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Dresden: Großes Baumsterben im Großen Garten
In Dresden untersuchen Forscher und Gärtner, wie historische Parks besser mit dem Klimawandel klarkommen
Erst wird die Krone schütter. Dann brechen einzelne Äste ab. Irgendwann bleibt von einer einst stolzen, ausladenden Stieleiche allenfalls ein nackter Stamm, der zwar immerhin noch Käfer, Pilze und Flechten beherbergt, das Bild der Parklandschaft aber trübt. Der Baum ist gestorben – was im Großen Garten in Dresden immer öfter geschieht: »Im Durchschnitt der letzten Jahre haben wir einen alten Baum pro Tag verloren«, sagt Claudius Wecke, Leiter des Bereichs Gärten im Landesbetrieb Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen (SBG), der auch die 1,8 Quadratkilometer große historische Parkanlage mitten in Dresden betreut.
Auf den ersten Blick scheint der Verlust nicht ins Gewicht zu fallen: In dem Park, der vor allem in der Regierungszeit von August dem Starken im 18. Jahrhundert als Barockgarten angelegt und später im englischen Stil umgestaltet wurde, stehen 17 500 Bäume. Ins Auge fallen knorrige Eichen, daneben wachsen Eschen, Linden, Buchen. Doch insbesondere in den Dürrejahren seit 2018 beschleunigte sich der Schwund dramatisch. 2016 mussten 20 Bäume gefällt werden, 2019 waren es 100, im Jahr darauf schon 500.
Auslöser für das Baumsterben ist der Klimawandel. Er sorgt dafür, dass über längere Zeiträume Niederschläge ausbleiben und Wasser wegen höherer Temperaturen und fehlender Wolken schneller verdunstet. In der Folge sinkt der Grundwasserspiegel, Wassermangel schwächt die Bäume und macht sie anfälliger für Krankheiten und Schädlinge, deren Gedeihen milde Winter zusätzlich befördern. »Es wird höchste Zeit, dass wir eingreifen«, sagt Wecke.
Wie das am besten möglich ist, wird derzeit im Großen Garten und dem Schlosspark Pillnitz in Dresden in einem Forschungsprojekt untersucht, an dem Gärtner sowie Wissenschaftler der TU Dresden, der Brandenburgischen TU Cottbus-Senftenberg und des Dresdner Barkhausen-Instituts beteiligt sind. Es läuft noch bis Ende 2024, wird vom Bundesbauministerium mit drei Millionen Euro unterstützt und ist Teil eines Programms zur »Klimaanpassung und Modernisierung in urbanen Räumen«.
Für den Erhalt der historischen Parkanlagen gibt es viele Gründe. »Sie sind Erholungsraum für die Stadtbewohner, Speicher für Kohlendioxid und Hort der Artenvielfalt«, sagt Eva Gruhl vom Dresdner Projektteam. Nicht zuletzt seien sie aber Kulturdenkmale. Ihre Gestalter, in Dresden maßgeblich der ab 1873 amtierende Parkdirektor Friedrich Bouché, kümmerten sich nicht nur um Wegebeziehungen und Sichtachsen, sondern auch um die Zusammensetzung des Baumbestands. »Unser Plan A«, sagt deshalb Claudius Wecke, »ist es, mit den vorhandenen Baumarten und deren Anpassungsfähigkeit weiter zu arbeiten.« Erst wenn das nicht gelingt, sollten Bäume aus anderen Klimazonen angepflanzt werden.
Im Großen Garten wird deshalb im nächsten Jahr eine eigene Baumschule eröffnet, wie es sie einst schon gab. Zwischenzeitlich setzte man für die Erneuerung des Bestands auf Jungbäume aus Baumschulen. Jetzt sollen Bäume an Ort und Stelle etwa aus Eicheln gezogen werden. »Wir sehen so schon früh, welche von ihnen mit den Bedingungen hier am besten zurechtkommen«, sagt Wecke. Zudem habe sich gezeigt, dass solche Pflanzen kräftiger anwurzelten als solche, die im Topf vorgezogen wurden.
Daneben umfasst das Forschungsprojekt etwa Messungen von Grundwasserpegeln und Bodenfeuchte sowie Analysen von Pflanzengesundheit und Bodenqualität. Letztere soll mithilfe von Pflanzenkohle verbessert werden. Entwickelt wird auch ein Roboter, der bei der kraft- und zeitraubenden Bewässerung der in Kübeln wachsenden Zitrusbäumchen, Kamelien und Palmen in Pillnitz helfen könnte. Ansonsten wird in den Parks bisher höchstens in Ausnahmen auf künstliche Bewässerung gesetzt. Wie das vorhandene Wasser besser genutzt werden kann, könnte in künftigen Projekten erforscht werden, sagt Eva Gruhl.
Dem Erhalt der historischen Parklandschaft dient auch eine auf den ersten Blick paradoxe Maßnahme: In den nächsten Monaten werden gesunde Bäume gefällt und gerodet. Es handelt sich um Spitzahorn, der mit den veränderten Bedingungen besser zurechtkommt, sich rasant ausbreitet und Sprösslinge anderer Bäume unterdrückt. Er sorgt für einen trügerischen Eindruck: »Auf den ersten Blick ist alles grün«, sagt Wecke. Allerdings entspräche eine Ahorn-Monokultur nicht dem historischen Bild und wäre zudem sehr anfällig für Krankheiten. »Das entscheidende Mittel, um auf die Klimaveränderungen zu reagieren«, sagt er, »ist Artenvielfalt.«
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