- Politik
- Angriff auf Demokratie
Brasilien: Vorsätzliches Versagen
Anderson Torres half Jair Bolsonaro bei Angriffen auf Rechtsstaat und Demokratie in Brasilien
Als Umstürzler verdächtigt, saß der frühere Polizist und Justizminister auf Anordnung des Obersten Gerichts 117 Tage in Untersuchungshaft. Erst seit Ende Mai ist Anderson Gustavo Torres mit einer elektronischen Fußfessel bis auf Weiteres wieder draußen. Auch für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die Erstürmung des Regierungsviertels in Brasília durch einen rechten Mob am 8. Januar untersucht, ist Torres eine Schlüsselfigur der Ereignisse.
Nun wurde Torres, der damals für die öffentliche Sicherheit des Bundesdistrikts verantwortlich war, vom Ausschuss angehört und mit neuen schweren Vorwürfen konfrontiert. Demnach hatte der Geheimdienst Brasílias Behörden vor gezielten Angriffen auf Regierungsgebäude gewarnt. Torres hatte dies ignoriert und war nach Florida verreist, wo auch Jair Bolsonaro den Gang der Ereignisse abwartete. Vor seinem Wechsel zur Polizei-und Waffenlobby in der Politik war der 47-Jährige als Kriminalist und leitend bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Bundesstaat Roraima tätig gewesen.
Nach seiner Niederlage bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Oktober hatte Bolsonaro nach dem Trump-Muster versucht, die Machtübergabe an Lula da Silva zu sabotieren. Fanatische Anhänger errichteten Straßensperren oder kampierten vor Kasernen und riefen nach einem Militärputsch. Auch in der Hauptstadt war ein solches Camp errichtet worden. Es bildete eine Basis für den »brasilianischen Kapitolsturm« auf den Präsidentenpalast, das Oberste Gericht und das Parlament.
Am 12. Januar fanden Ermittler im Haus von Torres den Plan für einen Staatsstreich per Entmachtung des Obersten Gerichts. Auch soll Torres als Justizminister in der Bolsonaro-Regierung an der Planung von Aktionen beteiligt gewesen sein, mit denen Polizeikräfte in linken Hochburgen im Nordosten des Landes die Stimmabgabe zu behindern suchten. Der damalige Generaldirektor der Bundesstraßenpolizei PRF, Silvinei Vasques, wurde deshalb am vergangenen Mittwoch verhaftet. Auch für Torres bleibt es eng. Peter Steiniger
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.