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Diskussion um Böller: Politischer Knaller vor Silvester

Die Grünen in Berlin fordern mehr Verbotszonen für Pyrotechnik und werfen der Großen Koalition Untätigkeit vor – die will von beidem nichts wissen

406 Straftaten, 88 eingeleitete Verfahren und 48 davon im Zusammenhang mit Angriffen auf die Polizei: Die Silvesternacht zu 2023 hatte es in sich und lässt den Grünen-Abgeordneten Vasili Franco besorgt in die Zukunft blicken. »Mehr als alle Argumente auf seiner Seite zu haben, kann man auch nicht«, sagt der innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion zu »nd«. Für den Grünen-Abgeordneten ist die Sache klar: Um am Ende des Jahres kein Déjà-Vu zu erleben, brauche es schonungslose Aufarbeitung und umfangreichere Böllerverbotszonen in der Hauptstadt.

Leider, schlussfolgert Franco nach Antwort der Innenverwaltung auf seine Anfrage, ist bis heute nichts passiert. »Es gab viele große Ankündigungen, es wurden Feuerwachen besucht mit der Bundesinnenministerin. Jetzt bleiben nur noch zehn Wochen bis Silvester und wir schicken die Einsatzkräfte wieder in die gleiche Situation.« Weder Gefährdungsprognosen noch eine Einsatzplanung für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst noch Pläne für Böllerverbotszonen lägen vor.

Ein generelles Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper liegt außerhalb der Senatszuständigkeit. Verbotszonen für den privaten Gebrauch von Böllern hingegen nicht. »Auch wenn nicht alles in seiner Hand liegt, entbindet das den Senat nicht von seiner Verantwortung«, ergänzt Franco. Eine Verbotszone »mindestens innerhalb des S-Bahn-Rings« hält er für überfällig. Durch entsprechende Maßnahmen während der Corona-Pandemie seien die Einsätze in Berlin immerhin um über 60 Prozent zurückgegangen.

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Die aktuellen Zahlen der Innenverwaltung zeigen auch: Mit 18 Tatverdächtigen wohnen die meisten der überwiegend jungen und männlichen Tatverdächtigen im Bezirk Mitte. Neukölln belegt mit 16 Tatverdächtigen den zweiten Platz. »Am Anfang des Jahres wurde das Täterbild von migrantischen Jugendlichen aus Neukölln gezeichnet«, sagt Franco. »Aber das ist eben nur ein Teil der Wahrheit.« Die Präventionsarbeit müsse weiter gestärkt werden, um sich greifende Gruppendynamiken ließen sich ebenfalls mit Böllerverboten eindämmen.

Alles nicht so einfach, heißt es allerdings aus den Reihen der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. »Die Innensenatorin hat sich bemüht, aber es gab einfach keine Unterstützung«, sagt Martin Matz, Innenpolitikexperte der Sozialdemokrat*innen, zu »nd«. Iris Spranger (SPD) habe das Thema auf der Innenministerkonferenz angesprochen und eine Öffnungsklausel für mehr Entscheidungsrecht auf Landesebene ins Spiel gebracht. »Von Problemen wie in Berlin sind andere Bundesländer in dem Ausmaß aber einfach nicht betroffen.«

Bei einer auf Landesebene realisierbaren Einführung weiterer Verbotszonen beschwere sich hingegen die Berliner Polizei. »Die Behörden ächzten schon unter der Belastung zu Silvester«, sagt Matz. Anders als während der Pandemie würden sie eben nicht von einem Verkaufsverbot unterstützt. Auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erteilt auf dem Gipfel gegen Jugendgewalt am Dienstag dem »flächendeckenden Verbot« von Pyrotechnik eine Absage. Wer wolle, so die Argumentation, finde immer Wege, um zu böllern.

Im vergangenen Jahr befanden sich Böllerverbotszonen am Alexanderplatz, im Steinmetzkiez in Schöneberg und an der Jugendvollzugsanstalt Moabit. »Eventuell könnten wir die JVA Moabit rausnehmen und davor eine Zone in Neukölln einrichten«, stellt Matz in Aussicht. Weitere Maßnahmen, wie möglicherweise die Begleitung von Rettungskräften durch Polizeiwagen, würden geprüft. Und was das Böllerverbot auf Bundesebene angehe: »Dabei können die Grünen gerne mithelfen. Sie sitzen ja selbst in einigen Landesregierungen.«

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