Klimaaktivismus: Niederlagen, Repression und Debatten

2023 war kein gutes Jahr für die Klimagerechtigkeitsbewegung

Tausende haben Anfang 2023 in Lützerath gegen den Kohleabbau protestiert.
Tausende haben Anfang 2023 in Lützerath gegen den Kohleabbau protestiert.

Januar 2023, Deutschland blickt gebannt auf Lützerath. Ein winziges Dörfchen direkt am Braunkohletagebau Garzweiler. Lützerath ist besetzt. Hunderte Aktivist*innen leben in den verbliebenen Häusern, auf Bäumen, in Scheunen und Hütten. Tausende demonstrieren immer wieder für den Erhalt des Dorfes und ein Ende des Kohleabbaus. Der anstehende Räumungseinsatz wird medial zur Schlacht stilisiert. Und dann geht alles ganz schnell. In wenigen Tagen ist Lützerath geräumt, und in Erinnerung bleiben nur zwei Anarchisten, die in einem Tunnel unter Lützerath ausgeharrt haben, und ein als Mönch verkleideter Demonstrant, der es geschafft hat, ein paar Polizist*innen in den Schlamm zu schubsen.

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Das Jahr ging nicht besser für die gesamte Klimagerechtigkeitsbewegung weiter. Mitglieder der Letzten Generation mussten zahlreiche Hausdurchsuchungen erdulden. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen sie wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Spenden wurden beschlagnahmt. Auch die öffentliche Aufmerksamkeit für die Aktionen der Letzten Generation ist deutlich zurückgegangen. Der »Sommerplan« mit Aktionen gegen Superreiche sorgte nur kurz für Debatten. Heute schaffen es Blockaden und Farbaktionen der Gruppe kaum noch, überregional Beachtung zu finden. Weitermachen will die Letzte Generation im kommenden Jahr trotzdem.

Auf weniger Resonanz als in früheren Jahren stießen auch andere Akteur*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung. Das aus der Anti-Kohle-Bewegung bekannte Bündnis Ende Gelände konzentrierte sich in diesem Jahr auf die Gasförderung und da insbesondere auf das LNG-Terminal vor Rügen. Im September beteiligten sich bis zu 500 Menschen an Aktionen des zivilen Ungehorsams. Eine breite Debatte über die Nutzung fossiler Brennstoffe konnte das Bündnis aber nicht entfachen. Bei Protesten gegen die Automesse IAA in München gelang es Klimaaktivist*innen ebenso wenig zu stören oder die Debatte in Richtung Verkehrs- und nicht Antriebswende zu rücken.

Auch für Fridays for Future lief 2023 nicht gut. Zum globalen Klimastreik im September konnten zwar Zehntausende mobilisiert werden. Aber Fridays for Future gelingt es nur noch selten, wirklich Druck auf die politischen Entscheider*innen aufzubauen. Die Debatte über Fridays for Future wurde in den vergangenen Monaten von einem ganz anderen Thema geprägt. Greta Thunberg, die mit ihrem Schulstreik den Impuls für Fridays for Future gegeben hatte, äußerte sich nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel wiederholt antiisraelisch. Eine Antisemitismus-Debatte rund um Thunberg und Fridays for Future entstand. Luisa Neubauer, das bekannteste Gesicht der Bewegung in Deutschland, distanzierte sich von Thunberg und erklärte, sie sei »enttäuscht«. Von einem Social-Media-Account, der als internationales Sprachrohr von Fridays for Future gilt, distanzierte sich der deutsche Ableger ebenfalls. Der Grund auch hier: die antiisraelische Positionierung im Nahost-Konflikt.

Von Kritik verschont blieb Fridays for Future Deutschland allerdings auch nicht. Mehrere Aktivist*innen reisten im vergangenen Monat zur UN-Klimakonferenz in Dubai. Sie protestierten dort und führten Gespräche mit Politiker*innen. Ein Video, in dem Luisa Neubauer sich erfreut über die Rede von Olaf Scholz zeigte und diese als »wichtigen Moment« auf dem Weg zum Ausstieg aus fossilen Energien bezeichnete, wurde als »Greenwashing« bezeichnet. Fridays for Future wird zunehmend dafür kritisiert, die herrschende Politik mitgestalten zu wollen und kosmetische Erfolge zu überhöhen.

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