Polizisten sollen Verstöße melden

Neues Internetportal ermutigt Beamte zu Whistleblowing

Hinweisgeber aus den eigenen Reihen sollen dieses Selbstbild der Polizei und ihres Hundes zukünftig richtigstellen (Plakat am Alexanderplatz in Berlin im Januar in Berlin).
Hinweisgeber aus den eigenen Reihen sollen dieses Selbstbild der Polizei und ihres Hundes zukünftig richtigstellen (Plakat am Alexanderplatz in Berlin im Januar in Berlin).

Die Nachrichten über Verfehlungen bei Polizeibehörden sind zahlreich, zudem herrscht dort ein schwer zu durchdringender Korpsgeist. Oft kommen Vorkommnisse deshalb nur zufällig ans Licht. Mit einem neuen Informationsportal mit dem Titel »Mach Meldung! Starke Stimmen für die Polizei« soll sich das ändern. Das Projekt hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) am Mittwoch gestartet. Ab Herbst können Polizeibeamte darüber alle Informationen über die Rechtslage und Möglichkeiten für Hinweisgeber abrufen. Die Bürgerrechtler der GFF wollen jedoch keine eigene Meldestelle einrichten, denn dies muss die Polizei selbst übernehmen.

Hintergrund des neuen Portals ist das am 2. Juli in Kraft getretene »Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen«, mit dem Vorgaben einer EU-Richtlinie umgesetzt werden. Es soll Menschen schützen, die Informationen über Rechtsverstöße aus ihrem beruflichen Zusammenhang melden. Anschließend dürfen diese nicht drangsaliert oder benachteiligt werden, etwa durch Mobbing oder eine Kündigung.

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Behörden werden in dem Hinweisgeberschutzgesetz – genauso wie Unternehmen – verpflichtet, interne Meldestellen für etwaige von Mitarbeitern entdeckte Verstöße einzurichten. Das gilt auch für Polizisten. Jedoch weist das Gesetz weiterhin Lücken auf, insbesondere bei Sicherheitsbehörden. So sind etwa Geheimdienste davon grundsätzlich ausgenommen. Polizeibeamte, die in ihrer Arbeit mit Verschlusssachen zu tun haben, dürfen aus daraus erlangten Erkenntnissen ebenfalls nichts melden. Auch seien anonyme Meldungen nicht möglich. Ab dem 17. Dezember können Bußgelder verhängt werden, wenn Unternehmen keine internen Meldekanäle eingerichtet haben. Diese Bußgelder seien jedoch auf 50 000 Euro halbiert worden, damit verlören sie ihre Abschreckungswirkung, so die GFF.

Bei Bedarf will die als gemeinnütziger Verein eingetragene GFF Beamte, die nach einem Hinweis in Schwierigkeiten geraten, auch individuell unterstützen. Neben einer Beratung kann dies in strategische Klagen vor Gerichten münden. Im Bereich Whistleblowing hat die GFF schon einen Erfolg errungen: Mit dem Friedensaktivisten Hermann Theisen konnten ihre Juristen einen Freispruch erreichen, nachdem der Mann wegen Flugblättern zum Whistleblowing, die er an Mitarbeiter von Rüstungskonzernen verteilt hatte, wegen des »Aufrufs zu Straftaten« angeklagt worden war.

Mit Schulungs- und Fortbildungsangeboten will die GFF nun für die schnelle Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes bei Polizeibehörden sorgen und die aus »Mach Meldung!« erlangten Erfahrungen »an Entscheidungsträger des Bundes und der Länder herantragen«. In anderen Gesetzgebungsverfahren werden ihre Mitarbeiter häufig als Sachverständige geladen, auch in die nach zwei Jahren durch den Bundestag anstehende Evaluation des Hinweisgeberschutzgesetzes wollen sich die Juristen einbringen. Auch eine Studie zu Whistleblowing in der Polizei ist geplant.

Schließlich will die GFF auch einen »Begleitkreis zum Whistleblowing« bei der Polizei aufbauen und dazu mit Polizeihochschulen und Polizeiverbänden in einen Austausch treten. Man sei auch gegenüber Polizeigewerkschaften gesprächsoffen, wenn diese Interesse an mehr Rechtsstaatlichkeit und Transparenz in der Polizei hätten, sagt Paul Rabe, ehemaliger Bundespolizist und Fellow im Projekt »Mach Meldung!«, auf Anfrage von »nd«. Daran dürfte sich der Verein aber vermutlich die Zähne ausbeißen, denn Polizeigewerkschaften sind gewöhnlich eines nicht: selbstkritisch.

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