- Kultur
- Ausstellung »Beyond Fame – Die Kunst der Stars«
Kunst von oben
In einer Ausstellung in Düsseldorf zeigen Prominente, was sie schöpferisch (nicht) drauf haben
Die durch und durch zur Ware gewordene Kultur muss auch zur Star-Ware der spektakulären Gesellschaft werden», heißt es in Guy Debords Situationisten-Standardwerk «Die Gesellschaft des Spektakels». Im Düsseldorfer NRW-Forum erfährt diese Aussage ihre Bestätigung. Mal lässt man das Ex-Model Claudia Schiffer eine Ausstellung kuratieren, nun hat Alain Bieber, der künstlerische Leiter des Hauses, die Ausstellung «Beyond Fame – Die Kunst der Stars» zusammengestellt. Zu sehen sind Arbeiten von Schauspieler*innen, Musiker*innen, Sportler*innen, Politikern und weiteren Promis und B-Promis.
Die Show mit 18 Beteiligten, so Bieber prophetisch, werde die außergewöhnlichste des Jahres sein. Weil während des Pressetermins zur Konzeption offenbar nicht mehr zu sagen war, wurde Peter Doherty nach vorn gebeten. Der Frontmann der Indie-Rock-Band The Libertines wusste auf die Frage, ob er sich «beyond fame», also jenseits der Berühmtheit wähne, nur zu sagen: «Das weiß ich nicht.» Immerhin war ihm zu entlocken, dass er George Grosz gut findet und dass die Libertines gerade ein neues Album aufgenommen haben.
Die Ausstellung ist geprägt von einem veritablen postmodernen «Everything goes», die künstlerischen Ansätze reichen von Konzeptuellem (der Schauspielerin Meret Becker) bis zum erbärmlichsten Kitsch (vom Modedesigner Harald Glööckler, Motto: «Pompöös is my life»). Theodor W. Adorno attestierte einst dem Kitsch, dass er nicht verhindern könne, was ihm verhasst ist, «das Moment des An sich, den Wahrheitsanspruch, den er verrät».
Peter Doherty fertigt vor allem rohe Bild-Text-Collagen, in die auch schon mal die Utensilien eines Junkies, Teelöffel und Spritze, integriert sind. Auf einem mit «The Libertines» überschriebenen Bild finden sich die Textzeilen «seeking fame and fortune / we walk the streets of London» (Auf der Suche nach Ruhm und Reichtum / gehen wir auf den Straßen Londons).
Sein kanadischer Musiker-Kollege Bryan Adams zeigt großformatige Schwarz-Weiß-Fotografien diverser natürlicher Strukturen sowie Porträtaufnahmen. Nicht dabei ist allerdings das gelungene Porträtfoto, das Adams 2010 von der britischen Sängerin Amy Winehouse schoss. Allen Ausstellenden wurden fünf Fragen gestellt, die zusammen mit den Antworten auf roten Tafeln präsentiert werden. Auf die Frage «Um welche Themen geht es in deiner Kunst?» antwortete Adams: «Friede, Liebe und eine schöne Tasse Tee.»
Die Schauspielerin und Autorin Lea Draeger antwortete auf die Frage «Was inspiriert dich?»: «Regenwürmer, Felsenhäuser, Pilze, Päpstin Johanna, Dreihörner.» Sprach’s und zeichnete massenhaft Figuren auf Papier im Format DIN A6. Die Miniaturbilder füllen Wände und Fußboden eines ganzen Raumes. Fraglich, woher Draeger die Zeit für das aufwendige Zeichnen nimmt.
Der Sänger Tim Bendzko malt vornehmlich Ölbilder in abgestuften Schwarztönen, während sein Musiker-Buddy Samy Deluxe einen Raum und dort in die Wand eingelassene Ghettoblaster mit recht einfallsarmen Graffiti versehen hat. Das soll uns wohl sagen: Ich hab’s mit Musik und Kunst von der Straße.
Josephine Henning war eine erfolgreiche Fußballspielerin. Sie hat das Kicken im Sommer 2018 beendet und sich der Kunst zugewandt. Schon während ihrer Zeit beim Fußballclub Paris Saint-Germain ließ sie sich in der französischen Kapitale künstlerisch inspirieren. In der Ausstellung ist ihre aus weltweit gesammelten Fußballschuhen geformte lebensgroße Skulptur zu sehen. Zudem fällt ein hübsches dreiteiliges Werk auf, das Ausschnitte eines Fußballfeldes zeigt: ein Bild mit der Andeutung eines Tores, eines mit der Eckfahne – und das dritte Bild mit der nach hinten schmaler werdenden Mittellinie, die so vor dem grünen Hintergrund ein weißes Dreieck bildet.
Hennings Sportlerkollege Michael Stich, einst gefeierter Tennisstar, malt Abstraktes auf Sackleinen und Blitze auf Papier.
Und dann wären da noch die Politiker. Anton Hofreiter von den Grünen, seiner bellizistischen Haltung im Ukraine-Krieg wegen «Panzer-Toni» genannt, malt grellbunte Blumen und ebensolche vor ebenso farbenfrohen Bergen im Stile eines Abc-Schützen. Dass es bei der Betrachtung dieser Werke zu jenem Typ der Erfahrung kommt, den künstlerische Bildung stillschweigend meint, kann ausgeschlossen werden.
Edi Rama, seines Zeichens Ministerpräsident von Albanien, überstand früher die langen Polit-Sitzungen mit Kritzeleien. Diese hat er zu surrealistisch anmutenden ornamentalen Übermalungen von Terminplänen oder sonstigen Regierungspapieren verfeinert. Darunter befindet sich ein einst an Bundeskanzlerin Merkel aufgesetzter Brief.
Erst Ende des Jahres soll das Geheimnis gelüftet werden, wer sich hinter dem Pseudonym Gedeon Schenkt verbirgt. Wie immer diese Person mit richtigem Namen auch heißen mag, sie ist im NRW-Forum mit zahlreichen Werken vertreten und hat sich dem x-ten Aufguss eines wilden Expressionismus verschrieben – g.schenkt. Behauptet wird, zwischen Schenkts Malerei und der des in Berlin wirkenden Künstlers Jonathan Meese bestünde eine gewisse Ähnlichkeit. Meese schreibt allerdings über Schenkt: «Gedeon Schenkt ist einfach nur ein klassischer Mitläufer, der es allen recht machen will, schade … aber so ist’s … Gedeon Schenkt wollte immer nur machtpupsender Kulturpriester, also Nullpen-Kreativling werden, pfui.» Der l-Verdoppelung hätte es nicht bedurft – eine Nulpe ist eine Nulpe, obersächsisch gerne auch «enne triebe Nulpe» genannt.
«Beyond Fame – Die Kunst der Stars», bis 21. Januar 2024, NRW-Forum Düsseldorf
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