Frequenz, mit der die Leute da teilweise trommelten, nicht zusammengepasst haben. Wenn manche Schlagzeuger mit 240 Beats per Minute trommeln, aber Filmbilder mit 24, Fernsehbilder mit 25 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden, dann erklärt diese Diskrepanz vermutlich meine Beobachtung. Man kennt ja auch den filmischen Effekt bei sich drehenden Speichenrädern oder Propellern – den Eindruck, dass sie sich rückwärts drehen.

Wo ist dir das bei der Musik zuerst aufgefallen?

Mitte der 70er lief mal ein Konzert von Doldingers Passport zu einem Bandjubiläum. Der hatte zu der Zeit zwei ausgesprochen fixe Schlagzeuger: Pete York und Curt Cress. Die trommelten da unglaublich raffiniertes Zeug. Noch unglaublicher war nur, dass ich überhaupt nicht sah, was ich da hörte. Selbst wenn die Kamera mal auf das Schlagzeug hielt.

Theoretisch müsste das für die anderen Instrumente auch gelten.

Ja, aber kein Mensch spielt so schnell Gitarre. Noch nicht mal John McLaughlin oder Alvin Lee. Da ist ein anderer Bewegungsablauf. Und dann sind die Töne natürlich länger. Der Ton einer Trommel ist sehr kurz.

Kannst du dich denn bei diesen alten Sendungen noch an Effekte erinnern, die wie eine Art optisches Echo wirkten?

Ich kann mich erinnern, dass bei einem Johnny-Winter-Auftritt im »Beat-Club« Schatten entstanden, die seinen Bewegungen hinterherzulaufen schienen. Und an Effekte wie Pseudo-Solarisation: Wenn du etwas heller machst, als es eigentlich sein soll, und das dann mit dem Originalbild überblendest – so ein Effekt wie bei einer Sonnenfinsternis am Rand.

Haben die das mit Farbfiltern hinbekommen?

Filter vielleicht auch. Aber hauptsächlich haben die wohl Bilder überlagert mit Bildern, die vom Studiomonitor abgefilmt wurden. Zu der Zeit spielten die Bands in der Sendung zwar kaum noch Playback, aber ich bin nicht sicher, ob die damals immer live gesendet haben oder noch Zeit für Nachbearbeitungen war.

Der »Beat-Club« war dein Schlüssel zur Popmusik, oder?

Zur Rockmusik. Die Sendung hat mich erfolgreich vom Mainstream-Pop abgebracht.

Durch welche Bands beispielsweise?

Da spielten Frank Zappa and the Mothers of Invention. Oder MC5, die man als eine der Urmütter des Punk betrachten kann. Und Chicago war damals noch nicht diese weichgespülte Popband, die sie dann Mitte der 70er wurden.

Um noch mal auf diesen Verzögerungseffekt zurückzukommen: Den hat man zu Hause beim WLAN ja auch, wenn man den Raum wechselt.

Das ist wieder was anderes. In Netzwerken hast du gewisse Latenzen, wie man so schön im Techniker-Deutsch sagt. Da sieht man bei einem Fußballspiel das Tor über Satellit, noch bevor es über DVB-T2, Breitbandkabel oder im Internet-Livestream kommt.

Was sich im Fernsehen enorm verbessert hat, ist die Bildauflösung. Du kannst jetzt die Gesichtsfurchen des Schlagzeugers bestens erkennen.

Ja, und der Zustand von Jagger und Richards ist heutzutage viel besser zu beurteilen. Die hatten damals allerdings auch noch nicht ihre ganzen Falten.

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