- Kultur
- Jahresbeste
Barbie des Jahres: König Charles III.
2023 lebe hoch! Was war gut, was war schlecht? Das nd-Feuilleton schaut zurück
Bahareh Ebrahimi
- Barbie des Jahres:
Sandra Hüller
- Wärmepumpe des Jahres:
Dem Frühling entgegenzufahren
- Bester Film:
Bester Fantasy-Film: »Poor Things« von Giorgos Lanthimos
Bester Liebesfilm: »Past Lives« von Celine Song
Bester Dokumentarfilm: »Smoke Sauna Sisterhood« von Anna Hints
Bester Film zum Weinen: »Radical« von Christopher Zalla
Schönster Film: »Perfect Days« von Wim Wenders
- Bestes Buch:
»Noch wach?« von Benjamin von Stuckrad-Barre
- Beste Serie:
Eine schlimmer als die andere
- Bestes Theaterstück:
Red-Carpet des Cannes-Filmfestivals
- Schönste Sache:
Ohne Wecker aufzuwachen
- Bester Aufstehtrick:
Pressevorführung
- Dümmstes Wort:
Prüfung
Larissa Kunert
- Barbie des Jahres:
Das Konzept der »Sozialen Marktwirtschaft« – auch hier handelt es sich um ein unerreichbares Ideal.
- Wärmepumpe des Jahres:
Yves Tumor mit dem Album »Praise A Lord Who Chews But Which Does Not Consume; (Or Simply, Hot Between Worlds)«
- Bester Film:
Nicht viele neue Filme gesehen, aber »Letzter Abend«, ein deutscher Debütfilm, war sehr unterhaltsam.
- Bestes Buch:
Wiedergelesen: »Roman eines Schicksallosen« (1975) von Imre Kertész
- Beste Serie:
Unsere nd-Kolumnen »Talke Talks«, »Ezzes von Estis« und »Spaß und Verantwortung«
- Schönste Sache:
Die Nebensache
- Bester Aufstehtrick:
Verliebtsein
- Dümmstes Wort:
»Body Count« – dieser militärisch klingende Begriff bezeichnet in manchen (Online-)Kreisen die Anzahl der bisherigen Sexualpartner.
Christof Meueler
- Barbie des Jahres:
König Charles III.
- Wärmepumpe des Jahres:
Kaffee, der schmeckt
- Bester Film:
»Der Killer« von David Fincher: Ein streng durchkomponiertes Verbrecherleben, das nicht enden muss – mit den Liedern von The Smiths.
- Bestes Buch:
Benjamin von Stuckrad-Barre: »Noch wach?« Karrierismus, Sexismus, Bildzeitungismus – beste Analyse des Springer-Konzerns seit Günter Wallraff.
- Beste Serie:
»The Last Socialist Artefact« auf Arte: Was vom linken Jugoslawien übrig blieb – kurzes Glück und lange Einstellungen.
- Schönste Sache:
Und auch die schlimmste: Ein entscheidendes Tor in der Nachspielzeit.
- Bester Aufstehtrick:
Kein Alkohol
- Dümmstes Wort:
»Alles gut«
Christin Odoj
- Barbie des Jahres:
Sahra Wagenknecht
- Wärmepumpe des Jahres:
Kurze Daunenjacken
- Bester Film:
A. V. Rockwells »A Thousand and One« ist eine sehr schlau montierte Hommage an die Hip-Hop-Kultur New Yorks der 80er Jahre, eine bewegende Mutter-Sohn-Geschichte und eine Anklage gegen das herrschende Schweinesystem.
- Bestes Buch:
Tess Gunty: »Der Kaninchenstall«. Schon die Entstehungsgeschichte des Buches ist auf eine abschreckende Art faszinierend. Während die Danksagungen so klingen, als habe Gunty nicht ein Buch geschrieben, sondern für Olympia trainiert, ist die Sprache dieses Debüts tatsächlich bis zur Perfektion geformt (die neue David Foster Wallace!!!). Von ihr, von ihren Dozenten, ihrem Lektürekurs, ihren Freunden, Gruppenchats. Gunty macht transparent, wie heute Bestseller gezüchtet werden. Das ist vielleicht verwerflich, läuft (nicht nur in den USA) aber seit Jahrzehnten so; nur wurde das Produkthafte an Literatur selten so zur Schau gestellt. Wenn am Ende »Der Kaninchenstall« dabei rauskommt, kann sich das Walser-Feuilleton gerne aufregen, ein Superbuch ist es trotzdem.
- Beste Serie:
Da es ausgeschlossen ist, noch Serien zu schauen, in denen Gewalt an Frauen für die Quote voyeuristisch überästhetisiert wird, kommen etwa 70 Prozent der Serien nicht infrage (z. B. der Hype des Jahres »Liebes Kind«). Dann lieber etwas total Harmloses, das aber die kollektive Erinnerung von uns Kindern der 90er Jahre bauchmiezelt wie die Dokuserie »Beckham«. Wie Becks und Victoria am Ende zu »Islands in the Stream« von Dolly Parton & Kenny Rogers tanzen, stellt jedes Katzenvideo in den Schatten.
- Schönste Sache:
Pizza im Park
- Bester Aufstehtrick:
Adventskalender für Vierjährige
- Dümmstes Wort:
Kriegstüchtig
Vincent Sauer
- Barbie des Jahres:
Rainald Goetz gerann zum Label, macht sich als Star gern rar. Das heißt, keiner sagt mehr Nein, wenn er Text abzugeben hat; dabei ist seine letzte Textfläche namens »Baracke« ein Haufen Notizen über Deutschland, das Böse und die Welt, wo Kontur durch Widerspruch wichtig gewesen wäre – ich war nach der Premiere im DT niedergeschlagen, auch sein Auftritt als Lecture-Action-Figur, die alles erklärt, ändert daran nichts.
- Wärmepumpe des Jahres:
Der Track »Generationen« aus dem Album »Curriculum Vitae« von CCCVVV
- Bester Film:
»Sisi & Ich« von Frauke Finsterwalder. Ohne Karlheinz Böhm, dafür mit der formidablen Sandra Hüller als der Kaiserin rechte Hand, dank der Kostümkino mit altem Adel auch heute bestes gesellschaftskritisches Kino sein kann (und natürlich noch viel mehr).
- Bestes Buch:
»The Shards« von Bret Easton Ellis: Autofiktion ist vertuschter Mord in einer dunklen Traumfabrik im Sonnenschein, 900 Seiten pausenlos geil.
- Beste Serie:
»Bodies« auf Netflix, weil ausgeklügelt und spannend erzählt wird, wie immer wieder dieselbe Leiche über die Jahrhunderte von Außenseitern aufgefunden wird, die schließlich eine intergenerationelle Verschwörung von unten planen.
- Bestes Theaterstück:
Lief schon 2022, aber ich war dieses Jahr nach keinem Theaterabend so enthusiasmiert wie nach Frank Castorfs »Fabian« am Berliner Ensemble.
- Schönste Sache:
Kleine Notizbücher von Muji
- Bester Aufstehtrick:
Die Anwesenheit der Sonne, lässt sich leider nicht beeinflussen.
- Dümmstes Wort:
Die Verwendung des Hilfsverbs »dürfen« für schlecht bezahlte Dienstleistungen im Kulturbetrieb (sei’s schreiben, moderieren oder sonst was), das macht mich immer wütend.
Karlen Vesper
- Barbie des Jahres:
Annalena Baerbock. Allerdings gibt es auf dem Parkett der Diplomatie keine Niedlichkeitspunkte.
- Wärmepumpe des Jahres:
Wärmepumpe? Wer braucht denn so was? Wasserpumpen waren der Hit nicht nur in diesem Jahr. Großer Shit: Der Himmel schüttet sich aus und uns zu. Oder, um es lyrisch zu fassen, frei nach Eric Clapton: »It’s raining tears from heaven«.
- Bester Film:
Da habe ich einen Filmriss.
- Bestes Buch:
»Mildred«, »Times«-Bestseller von Rebecca Donner über die tapfere, von den Nazis ermordete US-amerikanische Frau des deutschen Widerstandskämpfers Arvid Harnack, sowie »Agent Sonja« des Briten Ben Macintyre über Ursula Kuczynski alias Ruth Werner. Und »Sabo« vom Berliner Historiker Ronald Friedmann über das kurze Leben der Elise Ewert, eine deutsche Kommunistin an der Seite des legendären brasilianischen Revolutionärs Luís Carlos Prestes.
- Beste Serie:
Der reale Irrsinn der Politik: In Endlosschleife Aberwitz und Grusel, Unvernunft und Inkompetenz. Mit wechselnden Darstellern.
- Schönste Sache:
Zufriedenheit der Leser mit dieser Zeitung
- Bester Aufstehtrick:
Das Motto »Carpe diem« (Pflücke den Tag) des antiken Dichters Horaz. Und die Weisheit des russischen Schriftstellers Nikolai A. Ostrowski (»Wie der Stahl gehärtet wurde«): »Das Wertvollste, was der Mensch besitzt, ist das Leben. Es wird ihm nur ein einziges Mal gegeben.« Man sollte es leben.
- Dümmstes Wort:
Schuldenbremse. Wessen Schulden werden da gebremst? Oder anders gefragt: Wem werden die Schulden aufgebrummt, damit »Vater Staat« sich als schuldenfrei brüsten kann?
Erik Zielke
- Barbie des Jahres:
Nach außen strahlend, aber innen hohl: Wertegeleitete Außenpolitik à la BRD
- Wärmepumpe des Jahres:
Fehlstart mit Ansage: Die Kurzzeitkollektivleitung des Berliner Theatertreffens
- Bester Film:
Gegen den Novitätenfimmel: Jean-Luc Godards »Die Chinesin« (1967)
- Bestes Buch:
Nach langem Warten: »Unsere Hoffnung heute ist die Krise« – Bertolt Brechts Interviews 1926–1956
- Beste Serie:
Gegen den Krieg: »XCI | XCIX« – eine Serie von Zeichnungen des Berliner Künstlers Johannes Weilandt. (www.johannesweilandt.de)
- Schönste Sache:
Neue Erfahrung: Abenteuer Familie
- Bester Aufstehtrick:
Ein Klassiker: Kaffee, ohne Milch, ohne Zucker
- Dümmstes Wort:
Noch ein Klassiker: »Schwarze Null«
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