Lula kommt nicht mit leeren Händen

Bei den deutsch-brasilianischen Konsultationen stehen wirtschaftliche Fragen im Zentrum

Brasiliens linksgerichteter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat am Montag seine offiziellen politischen Gespräche in Berlin begonnen. Am Mittag begrüßte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Gast zu den ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen seit mehr als acht Jahren.

Auf der Agenda standen bilaterale wirtschafts- und finanzpolitische Themen, grüne Transformation und die Themen Energie, Klima, Umweltentwicklung, Ernährung sowie Außen- und Verteidigungspolitik. An dem Treffen nahmen auf beiden Seiten mehrere Minister teil. Die Zusammenkunft ist für Berlin auch wichtig, weil Brasilien am 1. Dezember den Vorsitz der G20-Runde der führenden Wirtschaftsmächte übernommen hat.

Aus brasilianischer Sicht sollen der Dialog und die »strategische Partnerschaft« mit dem viertgrößten und bedeutendsten Handelspartner in Europa gestärkt werden. Vorgesehen war die Unterzeichnung von Vereinbarungen in den Bereichen Landwirtschaft, Wissenschaft und Umwelt. Vor allem sollte der Besuch den Boden für mehr deutsche Investitionen bereiten. In Brasília ist man sich bewusst, dass der führende Industriestaat Deutschland infolge des Ukraine-Krieges und der Sanktionspolitik gegen den Rohstoffriesen Russland ein gestiegenes Interesse an den natürlichen Ressourcen hat, über die das größte Land Südamerikas verfügt.

Nach Berichten brasilianischer Medien wollen Deutschland und Brasilien während der Lula-Visite eine Kooperationsvereinbarung auf dem Gebiet der Energiewirtschaft schließen und ein gemeinsames Komitee gründen, das die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien in beiden Ländern fördert. Für die Zukunft wird dabei auch der Export grünen Wasserstoffs aus Brasilien nach Deutschland ins Auge gefasst. Sieben Prozent der global erzeugten erneuerbaren Energie stammen aus Brasilien. Seine Regierung arbeite intensiv an der Transformation zu sauberer Energie und für die Erhaltung der Biodiverisität in Amazonien, betonte Lula nach seiner Ankunft in Berlin.

Erwartungen auf einen Erfolg der mehr als 20 Jahre laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten dämpfte Brasiliens Präsident bereits im Vorfeld. Auf einer Pressekonferenz am Sonntag auf dem Weltklimagipfel in Dubai sprach Lula von einem möglichen Scheitern des Projekts. Dafür machte er die Haltung Frankreichs verantwortlich. Paris möchte die eigene Landwirtschaft vor der Konkurrenz aus Übersee schützen. Brasilien ist der viertgrößte Agrarproduzent weltweit. Die deutsche Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP hat dagegen vor wenigen Tagen im Bundestag erklärt, zum geplanten Handelsabkommen zu stehen.

Keine Übereinstimmung zwischen Berlin und Brasília herrscht in Bezug auf Israels Vorgehen im Gazastreifen sowie bei der Position zum Ukraine-Krieg und den Wirtschaftssanktionen gegen Russland, wie Brasilien Brics-Staat. Lula setzt sich vehement für Konfliktlösungen auf dem Verhandlungsweg ein.

Im Anschluss an die Regierungskonsultationen wurden deren Teilnehmer in Berlin zum Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftsforum erwartet.

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