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Berliner Polizei: Tasern mit schlechtem Gewissen
Ist das neue Polizeigesetz verfassungswidrig?
Halten juristische Bedenken das neue Polizeigesetz auf? Die Landesdatenschutzbeauftragte Meike Kamp hält den aktuellen Entwurf des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes für verfassungswidrig. Dies teilte sie den Abgeordneten im Innenausschuss in einem Schreiben mit und wiederholte diese Position auch am Montag bei einer Anhörung im Ausschuss. Sie stört, dass der Gesetzentwurf der schwarz-roten Koalition vorsieht, dass mit den neu eingeführten Bodycams gemachte Aufnahmen in Privaträumen auch für die Strafverfolgung genutzt werden können.
»Dafür braucht es eigentlich einen richterlichen Beschluss«, sagte Kamp am Montag vor dem Innenausschuss. Denn die Videoaufnahmen griffen in die grundgesetzlich geschützte Unverletzbarkeit der Wohnung ein. Der schwarz-rote Gesetzentwurf sieht vor, dass in Wohnungen gemachte Aufnahmen, die zur Strafverfolgung genutzt werden sollen, den Datenschutzstellen in den Behörden zur Freigabe vorgelegt werden sollen. Dies sei aber nicht vergleichbar, heißt es in Kramps Schreiben. Die »gegenseitige Kontrolle« von Exekutive und Judikative werde so unterlaufen. Ein Jurist der Innenverwaltung wies im Ausschuss auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil hin, das die Regelung decke. Kamp widersprach dieser Einschätzung.
Auch der Kriminologe Thomas Feltes kritisierte den gesetzlichen Rahmen für die Bodycams. Sie könnten durchaus einen Beitrag dazu leisten, dass auch Fälle von Polizeigewalt strafrechtlich besser verfolgbar werden. Dafür müsse aber verhindert werden, dass die Beamten die Kameras willkürlich an- und ausschalten. »Man müsste eigentlich den nächsten Schritt gehen und die Kameras immer laufen lassen, wenn körperlicher Zwang eingesetzt werden könnte«, sagte der ehemalige Professor an der Universität Bochum. Dabei solle ein Widerspruch gegen die Aufnahmen möglich sein. »Das würde tatsächlich dazu beitragen, die Rechte der Bürger besser zu schützen.«
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»Wir gehen davon aus, dass die Bodycam deeskalativen Charakter hat«, sagte dagegen der SPD-Innenpolitiker Martin Matz. Er erhofft sich offenbar auch bessere Öffentlichkeit für die Polizei: »Man findet ja dutzende Clips im Internet, die Polizeieinsätze verkürzt zeigen«, sagte Matz. Die kleinen Kameras könnten zur Aufklärung solcher Fälle beitragen.
Eine deeskalative Wirkung erhofft sich die Koalition auch von einer anderen Ergänzung des Polizeiarsenals, die mit dem neuen Polizeigesetz eingeführt werden soll: Taser. Schon die Androhung, das Elektroschockgerät einzusetzen, bewege Täter, mögliche Gewalttaten zweimal zu überdenken, argumentierte Polizeipräsidentin Barbara Slowik.
»Es erschreckt mich, dass die Politik so ignorant gegenüber bekannten Studienergebnissen ist«, entgegnete Kriminologe Feltes. Dabei seien sie erschreckend. »Der Taser kann töten«, sagte Feltes. Sieben Todesfälle habe es nach Taser-Einsätzen in Deutschland bereits gegeben. Bei vielen Menschen gebe es Vorerkrankungen, etwa am Herzen, die zum Kreislaufkollaps führen könnten, wenn sie getasert würden. Zwar sieht der Entwurf für das Polizeigesetz vor, dass bei diesen Personengruppen der Taser nicht eingesetzt werden darf. »Man kann Polizisten nicht zumuten, dass sie von außen erkennen, wessen Gesundheit gefährdet ist«, sagte Feltes. Andere Studien zeigten zudem, dass die Einführung von Tasern nicht dazu führe, dass Schusswaffen seltener eingesetzt werden. »Die Empirie zeigt, dass Taser zusätzlich zu Schusswaffen eingesetzt werden«, so Feltes.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) berief sich dagegen auf die Erfahrungen der Einsatzkräfte. Beim Spezialeinsatzkommando sind Taser bereits seit längerem im Einsatz. »Das ist Wissen, das die Polizisten Tag für Tag erleben«, sagte sie. »Und nicht anekdotische Evidenz.« Die Taser könnten ein Problem lösen, das häufig von Polizisten an sie herangetragen werde: Zwischen dem Schlagstock und der Schusswaffe existiere kein probates Einsatzmittel. »Mir ist es lieber, wenn ein Taser benutzt wird als eine Schusswaffe«, sagte Spranger. Um Notsituationen zu vermeiden, sollen Polizisten ausführlich an den neuen Geräten ausgebildet werden.
Polizeiforscher Feltes stellte das nicht zufrieden. »Der Taser gaukelt Beamten Sicherheit vor«, sagte er. Dabei sei der Einsatz häufig nicht adäquat. Im Umgang mit Menschen in Ausnahmesituationen helfe der Taser häufig wenig. Bei Drogenkonsum oder bei Psychosen sei er besonders gefährlich. »Mittel der Wahl sollte hier die Deeskalation sein«, sagte Feltes. »Das wichtigste Einsatzmittel eines Polizisten ist sein Wort.«
»Prävention ist wichtig, aber die Praxis lehrt uns, dass manchmal Situationen von Anfang an falsch laufen. Und dann muss man wissen, was man machen kann«, sagte der Polizeirechtler Oliver Tölle. Auch Spranger nahm die Polizei gegen Vorwürfe in Schutz. »Wir haben jeden Tag Situationen, wo die Polizei deeskaliert«, sagte sie. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sei die Berliner Polizei in diesem Bereich besonders gut aufgestellt.
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