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Diabetes in der Klinik oft unterschätzt

Patienten müssen länger im Krankenhaus bleiben und haben mehr Komplikationen

Die anstehende Krankenhausreform soll weg von reiner Ökonomie und Fallpauschalen zu mehr Patientenwohl führen. Das wird von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) durchaus begrüßt. Denn im bisherigen System fänden an Diabetes mellitus erkrankte Menschen zu wenig Berücksichtigung, sagt Baptist Gallwitz vom Universitätsklinikum Tübingen. Der Internist, Diabetologe und DDG-Vorstand erwartet von der Reform, dass die Erkennung und Versorgung der Diabetes-Varianten in den Kliniken strukturiert erfolgt, und zwar deutlich besser als bisher. Zudem sollten verwundbare Gruppen besonders geschützt werden, darunter Kinder und Jugendliche, Patienten mit Typ-1-Diabetes sowie Ältere. Der ganze Bereich müsse gut ausfinanziert sein.

Im Detail wünscht sich Gallwitz, dass eine entgleiste Stoffwechsellage, wie sie bei Diabetikern auftreten kann, schon in den künftigen Krankenhäusern der Basisversorgung erkannt und gut behandelt wird. Für die Betroffenen sei wichtig, dass die stationäre und ambulante Behandlung viel besser verzahnt wird als bisher.

In der Vergangenheit haben unter anderen die Fallpauschalen dazu geführt, dass zahlreiche Abteilungen für Diabetologie und Endokrinologie in Krankenhäusern und Universitätskliniken geschlossen oder verkleinert wurden. In der Endokrinologie werden Erkrankungen von Drüsen im Körperinneren behandelt, darunter die Schilddrüse, die Nebennieren und die Bauchspeicheldrüse.

Insbesondere die Fallzahlen bei Diabetes werden aber weiter steigen. In den nächsten zehn Jahren könnte es nach einer Schätzung zwölf Millionen Patienten geben. Zurzeit sind schon fast neun Millionen Menschen betroffen. Die vorhandenen Versorgungsstrukturen werden absehbar überlastet.

In Krankenhäusern tauchen immer mehr Patienten auf, deren Diabetes nur eine Nebendiagnose ist, bei manchen wird er erst im Zusammenhang mit anderen Beschwerden entdeckt. Schon jetzt hat laut DDG jeder fünfte stationäre Patient einen Diabetes. Damit kommen im Jahr etwa drei Millionen Krankenhausbehandlungen mit und wegen dieser Erkrankung zusammen. Betroffene müssen oft häufiger und länger stationär behandelt werden und haben mehr Komplikationen als stoffwechselgesunde Menschen, wie die Auswertung von Versorgungsdaten der Jahre 2015 bis 2019 ergab.

Schon im Alter von 40 bis 50 Jahren sind Diabetiker dreimal häufiger von Schlaganfall und Herzinfarkt betroffen, auch ihr Sterberisiko ist gegenüber Nicht-Diabetikern erhöht. Diabetologen unter anderem von der DDG sehen als Problem fehlende Kenntnisse zu dem Leiden in den Kliniken. Nur 17 Prozent der Häuser haben eine ausreichend qualifizierte Expertise dazu, wie sie die DDG zertifiziert – und der Wert ist im Sinken begriffen.

Einheitliche Standards, Neuaufnahmen auf Diabetes zu untersuchen und zu behandeln, werden zudem nicht flächendeckend eingehalten. Laut einer Umfrage hat fast jeder dritte Mensch mit Diabetes Typ 1 schlechte Erfahrung in einer nicht zertifizierten Klinik gemacht. Insbesondere Menschen mit einer Insulinpumpe blieben in über 80 Prozent der Fälle ohne Ansprechpartner für ihre Technologie.

Um diese Probleme zu beseitigen, führen Vertreter der DDG unter anderem Gespräche mit Mitgliedern der Expertenkommission der Bundesregierung zur Krankenhausreform. Stephan Petersen von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie mahnt an, dass auch Notaufnahmen bei sogenannten hyperglykämischen Krisen handlungsfähig sein müssten. Dabei ist der Blutzuckerwert sehr stark erhöht, es handelt sich um einen akuten Notfall. Im schlimmsten Fall kann es zu einem lebensbedrohlichen diabetischen Koma kommen.

Petersen fordert zudem, dass Medizinstudierende und Menschen in der Facharztausbildung lernen, die Volkskrankheit Diabetes als Begleitkrankheit von anderen Leiden zu behandeln. Insgesamt erhoffen sich Diabetologen und Endokrinologen von der Reform für ihre Patienten eine Stärkung der sprechenden Medizin, jenseits von Laborparametern und rein technischen oder operativen Verfahren.

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