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Gewerkschaft will Humboldt Universität in Berlin erschließen

In der Tarifrunde der Länder wollen Beschäftigte den Organisationsgrad an der Exzellenzuni erhöhen

Gewerkschaftlich aktive Beschäftigte der Humboldt-Universität wollen ihre Präsenz erhöhen und natürlich bessere Arbeitsbedingungen.
Gewerkschaftlich aktive Beschäftigte der Humboldt-Universität wollen ihre Präsenz erhöhen und natürlich bessere Arbeitsbedingungen.

Für Gewerkschaften sind Universitäten und Hochschulen ein zumindest herausforderndes Terrain. Für einen Großteil der dort Arbeitenden ist die Anstellung nur eine Zwischenstation. Das gilt weniger für die Verwaltung und den Service, wohl aber für die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und studentischen Hilfskräfte. Der öffentliche Dienst der Länder, zu dem die wissenschaftlichen Lehranstalten zählen, ist darüber hinaus in der Vergangenheit nicht dafür bekannt gewesen, glorreiche Tarifkämpfe geführt zu haben. Es waren eher die Schulen und die Universitätskliniken, die in den Arbeitskämpfen präsent waren.

»Am Streik in der vergangenen Tarifrunde der Länder haben von der HU lediglich 20 Angestellte teilgenommen«, sagt dementsprechend Gewerkschaftssekräterin Julia Dück von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) nach einer gewerkschaftlichen Vollversammlung an der Humboldt-Universität (HU) zu »nd«. Die Versammlung am Mittwochmittag war angesetzt worden, um diesmal einen Zwischenschritt einzulegen, eine eventuelle Streikteilnahme vorzubereiten und damit die Streikbeteiligung der HU insgesamt zu verbessern, sagt Dück.

Vereinzelte Warnstreiks hat es auch schon in dieser Runde gegeben. Es kann davon ausgegangen werden, dass im öffentlichen Dienst der Länder bundesweit auch längere Arbeitskampfmaßnahmen folgen. Zu Oktober war der bis dahin laufende Tarifvertrag (TV-L) gekündigt worden. Seitdem fanden Gespräche zwischen Gewerkschaft und der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) statt, Annäherungen hat es bisher keine gegeben.

Bei einer Vertragslaufzeit von maximal zwölf Monaten fordert die Gewerkschaft für die Beschäftigten ein Lohnplus von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro monatlich. Studentische Beschäftigte sind derzeit aus dem TV-L ausgeschlossen und fordern daher ihrerseits tarifliche Regelungen. Der Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte (TVStud) ist eine Berliner Ausnahme. Eine Klausel im TVStud bindet die Entgelte der studentischen Beschäftigten Berlins seit Juli dieses Jahres an den TV-L, sprich Lohnerhöhungen, die in diesem Rahmen verhandelt werden, übertragen sich auf die studentischen Beschäftigten Berlins.

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Für Mittwoch hatte Verdi explizit Beschäftigte statusübergreifend eingeladen. Im Fritz-Reuter-Saal sind am Mittwoch etwas mehr als 200 der insgesamt 6500 Beschäftigten (ohne Charité) aus ganz unterschiedlichen Bereichen des HU-Betriebs zusammengekommen: Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und studentische Hilfskräfte der verschiedenen Institute, Angestellte der Sekretariate, der Bibliotheken und der technischen Abteilung. Das Gros bilden junge Leute. Es sitzen aber mehr ältere Semester als sonst im Hörsaal, auch ein paar wenige Männer im Blaumann schauen auf der von Verdi organisierten Veranstaltung vorbei.

In Redebeiträgen schildern sie ihren Kolleg*innen Probleme aus ihren Arbeitsalltagen und wie sie diese in Verbindung setzen zu den Tarifforderungen der Gewerkschaft.

Eine Sekretariatsmitarbeiterin sagt, dass durch mehrere Umstrukturierungen Personal eingespart worden sei. Die entstandene Knappheit würde durch die schlechte Bezahlung verstärkt: »Fast täglich laufen uns Kolleg*innen weg zum öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen oder in die Privatwirtschaft.«

Was die Lücke in der Personalverwaltung für Auswirkungen hat, davon berichtet ein studentischer Tutor vom Institut für Romanistik. Er habe drei Monate gearbeitet, ohne entlohnt zu werden. Alle Voraussetzungen für eine Anstellung seien gegeben gewesen, nur der verwaltungstechnische Vorgang hätte sich so lange gezogen.

Weitere Themen sind die hohe Befristungsquote, kurze Vertragszeiten, geringe Stundenkontingente und schlechte Eingruppierungen in die Entgelttabellen.

Eine Professorin vom Institut für Europäische Ethnologie überbringt eine Grußbotschaft von allen zwölf Professor*innen des Instituts. Sie würden sich, auch wenn nicht selbst betroffen vom TV-L, mit dem Anliegen der Gewerkschaft solidarisieren, sagt sie. Auch wenn viele der Anwesenden ganz unterschiedliche Arbeiten verrichten, bringen sie ein gemeinsames Problembewusstsein zum Ausdruck.

Dass die von Verdi aufgestellten Forderungen Mindestforderungen seien, kommt einigen Redebeiträgen zur Sprache. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter vom sozialwissenschaftlichen Institut meint: »10,5 Prozent mehr Lohn sind eigentlich viel zu wenig. Daher müssen wir wenigstens die durchbekommen.« Solche kritischen Bemerkungen sind allerdings die Ausnahme, es geht nicht um die Diskussion der Ziele oder die Erörterung der gewerkschaftlichen Strategie. Die Forderungen seien über eine bundesweite Beschäftigtenbefragung ermittelt worden, an der 80 000 Mitglieder teilgenommen hätten. Die Kolleg*innen schwören sich eher auf die kommenden Wochen ein. Die Gewerkschaft animiert dazu, die Mobilisierung an den einzelnen Standorten voranzutreiben. Es werden Zettel zum Ankreuzen verteilt, wer bei den nächsten wichtigen Terminen dabei ist: Aufbautreffen, Arbeitsstreik und ganz wichtig, unterstreicht Gewerkschaftssekretärin Dück: der zentrale Hochschulaktionstag am 20.11. Mit Unterschriftenlisten sollen die Beschäftigten ihre Kolleg*innen nach ihrer Streikbereitschaft befragen.

Neben dem Versuch, die verschiedenen Statusgruppen zu verbinden, geht es Verdi auch darum, ein bundesweites Bewusstsein zu schaffen. So fand am Dienstag eine ähnliche Versammlung an der Uni Halle mit 400 Teilnehmer*innen statt. Es folgen Jena (10.11.) und Leipzig (14.11.). Jeweilige Videobotschaften sollen eine Staffelstabübergabe symbolisieren.

Die von Verdi erhobenen Forderungen beziehen sich ausschließlich auf die Beschäftigten, deren direkter Arbeitgeber die HU ist. Ausgegliederte Arbeiter*innen, wie die der Reinigung, werden zumindest an diesem Mittwoch nicht erwähnt.

Zwei studentische Beschäftigte des Instituts für Sozialwissenschaften bringen zum Ausdruck, wo es ihrer Meinung nach längerfristig hingehen soll. »Wir müssen über die Tarifrunde hinaus zusammenbleiben. Wir wollen jetzt solidarische Strukturen aufbauen, auch für einen besseren TVStud später. Wir sind bereit, mit euch zu streiken.« Der Saal steht geschlossen auf, als er danach befragt wird, wer im Ernstfall gewillt sei zu streiken.

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