Mieterhöhung in Kreuzberg: Kurz vor zwölf im Quicky-Markt

Trotz Spendenkampagne und Protest sieht der Einkaufsladen in Kreuzberg seinem Ende entgegen

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit dem Quicky-Markt verliert Berlin einen Ort zum Verweilen.
Mit dem Quicky-Markt verliert Berlin einen Ort zum Verweilen.

Auf den kleinen Holzbänken ist kein Platz mehr. Frauen und Männer prosten sich mit unterschiedlichen Biersorten zu. Doch die fröhliche Stimmung schlägt schnell in Frust und Wut um. Denn am 16. September soll der Quicky-Markt in der Skalitzer Straße 96 in Kreuzberg schließen.

»Es gibt an diesem Tag noch eine Abschiedsparty und dann ist Schluss«, sagt Jenny, die mit ihrem Geschäftspartner Rene den kleinen Laden seit 14 Jahren betreibt, gegenüber »nd«. »Was wir dann machen, wissen wir noch nicht. Es gibt keinen Plan B«, betont die Frau. Dass die beiden sehr an ihrem Laden hängen, zeigt das Ambiente. Blumen stehen rund um die Bänke und bei Einbruch der Dunkelheit sorgen Lampen für eine gemütliche Atmosphäre.

»Das ist mein öffentliches Wohnzimmer«, sagt Hajo, der sich als »Altkreuzberger« und »Stammkunde« des Quicky-Markts bezeichnet. Marion pflichtet ihm bei. »Das ist hier eine Oase. Hier heißt es nicht ›to go‹, sondern ›verweile‹«, sagt die ältere Frau, die auf einer Holzbank ein Buch liest. Damit spielt sie auf die Imbisse an, die schon mit ihrer Reklame deutlich machen, dass Kund*innen kaufen und weitergehen sollen. Im Quicky-Markt hingegen könnten Kund*innen sitzen bleiben und sich wohlfühlen. »Da wird niemand weggeschickt, auch wenn er eine Stunde vor seinem Bier sitzt«, wirft ein anderer Gast ein.

»Wenn der Quicky-Markt schließt, stirbt ein weiteres Stück altes Kreuzberg«, sagt auch Doro. »In den 1980er Jahren ging es hier nicht nur um immer mehr Geschwindigkeit und Geld«, betont sie. Tatsächlich fällt auf, dass sich rund um den Quicky-Markt viele Alt-Kreuzberger*innen zusammenfinden.

Von ihnen ging auch die Nachbarschaftsinitiative aus, die über Monate alles versuchte, um gemeinsam mit den Ladenbetreiber*innen den Markt zu retten. Sie organisierten Mitte August eine Kundgebung, an der sich über 150 Nachbar*innen für den Erhalt des Ladens bekannten.

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Die Stadtteilinitiative Bizim Kiez gehörte zu den Unterstützer*innen. Sie kämpft seit Jahren gegen die Verdrängung kleiner Läden in Kreuzberg durch große Immobilienkonzerne. Dafür ist der Quicky-Markt ein geradezu klassisches Beispiel. Im Auftrag einer unbekannten Briefkastenfirma bekamen Jenny und Rene G. vor einigen Monaten von der Hausverwaltung die Mitteilung , dass sich ihre Miete ab Oktober 2023 mehr als verdoppeln sollte. »Es war klar, dass wir diesen Preis nicht zahlen konnten« sagte Jenny.

Hoffnung gab ihnen aber die Reaktion ihrer Kund*innen. Neben der Kundgebung organisierten sie auch eine Spendenkampagne. Denn nicht nur der Mietpreis, auch die Kaution sollte sich innerhalb kurzer Zeit erhöhen. Die anvisierten 8000 Euro kamen innerhalb kurzer Zeit zusammen. Doch retten konnte das den Laden nicht. Erst seit Kurzem steht fest, dass am 16. September Schluss ist.

Für die Unterstützer*innen ist das kein Grund zum Aufgeben. »Es kommen jetzt mehr Menschen vorbei als früher«, betont Jenny. Sie kauften nicht nur Getränke. Schließlich befindet sich auch ein Paketshop im Laden, der mit der Schließung wegfallen wird. »Hier geht es auch um die Grundversorgung der Bewohner*innen, die in einem Stadtteil, der nur noch auf die Bedürfnisse von Tourist*innen ausgerichtet wird, unter die Räder kommt«, beklagt Doro. Dagegen kämpfen Initiativen wie Bizim Kiez seit Jahren an. Als Ursache sehen sie auch das Gewerberecht mit seinen extrem kurzen Kündigungsfristen für Läden.

Der Quicky-Markt wird zumindest optisch im Stadtbild vertreten bleiben: T-Shirts mit dem markanten roten Schriftzug »Quickymarkt Kreuzberg 36« fanden in den letzten Wochen guten Absatz. Stammgast Hajo sagt, dass er vielleicht nach dem 16. September weiter vor dem dann geschlossenen Laden sitzen wird. In der Corinthstraße 60 in Friedrichshain haben Nachbar*innen nach der Schließung eines beliebten Spätkaufs in Eigeninitiative eine Kiezbank errichtet, die zum neuen Treffpunkt wurde. Das Beispiel könnte Schule machen.

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