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UN-Friedensmission Monusco fällt im Kongo in Ungnade

UN-Soldaten stoßen nach 20 Jahren bei Präsident und Bevölkerung auf immer mehr Abneigung

  • Judith Raupp, Goma
  • Lesedauer: 5 Min.
Unbeliebte Gäste: Malawische Soldaten sind im Auftrag der Monusco-Mission im Kongo unterwegs.
Unbeliebte Gäste: Malawische Soldaten sind im Auftrag der Monusco-Mission im Kongo unterwegs.

»Präsident Thsisekedi hat das Vertrauen in die Friedenstruppe verloren. Es ist ihm ernst mit dem Abzug.« So beschreibt Onesphore Sematumba, Analyst bei der Denkfabrik Crisis Group, das Verhältnis zwischen dem Staatsoberhaupt und der Mission der Vereinten Nationen zur Stabilisierung der Demokratischen Republik Kongo (Monusco).

Félix Tshisekedi sei enttäuscht, weil die Monusco nicht mit der kongolesischen Armee gegen die Miliz M23 kämpfe, sagt Sematumba. Diese hält Gebiete in der Provinz Nord-Kivu besetzt und schneidet Transportwege zur Millionenstadt Goma ab. Sie wird laut Vereinten Nationen (UN) vom Nachbarland Ruanda ausgerüstet. Monusco-Chefin Bintou Keita hat mehrfach erklärt, dass die UN-Truppen der M23 unterlegen seien.

»Die Mission ist gescheitert«, urteilt Menschenrechtsaktivist Stewart Muhindo von der Bürgerbewegung Lucha. »Die Monusco schützt die Zivilbevölkerung nicht und geht kaum gegen die Milizen vor«, kritisiert er.

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Die Blauhelmsoldaten sind in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu und Ituri stationiert. Obwohl die UN seit mehr als zwei Jahrzehnten im Kongo sind, leidet die Bevölkerung im Osten unter Übergriffen von mehr als 100 Milizen und von Teilen der Armee und Polizei. Die Menschenrechtsbeobachter des Kivu Security Tracker registrierten seit 2017 exakt 22 359 Opfer von Tötung, Kidnapping, Vergewaltigung oder Plünderung.

Muhindo erzählt, dass die Monusco nicht ausrücke, selbst wenn Überfälle in ihrer Nähe passierten. Human Rights Watch hat solche Fälle dokumentiert. So wurden etwa am 12. Juni in einem Flüchtlingslager in Ituri 23 Kinder und 23 Erwachsene getötet, sechs Kilometer von einer Monusco-Kaserne entfernt.

Der Kommandant begründete die Tatenlosigkeit gegenüber Human Rights Watch damit, dass ein Fahrzeug kaputt gewesen sei. Monusco-Sprecherin Khadi Lo Ndeye sagt zum generellen Vorwurf, dass die UN-Truppen zu spät kämen: »Wir arbeiten in einem Gebiet ohne Infrastruktur. Fünf Kilometer dort entsprechen 100 Kilometer anderswo.«

Für die Bevölkerung ist es unvorstellbar, dass die renommierten UN an schlechten Pisten oder Fahrzeugpannen scheitern. Mehrfach hat sich ihre Wut in Angriffen auf die Monusco entladen, bei denen Dutzende Zivilisten und einige UN-Soldaten getötet wurden.

Nach Ausschreitungen im vergangenen Jahr erklärte Präsident Thsisekedi, dass die Monusco vorzeitig gehen müsse. Damit will er auch Stimmen für die geplante Wahl im Dezember gewinnen. Als er 2019 das Amt übernahm, versprach er, den Ostkongo zu befrieden. Aber die Sicherheitslage wird immer schlechter.

Das Mandat der Monusco wird voraussichtlich im Dezember vom UN-Sicherheitsrat erneut um ein Jahr verlängert. Die kongolesische Regierung und die Monusco sprechen von einem »Jahr des Übergangs«, in dem Kompetenzen an den kongolesischen Staat übergingen. Allerdings beharrt Monusco-Chefin Keita darauf, dass Polizei und Militär in der Lage sein müssten, die Bevölkerung zu schützen, bevor die Blauhelmsoldaten abzögen.

Das findet Analyst Sematumba »zynisch«. Es sei klar, dass die Armee und die Polizei bis auf weiteres ihrer Aufgabe nicht gerecht würden, da sie nicht ausgebildet seien. Ein Abzug der Monusco müsse graduell vonstatten gehen, damit der Schaden für die Bevölkerung begrenzt werde.

Aktivist Muhindo verlangt dagegen den sofortigen Abzug »aller Soldaten, die nicht kämpfen«. Nur die schnelle UN-Eingreiftruppe solle bleiben. Diese 3000 Soldaten haben das Mandat, die Bevölkerung »mit allen militärischen Mitteln« zu schützen. »Sie müssen kämpfen und die Milizen entwaffnen«, fordert Muhindo. Auch er ist überzeugt, dass die heimische Armee die Bevölkerung nicht schützen wird. Aber er hofft, dass die Bevölkerung dann so viel Druck auf die Regierung ausübt, dass sich die Lage verbessert. Schließlich sei in erster Linie die Regierung eines Landes für die Sicherheit zuständig.

Lucha befürwortet jedoch, dass zivile Abteilungen der Monusco zunächst im Kongo bleiben, insbesondere das Büro, das Verstöße gegen Menschenrechte erfasst. Die Monusco solle kongolesische Institutionen ausbilden. Nach rund zwei Jahren könnten die zivilen Abteilungen ebenfalls gehen.

Das Misstrauen zwischen der Monusco und der Bevölkerung sieht Veronika Weidringer als Folge eines strukturellen Problems bei Militäreinsätzen der UN. Sie arbeitet seit 18 Jahren in verschiedenen Ländern im zivilen Bereich für UN-Friedensmissionen. Unter anderem war sie zehn Jahre lang für die Monusco tätig. »Die Truppenstellerländer wollen Tote in ihren Reihen vermeiden«, sagt sie. Deshalb würden sie oft zögerlich ausrücken, was die Bevölkerung frustriere.

Die Monusco beschäftigt 14 000 Soldaten, Offiziere und militärische Berater. Die meisten kommen aus Indien, Pakistan, Bangladesch, Nepal, Südafrika, Indonesien, Tansania, Marokko, Uruguay und Malawi. Mit einem Jahresbudget von 1,1 Milliarden US-Dollar ist sie eine der teuersten Friedensmissionen der UN. »Das ist Entwicklungshilfe für arme Länder auf dem Rücken der Kongolesen«, glaubt Lucha-Aktivist Muhindo.

Ein Teil des Geldes kommt aber auch dem Kongo zugute. So beschäftigt die Mission 1532 kongolesische Zivilisten zu überdurchschnittlichen Löhnen. Die Mission mietet zudem Gelände für Kasernen und Büros, und ihre gut verdienenden ausländischen Mitarbeiter bezahlen überteuerte Mieten. »Das hat Goma einen Immobilienboom gebracht«, sagt Yvette Mwanza, Vorstandsmitglied des Unternehmerverbands in Nord-Kivu. Zudem profitierten auch Restaurants, Bars, Supermärkte und Hausangestellte von der Monusco.

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