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Versammlungsfreiheit auch in Deutschland eingeschränkt

Amnesty International kritisiert weltweiten Anstieg staatlicher Unterdrückung von Protest

Auch in Deutschland werden Proteste von Behörden oft als Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wahrgenommen. Das führt zu ihrer Dämonisierung und Kriminalisierung, anstatt sie als Kernelement eines lebendigen gesellschaftlichen Diskurses zu ermöglichen und zu schützen. So steht es in einer »Protest Map« der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die erstmals auch Deutschland als Land listet. Demnach wird hierzulande das Recht auf Versammlungsfreiheit zunehmend eingeschränkt – durch Präventivhaft, Schmerzgriffe, repressive Gesetzgebung, Versammlungsverbote und Straflosigkeit nach übermäßiger Polizeigewalt.

Die digitale Karte von Amnesty International zeigt Menschenrechtsverletzungen und andere Repressalien auf, die vom Staat an Demonstrierenden weltweit begangen werden. Verschiedene Sicherheitsbehörden haben demnach im vergangenen Jahr in mindestens 86 der untersuchten 156 Länder unrechtmäßige Gewalt ausgeübt. Eingesetzt wurden dabei Waffen wie Tränengas, Gummigeschosse, Pfefferspray und Schlagstöcke. In 37 Ländern betraf dies auch tödliche Waffen. Laut den Recherchen von Amnesty International wurden Demonstrierende in 79 der 156 untersuchten Länder willkürlich inhaftiert.

So gingen etwa indische Behörden mit Schusswaffen, Tränengas, Schlagstockeinsätzen, Internetsperren und Zwangsräumungen gegen Protestierende vor. In Frankreich und Griechenland wurden Versammlungen mit vermeintlich »nicht-tödlichen Waffen« angegriffen, durch dabei eingesetzte Granaten zahlreiche Menschen verletzt oder in Frankreich sogar getötet. In Peru haben Sicherheitskräfte zuletzt mit unrechtmäßig tödlicher Gewalt auf Demonstrationen reagiert, 49 Menschen starben dabei. Im Iran haben die Behörden Hunderte Menschen getötet und Zehntausende Menschen, darunter Kinder, willkürlich inhaftiert und gefoltert, um die landesweiten Proteste nach der Ermordung von Masha Amini niederzuschlagen. In Ländern wie China riskieren die Menschen nach einem Protest den Verlust ihres Rechts auf Bildung und Wohnung.

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In den USA fokussiert der Amnesty-Bericht auf die quasi-militärische und übermäßig gewaltvolle Reaktion auf Proteste gegen Polizeigewalt oder den Bau von Pipelines. Die Beamten seien dabei auch mit gepanzerten Fahrzeugen aufgefahren, die vom Militär stammen. Über zwei Bundesprogramme erhielten Polizeidienststellen landesweit militärische Ausrüstung im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar.

In Deutschland kritisiert Amnesty vor allem den staatlichen Umgang mit Klima-Protesten, die neuen Polizeigesetze vieler Bundesländer sowie diskriminierende Versammlungsverbote gegenüber der Palästina-Solidarität. So seien etwa alle Demonstrationen rund um den Nakba-Gedenktag in Berlin sowohl 2022 als auch dieses Jahr pauschal untersagt worden. Dieses Vorgehen stuft Amnesty aufgrund ihrer Pauschalität als unverhältnismäßig ein. »Wir appellieren an die Bundes- und Landesregierungen, die Versammlungsfreiheit in Deutschland umfassend zu schützen«, sagt deshalb Paula Zimmermann, Expertin für Meinungs- und Versammlungsfreiheit bei der Menschenrechtsorganisation.

In der interaktiven »Protest Map« werden weitere Einschränkungen und Verbote von Protesten in Deutschland beschrieben. So durften zum Beispiel beim G7-Gipfel in Bayern 2022 nur 50 Demonstranten vor Ort sein. Auch die Corona-Proteste werden erwähnt: Entsprechende Versammlungen seien in Deutschland generell als Gesundheitsrisiko angesehen worden, was oft nicht zu einer ausgewogenen Einzelfallprüfung geführt habe, so der Bericht.

Als weiteres Problem nennt Amnesty die in Deutschland seit Jahrzehnten praktizierten Polizeikessel bei Versammlungen. Als Beispiel nennt die »Protest Map« die Einkesselung bei einer Demonstration anlässlich des Urteils im sogenannten Antifa-Ost-Verfahren Anfang Juni dieses Jahres in Leipzig. Dort waren rund 1300 Menschen, darunter viele Minderjährige, elf Stunden lang ohne ausreichenden Zugang zu Lebensmitteln, medizinischer Versorgung und sanitären Einrichtungen eingekesselt und werden vermutlich bald wegen Landfriedensbruchs angeklagt.

Häufig bleibt auch übermäßige Polizeigewalt gegen Demonstranten und Journalisten in Deutschland straflos, so der Bericht. Nach dem G20-Gipfel in Hamburg im Jahr 2017 wurden über 150 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet, die jedoch fast alle eingestellt wurden. »Dieser Mangel an Rechenschaftspflicht schreckt von einer weiteren Teilnahme an Protesten ab«, kritisiert Amnesty.

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