Öffentliche Gebäudereinigung: Schule, Arbeit, Sauberkeit

Das Konzept der Tagesreinigung soll die Zustände an den Berliner Schulen verbessern

  • Christian Lelek
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist ein paradoxer Kreislauf: Aufgrund des Kostendrucks vergeben die Bezirke Aufträge wie die Schulreinigung an möglichst günstige Dienstleister. Diese versuchen wiederum, sich in Konkurrenz um die Aufträge preislich zu unterbieten und muten den Angestellten immer mehr Leistung in immer weniger Zeit zu. Da die Dienstleister in der Folge kaum mehr Personal finden, setzt sich selbst die Vertretung der Reinigungsbetriebe, die Gebäudedienstleister-Innung Berlin, für bessere Arbeitsbedingungen ein. Geschäftsführer Dennis Loeper erklärt »nd«: »Die Personalsituation ist gegenwärtig, wie generell im Handwerk sehr sehr schlecht.«

Für die gesamte Gebäudereinigung gilt bundesweit der Rahmentarifvertrag zwischen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks. Demnach gilt für alle Beschäftigten ein Branchenmindestlohn von 13 Euro pro Stunde.

Am Stundenlohn entfaltet sich auch nicht die Kritik. Vielmehr geht es um die tägliche Arbeitszeit. »Aktuell wird die sogenannte Unterhaltsreinigung in den Randzeiten erbracht«, sagt Elke Ahlhoff. »Also sehr früh und sehr spät, wenn die Nutzer*innen nicht mehr vor Ort sind.« Ahlhoff ist Leiterin von ArbeitGestalten, einer Beratungsgesellschaft, die im Auftrag der Senatsverwaltung für Arbeit untersucht hat, wie die Arbeitsbedingungen in der Reinigung von öffentlichen Einrichtungen verbessert werden können. Wenn die Arbeit nur in den zeitlichen Randbereichen erfolge, »kommen die Beschäftigten nur auf ein Stundenvolumen, welches geringfügige Beschäftigung und Teilzeitarbeit bedeutet«, sagt Ahlhoff. Die Verschiebung in den Tagesbetrieb ermögliche es, mehr Stunden am Stück zu arbeiten.

Es gibt keine offizielle Regelung, dass die Reinigung außerhalb der Öffnungszeiten erfolgen soll. Warum ist es dennoch das Leitmodell? Markus Baumgartner, Gewerkschaftssekretär der IG BAU in Berlin macht dafür neben den Bezirken den gesellschaftlichen Blick auf Reinigungstätigkeit verantwortlich, »wonach diese im Verborgenen stattzufinden habe und während des Betriebs nicht sichtbar sein sollte«. In diesem Sinne erhofft sich auch Innungsgeschäftsführer Loeper von der Tagesreinigung »eine größere Wertschätzung für dieses Handwerk, da wir es damit wieder zum Vorschein bringen würden«.

Trotz aller Bemühungen für gute Rahmenvereinbarungen, Gewerkschafter Baumgartner sieht »in letzter Verantwortung die Unternehmen, die für die Bedingungen ihrer Beschäftigten verantwortlich sind«.

Alle drei, Loeper, Ahlhoff und Baumgartner gehen davon aus, dass die Tagesreinigung eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen darstellt und sich dadurch auch die Qualität der ausgeführten Arbeiten verbessert. Die Senatsverwaltung für Bildung plant zur Verbesserung der Schulqualität ebenfalls mit der Tagesreinigung. Sie sei neben einem Qualitätsstandard und einem Controllingsystem Bestandteil der für Ende 2023 vorgesehenen Zielvereinbarung mit den Bezirken zum Thema »Saubere Schulen«, wie ein Sprecher der Senatsverwaltung zu »nd« sagt. Eine etwaige Rekommunalisierung der Reinigung würde sich nach Abschluss dieser Vereinbarung »gegebenenfalls anschließen«, um sie »unter dem Aspekt einer Verbesserung der Schulreinigung prüfen zu können«, so der Sprecher weiter.

Weder Innung noch Gewerkschaft glauben noch groß an eine Gebäudereinigung in öffentlicher Hand. Aber, so Gewerkschafter Baumgartner: »Ob rekommunalisiert oder über private Dienstleister: gute Beschäftigung und gute Reinigungsarbeit braucht mehr finanzielle Mittel.«

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -