Phantom Winter: Die Metal-Nische

Die Doom-Metal-Band Phanton Winter bringt ihr viertes Album »Her Cold Material« raus

  • Benjamin Moldenhauer
  • Lesedauer: 2 Min.
So sieht Doom-Metal aus Würzburg aus
So sieht Doom-Metal aus Würzburg aus

Metal, der nicht auf Volksfeste wie Wacken passt, aber auch keine Anbindung an Avantgarde-Diskurse will – hin und wieder ist er noch zu finden, und dann schallert es meist ganz gewaltig. Es sind gar nicht so viele Bands, die weder Theatrales noch Klischeehaftes, aber auch keinen konzeptuell oder technisch avancierten Avant Rock fabrizieren wollen. Today is the Day zum Beispiel sind seit Jahrzehnten schon in dieser Nische unterwegs, Napalm Death und Godflesh auch. Phantom Winter aus Würzburg, hervorgegangen aus der 2014 aufgelösten Instrumental-Band Omega Massif, befahren dieselbe Region. Was alle genannten Bands verbindet: Ironie und Pathos sind an ein Ende gekommen, stattdessen geht um Risse und Brüche. In vollem Ernst.

Durch die Risse quillt dann alles nach draußen, Wut, Verzweiflung, Weltablehnung. Der Habitus ist lebendig-destruktiv, die Gesten äußerst missmutig. Dementsprechend belastet klingt dann auch »Her Cold Materials«, das vierte Album von Phantom Winter. Die Band hat als Schublade für ihre Musik das Wort »Winterdoom« vorgeschlagen, das passt. Das erste Stück zum Beispiel, »Flamethrowers«. Es beginnt mit Todesglockengeräuschen und walzenden Gitarren, alles angespannt, so als würde einer Gaspedal und Bremse gleichzeitig durchdrücken. Zwei Sänger, der eine kreischt, der andere gibt Tiefgestimmtes von sich, alles klingt nach Winterkälte und Angst, aber immer schön zerstörerisch.

Plattenbau

Die CD der Woche.

Weitere Texte unter:

dasnd.de/plattenbau

»Her Cold Materials« wirkt bereits in seiner Negativität und seinem mies gelaunten Ernst singulär im Genre. Diese Musik steht aber auch in anderer Hinsicht sehr allein. Das Album erzählt eine, Zitat aus der Presseinfo, »Coming-of-Age-Folk-Horror-Tale« über eine unglücklich in die Welt gestellte Teenagerin, die von Stück zu Stück wütender zu werden scheint. Wie bereits der Vorgänger »Into Dark Science« entwickelt »Her Cold Materials« so etwas wie einen feministisch informierten Metal.

Es gibt auf todernsten Metal- und Noise-Alben immer wieder Momente, in denen die Musik etwas malstromförmiges bekommt und einen zugleich niederdrückt und in die Luft wirft. Um beim ersten Beispiel zu bleiben: Kurz bevor »Flamethrowers« die Sechs-Minuten-Marke erreicht, zieht das Stück an, nach einem sehr ruhigen Vorspiel, in dem alle Anlauf nehmen, um dann wenig später abzuheben: Glockengebimmel, Noise, sich überschlagene Stimmen. Einer von vielen Momenten, in denen der Weltekel in Befreiung umschlägt. Depression und der Impuls, durch die Wand zu treten, liegen in der Musik von Phantom Winter sehr nahe beieinander.

Phantom Winter: Her Cold Materials
(This Charming Man/Cargo)

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.