Gamescom: Deutsche Spielbranche hinkt weiter hinterher

Die Gamescom ist mittlerweile die wichtigste Computerspielmesse der Welt

Bei der Koelnmesse herrscht dieser Tage aller Grund zur Freude. Die Gamescom beginnt an diesem Mittwoch. Die Computerspielmesse hat es geschafft, durch die Corona-Pandemie zu kommen. Nach Online-Messen in den Jahren 2020 und 2021 kamen im letzten Jahr die Besucher*innen wieder. Mit 265 000 Gästen blieb die Gamescom zwar um rund 100 000 unter der Marke von 2019, trotzdem war die Kölner Messe im vergangenen Jahr ein Erfolg. Nachdem die amerikanische Messe E3 zuletzt 2021 als Online-Event in Las Veras stattgefunden hat, kann sich die Gamescom ohne Scham als größte Computerspielmesse der Welt bezeichnen.

Besonders erfolgreich ist die Messe dadurch geworden, dass sie sich konsequent auf Besucher*innen ausgerichtet hat. Unterhaltung steht im Mittelpunkt. Spiele bilden dabei das Zentrum, doch die Gamescom ist längst darüber hinausgewachsen. Andere Elemente, die man irgendwie der Nerd- und Spielekultur zuordnen kann, etwa japanische Mangas, nehmen inzwischen einen festen Platz ein. Mancher Spielehersteller stellt in diesem Jahr überhaupt nichts Neues zum Spielen vor, sondern ist nur im Merchandise-Bereich vertreten. Fanartikel zu Spielhits verkaufen sich auch ohne Neuerungen beim Spiel. Auch andere Unterhaltungskonzerne wie Netflix sind bei der Gamescom vertreten und buhlen um den Geldbeutel der Spieler*innen.

Angst, aus ebenjenem Geldbeutel nicht genug zu bekommen, hatte man lange bei Sony. Das liegt an einer Megaübernahme, die wahrscheinlich in den nächsten Tagen vollzogen wird. Seit Längerem will Microsoft den Spielehersteller Activision Blizzard kaufen. 69 Milliarden Dollar soll das kosten. Sony hatte sich lange dagegen gewehrt, international prüften zahlreiche Kartellbehörden die Übernahme. Der Grund für den Widerstand von Sony: Activision Blizzard stellt die Kriegsspielreihe »Call of Duty« her. Jedes Jahr im Herbst sorgt ein neuer Titel der Serie für Millionen Käufer*innen.

Auf Sonys Playstation spielten im Jahr 2021 etwa eine Million Spieler*innen nur »Call of Duty«. Etwa 6 Millionen verbrachten 70 Prozent ihrer Zeit an der Konsole mit dem Spiel. Sony hatte Sorgen, Microsoft könnte »Call of Duty« nicht mehr für die Playstation anbieten und so der eigenen X-Box Konsole einen Vorteil verschaffen. Mittlerweile hat Sony den Widerstand aufgegeben – und Microsoft hat zugesichert, das Kriegsspiel auch in den kommenden zehn Jahren für die Playstation herauszugeben.

Während Topspiele wie »Call of Duty« oder das gerade erschienene »Baldur’s Gate 3« millionenfach verkauft werden und durchaus 200 Millionen Euro in der Entwicklung kosten, plagen die Spielehersteller in Deutschland andere Probleme: Man wünscht sich mehr Geld vom Staat. Seit 2018 gibt es eine Förderung für die Spieleindustrie. Das Problem aus Sicht der Branche: Die Förderung ist zu gering. Im Oktober 2022 waren die Fördermittel für 2022 und 2023 ausgeschöpft. Der Bundestag legte dann zwar noch mal Geld drauf, sodass Spiele in diesem Jahr mit 70 Millionen Euro gefördert werden. Aber auch der aufgefüllte Fördertopf war im Mai schon wieder verbraucht.

Manche Spieleentwickler, die staatliche Gelder fest eingeplant hatten, sind seitdem in eine wirtschaftliche Schieflage geraten oder haben Neuentwicklungen auf Eis gelegt. Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands Game spricht in seinem Jahresbericht von einer »abermaligen Vollbremsung bei unserer internationalen Aufholjagd«. Die Bundesregierung fordert der Branchenvertreter auf, die Games-Förderung »dringend« weiterzuentwickeln.

Ob Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der die Gamescom eröffnet, diesem Wunsch nachkommt, bleibt fraglich. Dem Jahresbericht des Branchenverbands hat der Grünen-Politiker ein Grußwort vorangestellt. Darin beglückwünscht er den Verband zum fünfjährigen Bestehen und betont, wie wichtig seinem Ministerium die Spielebranche sei. Sogar ein eigenständiges Fachreferat habe man gegründet. Habeck erhofft sich, dass der Wirtschaftszweig wächst.

Im Vergleich zu großen Spielnationen steht Deutschland auch wirklich schlecht da. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Branche in Deutschland mehr als 9,8 Milliarden Euro. Aber nur etwa 10 Prozent der Spiele werden in Deutschland produziert. Entsprechend gering sind die Umsätze der deutschen Hersteller, bei denen etwa 12 000 Menschen arbeiten.

Ein Trend, der sich fortsetzt. Während die Nachfrage nach neuen Konsolen zurückgeht, wird mehr Geld mit Abos und sogenannten In-App-Käufen gemacht. Menschen in Spielen zu halten, ist wichtiger geworden.

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