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Niger: Reich an Uran, arm an Entwicklung
Frankreich fürchtet mit Niger einen weiteren »Partner« zu verlieren
Frankreich und Russland sind beim Thema Niger einer Meinung: Das französische Außenministerium forderte nach dem Putsch in dem afrikanischen Land die »sofortige Wiederherstellung« der demokratischen Institutionen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte der Nachrichtenagentur Tass, dass die verfassungsmäßige Ordnung in Niger wiederhergestellt werden müsse, wie Reuters berichtete. Die Vereinten Nationen beschlossen unterdessen am Donnerstag, die humanitären Maßnahmen im Land »auszusetzen« und forderten erneut die Freilassung von Präsident Mohamed Bazoum.
Dem festgesetzten Präsidenten geht es gut, sagt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der mehrfach telefonischen Kontakt mit Bazoum gehabt hat, zuletzt am Freitagmorgen. Das versicherte Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna bei einem Besuch in Papua-Neuguinea, im Gegensatz zu Niger keine ehemalige französische Kolonie.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
In der nigrischen Hauptstadt war es nach dem Mittwoch von Soldaten der Präsidentengarde verkündeten Staatsstreich überwiegend ruhig. Einige Kundgebungen stellten sich hinter Bazoum. Eine Kundgebung, die versuchte, sich dem Präsidentenpalast zu nähern, wurde mit Warnschüssen von Soldaten der Präsidentengarde beantwortet. Die die Regierung unterstützenden Parteien forderten das Militär auf, die Waffen niederzulegen, und hielten an ihrem Aufruf zur Mobilisierung der Bürger zur »Verteidigung der Demokratie« fest.
Russische Fahnen
Im Fokus der Medien standen dagegen die Demonstrationen von Unterstützern der Putschisten, vor allem weil dort zahlreiche russische Flaggen zu sehen waren. Auf den Straßen der Hauptstadt Niamey demonstrierten Hunderte Menschen, riefen anti-westliche Parolen und forderten eine russische Intervention. Auf der Linie des nigrischen Generalstabs liegen sie mit dieser Forderung nicht. »Jede militärische Intervention von außen, von welcher Seite auch immer, könnte katastrophale und unkontrollierbare Folgen für unsere Bevölkerung haben«, warnt General Sidikou Issa, der im April zum Generalstabschef ernannt wurde.
Er erinnert die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte auch daran, dass Niger immer noch von dschihadistischen Gruppen bedroht ist. Daher müssen sich alle Einheiten »auf ihre Aufgaben konzentrieren und ihre Kampfbereitschaft im Kampf gegen den Terrorismus und das organisierte Verbrechen beibehalten«. Issa gehörte nicht zu den Putschisten, stellte sich ihnen aber auch nicht entgegen. Er »schließe sich der Erklärung der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte an«, um »die körperliche Unversehrtheit des Präsidenten und seiner Familie zu schützen und eine tödliche Konfrontation zwischen den verschiedenen Kräften der Armee zu vermeiden, die zu einem Blutbad führen könnte«.
Spekulation um Wagner-Söldner
Wo russische Flaggen in Afrika zu sehen sind, ist die Spekulation um Wagner-Söldner nicht weit. Schließlich sichern die Söldner in einigen afrikanischen Ländern lukrative Bergbauaktivitäten von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ab oder übernehmen Sicherheitsdienstleistungen anstelle französischer Soldaten. Das trifft unter anderem auf Nigers Nachbarstaaten Mali und Burkina Faso zu, die ebenfalls von Putschisten regiert werden, die dort seit 2021 die Macht an sich gerissen hatten.
Was es in Niger zu holen gibt, ist Uran. Den Zugriff hat bisher ausschließlich Frankreich. Der derzeit im Uranbergbau in Niger aktive Konzern Areva ist das vierte französische Unternehmen, das seit 1968 dort Uran abbaut. Die Folgen sind katastrophal, Wasser und Boden radioaktiv verseucht, wie Almoustapha Alhacen, Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation Aghir in'man de, »nd« schildert. Frankreich verfolge im Sahel klare Eigeninteressen, sagt auch der emeritierte Ethnologie Professor Georg Klute dem »nd«: Die Sicherung der Wirtschaftsinteressen des französischen Industriekonzerns Areva, der seit 40 Jahren in Niger Uran für den europäischen Atomstrom abbaut.
Während seiner zweijährigen Amtszeit hat Bazoum die Rolle Nigers als strategischer Verbündeter des Westens in der Sahelzone gestärkt. Die Putsche in Mali und Burkina Faso, die von antiwestlichen Stimmungen angetrieben wurden und stärker an Russland orientierte Militärjuntas an die Macht brachten, haben die strategische Rolle Nigers noch verstärkt. Und nun wurde auch in Niger geputscht. Eine Rückkehr von Bazoum an die Spitze ist unwahrscheinlich.
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