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Kindergrundsicherung: Neuer Name, alte Leistungen
Andreas Ast über die Kindergrundsicherung
Die Ampel-Regierung ist mit der Absichtserklärung angetreten, Kinderarmut zu bekämpfen. Proklamiert wurde in der Koalitionsvereinbarung ein »Neustart der Familienförderung« mit der Einführung einer Kindergrundsicherung als zentraler Reform. Seit Montag liegt nun ein sehr grobes Eckpunktepapier vor. Spätestens seitdem ist klar, wer in dieser Regierung am längeren Hebel sitzt: Es ist der Finanzminister. Christian Linder (FDP) blockiert die entscheidende Voraussetzung für Maßnahmen gegen (Kinder-)Armut: mehr Geld für arme Kinder.
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Mit der Kindergrundsicherung sollen Leistungen für Kinder gebündelt werden: Kindergeld, Kinderzuschlag, Leistungen der Grundsicherung. Faktisch ist nicht einmal das geschafft. Das Kindergeld bleibt als – umbenannte – Leistung erhalten. Der Steuerfreibetrag für Kinder bleibt außen vor. Die Bevorzugung von Familien mit hohen Einkommen über den Steuerfreibetrag bleibt unangetastet.
Hier wären Korrekturen dringend notwendig gewesen. Fehlanzeige. Die Kindergrundsicherung ist im Kern eine Reform des Kinderzuschlags, in den zukünftig auch die Kinder in die Grundsicherung einbezogen werden. Ursprünglich sollte mit der Teilhabeleistung ein Teil des Bildungs- und Teilhabepakets als pauschaler Geldbetrag in die neue Leistung eingehen. Das wäre sinnvoll gewesen, damit alle Kinder und Jugendlichen profitieren können. Davon ist keine Rede mehr. Der Verweis auf den Aufbau eines »Kinderchancenportals«, auf dem irgendwann in Zukunft Anbieter ihre Angebote den Kindern und Jugendlichen marktförmig kundtun, ist weiße Salbe: klingt gut, hilft aber nicht.
Die versprochene Neuermittlung der kindlichen Bedarfe ist nicht erfolgt. Das ist die entscheidende Schwachstelle der Reform: Es bleibt unbestimmt, wie viel Geld Kinder und Jugendliche brauchen, um gut aufzuwachsen. Zahlreiche Studien belegen, dass dies mit den bestehenden Leistungen nicht funktioniert. Soziale Teilhabe für die Kinder ist so nicht zu realisieren. Selbst für existenzielle Bedarfe – angemessene Ernährung – reicht es nicht. Mangel und Verzicht sowie begrenzte Perspektiven sind die Folge.
Langfristig schadet eine Gesellschaft sich selber, wenn sie nicht ausreichend in ihre Kinder investiert. Statt einer tatsächlichen Ermittlung der kindlichen Bedarfe werden marginale Änderungen angekündigt, die durch den Wegfall des Sofortzuschlags von 20 Euro refinanziert werden. Es gibt unterm Strich keine nennenswerten Leistungserhöhungen.
Wenn die bestehende Armut nicht über höhere Leistungen bekämpft werden soll, verbleibt die Hoffnung auf eine verbesserte Inanspruchnahme. Tatsächlich ist das hohe Ausmaß von verdeckter Armut ein erhebliches Problem. Die Regierung will durch Digitalisierung und Datenaustausch zwischen den Behörden einen »Kindergrundsicherungscheck« aufbauen. Familien sollen stärker auf bestehende Leistungsansprüche hingewiesen werden.
Eine positive Änderung soll nicht verschwiegen werden. Die Regeln für die Anrechnung von Einkommen und Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss werden verbessert. Insbesondere einige Alleinerziehende mit Kindern im Vorschulalter werden in der Kindergrundsicherung bessergestellt als heute in der Grundsicherung.
Ohne Erhöhung der Leistungen ist die Einführung der Kindergrundsicherung im Kern eine Verwaltungsreform. Absehbar wird ein erheblicher Teil der zusätzlichen Ausgaben von 2,4 Milliarden Euro schlicht die Änderungen bei der Verwaltung finanzieren müssen. Am Ende ist aber entscheidend: Wie viel Geld ist im Portemonnaie?
Die Regelbedarfe sind viel zu niedrig, um das Existenzminimum sicherzustellen. Sollten arme Kinder am Ende nicht mehr Geld bekommen, bleiben sie arme Kinder. Genau das aber ist zu befürchten.
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