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Berlin Volleys gegen Ankara: Keine Angst mehr vor den Superstars

Der deutsche Volleyballmeister besiegt türkisches Spitzenteam in der Champions League 3:0 und träumt schon vom Halbfinale

Timothee Carle (2.v.l.) ließ sich am Mittwoch auch von Ankaras Starteam um seinen Landsmann Earvin N’Gapeth (l.) nicht aufhalten.
Timothee Carle (2.v.l.) ließ sich am Mittwoch auch von Ankaras Starteam um seinen Landsmann Earvin N’Gapeth (l.) nicht aufhalten.

Timothee Carle lief lieber gleich zum Beginn seines üblichen Aufwärmprogramms mal schnell auf die andere Spielfeldseite, um seinem Kumpel aus der französischen Nationalmannschaft »Salut!« zu sagen. Earvin N’Gapeth ist nicht nur Olympiasieger und einer der aufregendsten Volleyballer des vergangenen Jahrzehnts, er war am Mittwochabend auch mit Halkbank Ankara, einem der am besten besetzten Vereinsteams, zu Gast bei Carles Berlin Volleys. Es war die Gelegenheit für den 28-jährigen Berliner Außenangreifer, seinem vier Jahre älteren Landsmann zu zeigen, dass auch in der deutschen Hauptstadt längst europäischer Spitzenvolleyball gespielt wird. Das dürfe, so Carle, aber nicht im Vordergrund des eigenen Handelns stehen. »Er ist so ein großartiger Spieler, da darf man nicht in Ehrfurcht verfallen«, sagte er »nd«. Daher vermied er nach der Begrüßung bis zum letzten Ballwechsel möglichst jeden Blickkontakt mit N’Gapeth.

Die Taktik ging auf. Nach nicht einmal zwei Stunden hatten die Volleys dem Starensemble aus der Türkei mit 3:0 (25:22, 25:23, 25:22) die erste Niederlage der diesjährigen Saison in der Champions League beschert. Natürlich war dazu mehr nötig, als dem Gegner nicht in die Augen zu schauen. Dennoch zeigte diese Kleinigkeit den Fokus, den der deutsche Meister auf die Partie gelegt hatte. Den Volleys war nicht nur die schwerste Vorrundengruppe zugelost worden, sie hatten zuletzt auch in Ankara und Piacenza knappe Niederlagen einstecken müssen. Nun musste ein Sieg her, um die Chance aufs Weiterkommen zu wahren. Und dazu war zunächst die eigene Fehlerquote zu senken. Jede Ablenkung war also zu vermeiden – auch das Anhimmeln der eigenen Idole.

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Tatsächlich gelang den Berlinern an diesem Abend vor der Saison-Rekordkulisse von 6567 Fans in der Max-Schmeling-Halle ein fast perfektes Spiel. Mit nur wenigen Ausnahmen entschärfte die Abwehrreihe um Carle die harten Aufschläge von N’Gapeth und dem niederländischen Star Nimir Abdel-Aziz. Gleichzeitig erzeugten vor allem die deutschen Nationalspieler Ruben Schott und Johannes Tille im Berliner Aufschlag genügend Druck, um das kraftvolle und variable Angriffsspiel der Türken zumindest unter Kontrolle zu halten.

»Wir haben unglaublich stark angenommen. Dabei haben wir gegen einige der besten Aufschläger der Welt gespielt«, freute sich Berlins neuer Trainer Joel Banks später. Das sei zwar auch schon bei der knappen 2:3-Niederlage in der Türkei gelungen, aber »der Unterschied heute war, dass wir in den wichtigen Momenten klüger agiert haben. Wir haben weniger Fehler gemacht und taktisch sehr intelligent gespielt.«

