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Hitzeschutz: Coolspots statt Wärmeinseln
Deutschland muss beim Hitzeschutz aktiver werden, heißt es pünktlich zu Ferienbeginn
In der Mehrzahl der Bundesländer beginnen die Schulferien in der ersten Julihälfte. Nun könnte man meinen, hitzetechnisch ist das ja noch glimpflich, abgesehen vom Sonnabend, an dem in Berlin 34 Grad und im Südwesten bis zu 37 Grad erreicht werden sollen. An wichtigen europäischen Ferienzielen sieht es aber ganz anders aus. Sowohl in Spanien als auch in Griechenland kündigt die Vorhersage für die nächsten sieben Tage Temperaturen an, die immer häufiger nahe der 40-Grad-Marke liegen.
Dauern solche Temperaturen tagelang an, ist den Auswirkungen der Hitze nur noch mit Mühe individuell zu begegnen, das zudem sehr unterschiedlich nach Wohnort und -situation. Schattige, begrünte Hinterhöfe und Zimmer mit Nordseite stehen nicht jedem zur Verfügung, schon gar nicht Pool, Freibad oder ein See. An vielen Arbeitsplätzen kommt zudem Abwärme aus Maschinen und Anlagen hinzu, oder die Sonneneinstrahlung lässt sich, wie auf dem Bau, nicht vermeiden. Ebenso kann die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Tortur werden.
Unter den Folgen der Hitze leiden junge und gesunde Menschen am wenigsten, aber die Altersgruppen, die Schutz brauchen, sind relativ groß. Kinder, Ältere und chronisch Kranke benötigen besondere Aufmerksamkeit. Nun wird bislang die Zahl der Hitzetoten nur anhand einer Übersterblichkeit geschätzt, die parallel zu Hitzeperioden auftritt, also erst im Nachhinein. Zu der Gruppe gehören neben den schon Genannten auch Obdachlose und Menschen, die im Freien arbeiten.
Neuere Ergebnisse zur Zahl der Hitzetoten in Europa 2022 legten in dieser Woche das französische Gesundheitsforschungsinstitut Inserm und das spanische Institut ISGlobal vor. Die Institute erfassten Daten aus mehr als 800 Regionen in 35 Ländern. Für den Zeitraum vom 30. Mai bis zum 4. September 2022 gab es demnach in Europa 61 672 Hitzetote. Vor allem Frauen über 80 Jahren zählten zu den Opfern. Nach Ländern steht bei den absoluten Zahlen Italien mit etwa 18 000 Toten an der Spitze, gefolgt von Spanien mit mehr als 11 000 Toten. Deutschland als bevölkerungsreichstes Land Europas belegt mit über 8000 Hitzetoten Rang drei.
Zwar kann in den Mittelmeerländern von einer besseren Anpassung an hohe Temperaturen ausgegangen werden, aber offensichtlich kommt auch hier der zunehmende Anteil älterer und kranker Menschen zum Tragen. Spätestens seit der Hitzewelle von 2003 gilt auch für Deutschland die Notwendigkeit, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Diese können sehr vielfältig sein, aber einen Gesamtplan gibt es hierzulande bisher nicht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte fehlende Aktivität in dieser Sache erst Ende Juni eingeräumt. Vorbild beim Hitzeschutz könnte Frankreich sein.
Zunächst geht es um die rechtzeitige Vorhersage, etwa über bereits vorhandene Smartphone-Anwendungen oder über Rundfunk und Fernsehen. Hierbei ist wichtig, dass auch die besonders verwundbaren Gruppen erreicht werden. Das heißt, dass Altenheime, Pflegedienste und Krankenhäuser gewarnt werden, dass das Personal hier auf ausreichendes Trinken, Verschattung und Symptome von Hitzschlag oder Sonnenstich achtet. Für Kommunen könnte es wichtig sein, städteplanerisch etwa Wärmeinseln zu vermeiden, die durch versiegelte Böden entstehen. Andererseits sollten sogenannte Coolspots, also kühle Punkte, erhalten, neu gebaut oder geöffnet werden. Dazu zählen Grünflächen, Gewässer, aber auch kühle Gebäude wie Bibliotheken oder Kirchen sowie gekühlte Einkaufszentren. Digitale und analoge Wegweiser könnten helfen, sie zugänglich zu machen.
Handlungsempfehlungen für regionale Hitzeaktionspläne gibt es in Deutschland immerhin seit 2017, aber es ist sehr unterschiedlich, wie die Kommunen hier bisher vorangekommen sind. Manche Pläne umfassen nur Maßnahmen in Bezug auf Menschen über 65 Jahren, andere enthalten Langfristiges wie Entsiegelung oder Dachbegrünung. Auf jeden Fall sind auch die nationalen Hitzeaktionspläne von Staaten wie Frankreich, Italien oder Spanien deutlich weiter. Unter anderem werden dort hitzebedingte Sterblichkeit und Krankheitslast national und zeitnah erfasst. So entsteht auch eine bessere Datengrundlage für die nötigen Anpassungsmaßnahmen.
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