Junge Alternative unter Beobachtung – Später Verdacht

Verfassungsschutz NRW stuft AfD-Jugend als Verdachtsfall ein

In Nordrhein-Westfalen wird die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) vom Verfassungsschutz nun auch als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Dies erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in einer am Dienstagmorgen verschickten Pressemitteilung. Bundesweit und in zahlreichen Bundesländern wird die AfD-Jugend schon länger als Verdachtsfall eingestuft.

Durch die Einstufung erweitert der Verfassungsschutz seine Befugnisse und kann die Parteijugend unter anderem mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Innenminister Reul begründet die Einstufung mit der ideologischen Dominanz rechtsextremer Positionen und personellen Verflechtungen in die sogenannte Neue Rechte. Herbert Reul mahnte gleichzeitig, man müsse sich mit der Jugendorganisation der AfD »politisch auseinandersetzen«. Die politisch Verantwortlichen seien gefragt, »gute Politik für die Menschen in diesem Land« zu machen und diese auch »vernünftig« zu erklären. Man müsse zeigen, dass »der Rechtsstaat für jeden funktioniert«.

Kenner*innen der extremen Rechten in Nordrhein-Westfalen warnen schon lange vor den Netzwerken in der AfD und ihrer Jugendorganisation. Erich Nitsche von der Rechercheplattform IBdoku spricht gegenüber dem »nd« von einem Netzwerk, das von den Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich, Roger Beckamp und dem Landes- und Bundesvize der Jungen Alternative Nils Sören Hartwig angeführt wird. Diese hätten seit mehreren Jahren eine Annäherung zu neurechten Strukturen betrieben. Nitsche erklärt, die Neurechten hätten der Parteijugend »ihren ideologischen Stempel« aufgedrückt und »die weniger völkischen Kräfte« rausgedrängt. Die »neofaschistischen Kreise« hätten sich nach erbitterten, parteiinternen Machtkämpfen die Vorherrschaft in der Partei gesichert. Die Junge Alternative sei das Bindeglied zwischen der außerparlamentarischen und der parlamentarischen Neuen Rechten, erklärt Nitsche.

Ganz ähnlich beurteilt Dominik Schumacher von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Düsseldorf die Rolle der AfD-Jugendorganisation. Sie fungiere als »Schnittstelle zwischen Mutterpartei und offenen Rechtsextremen«, dabei sei sie »Kaderschmiede und Durchlauferhitzer für AfD-Funktionäre«. Eine wichtige Funktion, die sie ausübe, sei die einer »Jobbörse«, so Schumacher. Er berichtet: »Viele JA-Mitglieder konnten sich Mitarbeiterstellen bei Land- und Bundestagsabgeordneten sichern.«

Wie die extrem rechten Führungskräfte der AfD-Jugend interne Probleme lösen, berichtet der WDR. Nils Sören Hartwig, der als Mitbegründer der Identitären Bewegung in Nordrhein-Westfalen gilt, soll unter falschem Namen E-Mails an den Arbeitgeber eines anderen AfD-Mitglieds geschickt haben. Darin soll er seine Parteifreundin als »Impfskeptikerin« und »knallharte Nazisau« bezeichnet haben. Das Schiedsgericht der NRW-AfD hat Hartwig die Mitgliedsrechte entzogen. Laut dem WDR ist ein Parteiausschluss geplant.

Lob für die Einstufung der Jungen Alternative als Verdachtsfall gibt es von Nordrhein-Westfalens größter Oppositionspartei der SPD. Deren Generalsekretär Frederick Cordes erklärte, die AfD-Jugend stehe nicht auf dem Boden der Verfassung. Sie wolle das System aushöhlen. Der Verfassungsschutz und Innenminister Reul sollten die »Wehrhaftigkeit« stärken. Auf die SPD könnten sie sich dabei verlassen, so Cordes. Sie werde in den Parlamenten und auf der Straße »ihre historische Rolle als Schutzmacht der Demokratie jederzeit annehmen«.

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