Im Anschluss an die zweite Niederlage in Piacenza vor einer Woche habe man sich viel Zeit zum Nachdenken und Diskutieren genommen, fügte Carle hinzu: »Wir haben unsere Fehler im Aufschlag und in der Annahme angesprochen, denn wir wissen, dass wir so keine Chance haben.« Trotzdem müsse man in der Champions League stets mit hohem Risiko agieren, sonst werde man an die Wand gespielt. »Heute haben wir das in den richtigen Momenten eingesetzt, manchmal aber auch auf Variabilität gesetzt. Ich bin wirklich froh, dass wir da heute ein anderes Gesicht zeigen konnten«, so der Franzose. »Wir haben einen kühlen Kopf bewahrt. Und das ist gar nicht so einfach, wenn man sieht, wer alles auf der anderen Seite des Netzes steht.«

Insofern war dieser klare Sieg der beste Nachweis für einen erfolgreich durchlaufenen Reifeprozess der BR Volleys. Seit fast einem Jahrzent ist in der Königsklasse stets in der Gruppenphase oder spätestens im Viertelfinale Endstation. Dieses Jahr soll es endlich mit der Teilnahme am Final Four klappen, doch dazu müssen eben auch die großen Teams mit den Weltmeistern und Olympiasiegern in den Kadern bezwungen werden. Und glaubt man Berlins Kapitän Schott, ist der Glaube an die eigene Stärke dabei der ausschlaggebende Punkt: »Wenn man nicht dran glaubt, dann wird es nichts. Die knappe Niederlage in Ankara hatte uns Selbstvertrauen gegeben. Das war für den Kopf ganz wichtig zu sehen, dass wir sie schlagen können.«

Speziell Schott und Zuspieler Tille, der das Spiel der Volleys erneut so stark führte, dass er zum besten Akteur der Partie gwählt wurde, hatten im Sommer viel von diesem Selbstvertrauen tanken können. Beide standen in der Stammformation von Bundestrainer Michał Winiarski, als bei der erfolgeichen Olympiaqualifikation die Sensation gegen Weltmeister Italien und Gastgeber Brasilien gelang. Wenige Tage danach sprach Schott schon davon, dass er auch mit seinem Heimatklub international Erfolge feiern will. Auch Carle beschlich »das Gefühl, dass wir jedes Jahr besser werden. Wir müssen jetzt einfach immer daran glauben, dass wir solche Siege auch verdienen, dass sie kein Zufall sind. Das Ziel ist es, in der Champions League diese Saison ein Statement zu setzen.«

Genauso spielten die Berliner am Mittwoch. Anstatt Ausnahmekönner wie N’Gapeth zu umgehen, wurde der Franzose immer wieder mit harten Aufschlägen unter Druck gesetzt. Und fehlende Schlaghärte wurde mit klugen Legern hinter den türkischen Block wettgemacht. Wenn dann Abdel-Aziz doch mal ein paar krachende Aufschläge zwischen die Berliner Abwehrspieler hämmerte, fanden diese schnell neue Lösungen, bevor Ankara zu weit davonziehen konnte.

»Ich weiß nicht, ob wir weiter kommen als in den vergangenen Jahren. Dafür müssen wir ja erst mal diese Hammergruppe überstehen«, wagte Trainer Banks trotzdem noch nicht zu weit ins kommende Frühjahr zu blicken. Dennoch ist auch ihm eine Entwicklung seines Teams verborgen geblieben. »Wir konnten endlich mal vier Tage am Stück trainieren.« Zum Glück seien auch einige Spieler wieder gesund, sodass im Training wieder zwei komplette Teams gegeneinander antreten können. »Das machte heute einen Unterschied«, meinte der Engländer, der nun genau darauf achten will, dass das Lazarett leer bleibt. Diese Saison ist so voll gepackt, dass man »den Spielern auch genügend Zeit zum Regenerieren geben muss. Das ist mental und physisch ein Drahtseilakt.«

Nach dem letzten vorweihnachtlichen Bundesligaspiel des deutschen Meisters am Samstag beim ersten Verfolger Lüneburg kann Banks seiner Mannschaft trotzdem nur drei Tage freigeben, weil am 30. Dezember schon die nächste Partie gegen den letztjährigen Halbfinalisten Düren ansteht.

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