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DBB-Team zählt bei Basketball-WM plötzlich zu den Favoriten

Deutschlands Basketballer wollen den richtigen Mix für lang ersehnte WM-Erfolge gefunden haben

Den normalen deutschen Ballflachhaltern wird es vor der an diesem Freitag beginnenden Basketball-Weltmeisterschaft der Männer ziemlich schwer gemacht, die Rolle des Mitfavoriten wieder abzulegen. Selbst Steve Kerr, Trainer des ersten Goldanwärters USA, sagte nach dem letzten Testspiel zwischen beiden Mannschaften: »Das war unser härtester Gegner. Sie sind ein großes, starkes Team. Spanien war auch exzellent, aber es ist klar, dass Deutschland eines der besten Teams der Welt ist.« Zur Erinnerung: Spaniens Basketballer sind Welt- und Europameister. Der mehrfache NBA-Meister Kerr aber hält die Auswahl des Deutschen Basketball-Bunds (DBB) für noch besser.

Die Lobhudelei, die gerade von allen Seiten auf die DBB-Truppe einprasselt, noch bevor beim WM-Auftakt überhaupt der erste Ball auf den Korb der gastgebenden Japaner geworfen wurde, erinnert etwas an die letzte WM. 2019 war der DBB-Tross nach China gereist und sprach selbstbewusst vom besten Kader, den man je versammelt habe. Das klang nach der indirekten Aufforderung ans Team, eine Medaille zu gewinnen, schließlich hatte es 2002 schon mal Bronze gegeben. Nach zwei knappen Vorrundenniederlagen gegen Frankreich und die Dominikanische Republik war stattdessen das schnelle Aus besiegelt.

Dass der DBB jetzt trotzdem das Mantra des Ende 2020 angestellten Nationaltrainers Gordon Herbert übernimmt, der eine Medaille als Ziel vorgibt, zeugt zumindest von Mut. Allerdings ist seit 2019 auch viel passiert. Schon zwei Jahre später erreichten die Deutschen ohne ihre besten NBA-Spieler das olympische Viertelfinale von Tokio, und im Spätherbst 2022 feierten sie fast in Bestbesetzung in Berlin EM-Bronze.

Das letztjährige Team ist fast unverändert geblieben, mit den damals verletzten Moritz Wagner (Orlando Magic) und Isaac Bonga (FC Bayern) wurde es sogar noch einmal verstärkt. Kein Wunder also, dass selbst internationale Experten in Deutschland nun einen WM-Medaillenanwärter sehen, nachdem das 2019 noch ein rein deutscher (Fehl-)Eindruck war. Eine starke WM-Vorbereitung bestätigt das. Die Abwehr ist variabel und hatte nur gegen wenige Ausnahmeathleten aus Kanada und den USA Probleme. Offensiv kennt zudem jeder seine Rolle: Dennis Schröder ist der Lenker und mit allen Freiheiten ausgestattet. Die zweite Wurfoption ist der vielseitige junge Franz Wagner, dessen Stern bei der EM 2022 aufging. Hinzu kommen Drei-Punkte-Spezialist Andreas Obst und eine Garde von großen Spielern, die sowohl unterm Korb abschließen als auch aus der Distanz treffen können. Spielerisch hat diese Mannschaft alles, was sie braucht.

Zudem ist das Selbstvertrauen so gewachsen, dass fast alle die hochgesteckten Ziele mittragen: »Wir haben sehr hohe Ansprüche an uns selbst. Die Zeit, in der die deutsche Mannschaft bei einer WM nur ein bisschen mitspielen wollte, ist vorbei. Ich würde uns selbst in den Kreis der Topfavoriten schieben«, sagte Defensivspezialist Bonga. Wenn Kollegen wie Johannes Voigtmann lieber etwas tieferstapeln wollen, wird das aber auch akzeptiert: »Für mich persönlich ist das Ziel, ein gutes Turnier auf hohem Niveau zu spielen. Da geht jeder anders ran, um sich zu motivieren. Aber alle von uns wollen jedes Spiel gewinnen. Das eint uns.«

Jedes Kadermitglied hat sich zudem verpflichtet, die Sommertage für mindestens drei Jahre dem DBB-Team zu opfern. Und niemand stellt seine Rolle infrage, selbst wenn sie viel kleiner ausfällt als im Verein. David Krämer etwa, der in der Bundesliga im Schnitt 17 Punkte für Braunschweig erzielte, findet sich klaglos damit ab, als zwölfter Mann vielleicht gar keine WM-Minute zu spielen. »Ich bin einfach froh, dass ich diesmal dabei sein darf, und werde das Team von der Bank unterstützen«, sagte der 26-Jährige, nachdem er 2022 noch kurz vor der EM aus dem Kader geflogen war. Ansonsten liebt Bundestrainer Herbert seine Philosophie der »Racehorses and Pigs«: Manche Spieler dürfen die Rennpferde sein, die anderen dienen als Kampfschweine. Und alle ziehen da mit.

Dass Deutschland zu den Favoriten gezählt wird, ist auch dem Umstand geschuldet, dass mit Ausnahme des Slowenen Luka Dončić die größten Stars auf eine Teilnahme am Turnier in Japan, Indonesien und den Philippinen verzichten, um Verletzungen auszukurieren oder sich gezielt auf die Olmpiasaison vorzubereiten. So fehlen Serbien und Griechenland mit Nikola Jokić und Giannis Antetokounmpo die besten Spieler der vergangenen vier NBA-Spielzeiten. Und auch im Team USA sucht man vergebens nach den ganz großen Namen der Szene. Zumindest den Amerikanern traut man nach einer Vorbereitung ohne Niederlage dennoch zu, Gold zu gewinnen, schließlich sind immer noch viele NBA-Spieler dabei. Unschlagbar ist die Truppe von Coach Kerr, die niemand mehr »Dream Team« nennt, aber sicher nicht. Das zeigte nicht zuletzt die DBB-Auswahl, die im letzten Test schon mit 16 Punkten geführt hatte, bevor ihr zum Schluss die Luft ausging.

Nach mehreren Tagen der Regeneration sollte die Kondition gegen die Vorrundengegner Japan (Freitag), Mitfavorit Australien (Sonntag) und Finnland (Dienstag) kein Problem mehr sein. Stattdessen kommt es darauf an, das Talent aufs Feld zu bringen, wenn es darauf ankommt. Dass die Deutschen mittlerweile auch das können, haben sie bei der Heim-EM bewiesen. Jetzt soll es die Fortsetzung geben.

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