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Baschar Al-Assad: Der Diktator, der blieb
Präsident Baschar Al-Assad hat die syrische Revolution überlebt und sitzt weiter fest im Sattel. Einige wollen seine Rückkehr auf die internationale Bühne
Martin Griffiths ist an schwierige Situationen gewöhnt: Einige Jahre lang versuchte er, als Uno-Sondergesandter irgendeinen Fortschritt im Jemen-Krieg zu erzielen, mit stoischer Ruhe und meist vergeblich. Heute feiert er als Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen selbst die kleinsten Erfolge: dass er es zum Beispiel geschafft hat, bei der syrischen Regierung die Öffnung des Grenzübergangs Bab Al-Hawa zur Türkei zu erreichen; und dass der Preis dafür einigermaßen akzeptabel war.
Über Bab Al-Hawa wickeln die Vereinten Nationen und andere Organisationen einen Großteil ihrer Hilfslieferungen nach Syrien ab. Lange Zeit war der Übergang ein Spielball im Ränkespiel der internationalen Diplomatie. Bis vor etwas mehr als einem Monat war der Grenzposten auf Grundlage einer Resolution des UN-Sicherheitsrats geöffnet. Dann nutzte Russland sein Veto-Recht; der Übergang musste schließen. Nun jedoch hat sich Griffiths direkt mit Präsident Baschar Al-Assad geeinigt – mit Hilfe der arabischen Staaten, aber sehr zum Missfallen der US-Regierung und einiger europäischer Regierungen, die darin eine weitere Stärkung des Diktators sehen.
Etwas mehr als zwölf Jahre nach Beginn der Kämpfe in Syrien kontrollieren seine Truppen ungefähr 63 Prozent des Staatsgebiets. Auf die als Rojava bekannte »Autonome Verwaltung von Nord- und Ostsyrien« entfallen 26 Prozent. Die Opposition hat 11 Prozent im Norden des Landes unter ihrer Kontrolle. Doch so einfach sind die Dinge nicht: In Rojava und den von der Opposition kontrollierten Gebieten agieren Hunderte von Milizen und Organisationen.
Im Hintergrund mischen immer auch ausländische Regierungen mit: Der Iran und Russland unterstützen Assad; die Türkei hat sich an die Seite der Opposition gestellt und greift immer wieder Ziele in Rojava an. Der Vorwurf: Die in der Türkei als Terrororganisation eingestufte PKK finde dort Zuflucht, plane von dort aus Angriffe auf Ziele in der Türkei. Gleichzeitig versucht die Führung von Rohjava, dort eine Art »Ideal-Syrien« einzurichten: de facto-staatliche Strukturen, die Menschenrechte achten und eine Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen an den Entscheidungsprozessen sicherstellen. Die Menschenrechtslage habe sich dort in den vergangenen Jahren laut Human Rights Watch zwar verbessert, doch Verletzungen der Menschenrechte gebe es weiterhin viele.
Doch das größte Problem zeigte sich nach dem schweren Erdbeben im Februar. Die Vereinten Nationen dürfen nur mit Zustimmung der Mitgliedsstaaten aktiv werden. Und das ist immer noch, offiziell, im gesamten Land die syrische Regierung. Die sich trotz der immensen Zahl an Toten und Notleidenden sehr kaltherzig zeigte: Wochen lang blockierte man Hilfslieferungen in fremd-kontrollierte Gebiete, nahm weitere Opfer in Kauf. Hilfen wurden abgezweigt.
Über dieses Vorgehen klagen Hilfsorganisationen schon seit Langem. Nach Angaben der Vereinten Nationen benötigten 14,6 der gut 21,5 Millionen Einwohner*innen Hilfe. Doch das Regime hat sich gut funktionierende Mechanismen geschaffen, mit denen ein Großteil der Hilfsgelder abgeschöpft werde. Von jedem Euro komme nur rund die Hälfte Bedürftigen zugute.
Gleichzeitig steht man vor einem Dilemma: Soll man die Hilfe dann doch lieber ganz einstellen? Krieg, Hunger, Tod in Kauf nehmen? In Äußerungen westlicher Politiker*innen klingt immer wieder die Annahme durch, dass Assad schon abtreten werde, wenn man ihn nur genug isoliert und ihm den Geldhahn zudreht. Doch das scheitert schon allein daran, dass Staaten wie der Iran, Russland und China dabei nicht mitmachen.
Seit einigen Monaten ist das Auftreten der Assad-Regierung noch etwas selbstbewusster, kompromissloser geworden. Man will an den staatlichen Strukturen nichts ändern, selbst eine Autonomie für Rojava, die 2015 noch von der syrischen Regierung selbst ins Spiel gebracht worden war, scheint heute undenkbar.
Denn in der Region will man jetzt Assad wieder einbinden. Im Mai wurde er überraschend beim Gipfel der Arabischen Liga empfangen, durfte dort sogar eine Rede halten. Der Grund: Für Jordanien, den Libanon, den Irak wird die Lage in Syrien zunehmend zum Problem. In Jordanien kann und will man die vielen Geflüchteten aus dem Nachbarland nicht mehr versorgen; die stark gesunkenen Zahlungen an die Vereinten Nationen durch westliche Regierungen spürt man hier deutlich. Gleichzeitig hat sich die Arbeitslosenquote bei über 20 Prozent auf einem extrem hohen Niveau eingependelt. Rechnet man die syrischen Geflüchteten mit ein, liegt die Quote bei über 30 Prozent.
Problematisch ist aus Sicht der Regierungen der Nachbarländer aber auch, dass vermehrt Waffen und Drogen ins Land kommen. Die Grenzen sind weitgehend ungeschützt; und in den Kriegswirren ist in Syrien eine Droge namens Captagon populär geworden. Das Aufputschmittel unterdrückt Müdigkeit, Hungergefühle und Angst. Drogen mit einem Straßenwert von mindestens fünf Milliarden US-Dollar werden in Syrien hergestellt und in die Nachbarländer geschmuggelt.
Die Rückkehr des Assad-Regimes in die internationale Gemeinschaft stößt bei den europäischen und amerikanischen Regierungen auf scharfe Kritik. Auch am Wiederaufbau will man sich nicht beteiligen, so lange Assad an der Macht ist. Die Lücke könnte China füllen. Dort strebt man nach wirtschaftlichem und politischem Einfluss in der Region, erreichte zuletzt eine Annäherung von Iran und Saudi-Arabien. In Syrien wurde die chinesische Botschaft im Juni stark aufgestockt.
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