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Sampler auf Kassette: Die Kassettenjahre
Anfang der 80er Jahre begannen Mini-Labels, Musik auf Kassetten herauszubringen. Die sind heute Kult.
Alle sollen alles machen können. Anfang der Achtzigerjahre wurden Kassetten für eine kurze Zeit zum ersten Medium, um Musik, deren Hörer*innenkreise erwartbar begrenzt seien würden, in die Welt zu bringen. Minilabels vertrieben Tapes mit dem, was man später dann, im weitesten Sinne, Postpunk nennen sollte. Im Falle der Tape-Labels hierzulande waren das dann vor allem, aber nicht nur, Geräuschmusik und krautige Elektronik, fabriziert mittels Synthies und Bandschleifen.
Das Label Bureau B betreibt seit 2005 Archivarbeit auf verschiedenen Baustellen und zieht Vergessenes und Vergriffenes wieder an die Oberfläche, Krautrock und frühe Elektronische Musik aus Deutschland in erster Linie. Auf dem Sampler »Klar 80! Ein Kassetten-Label Aus Düsseldorf« ist eine kurze Episode Tape-Musik dokumentiert, die das Wesentliche, was die Dilettanten-Avantgarde dieser Zeit ausmacht, enthält.
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Das »Klar! 80«-Label veröffentlichte, von einer Vinyl-Box abgesehen, ausschließlich Kassetten. Alles Sammlerstücke inzwischen, die Tapes hat nicht mal mehr der Label-Betreiber Rainer Rabowski vollständig bei sich rumliegen. Der Düsseldorfer Musiker und Fotograf Stefan Schneider (einst bei den Bands Kreidler und To Rococo Rot) hat dreizehn Stücke von Tapes aus privaten Sammlungen zusammengesammelt, die das Spektrum des Labels abbilden. »Klar 80!« beginnt mit einem Loop von Strafe für Rebellion, der quasi die Möglichkeiten des Mediums zeigt. Roter Stern Belgrad, ein Projekt von Label-Betreiber Rabowski, sind als einzige mit mehreren Stücken vertreten, nämlich mit drei. Sie reichen von verspultem Elektro (»Ta Ku Sey«) über indifferentes Gedengel (»alpha waves«) bis hin zu sehr hübschem Lo-Fi-Proto-Gabber (»Blas dein Knie ein«), der, wenn er fett produziert wäre, martialisch klingen könnte, so aber sehr niedlich daherkommt.
Das Stück »Ralph & Ernie« des gleichnamigen Projekts von Ernie Müller und Ralf Eikenroth, die jenseits von »Klar 80!« musikalisch nicht in Erscheinung getreten sind, repräsentiert die Verbindung hin zu Industrial und Geräuschmusik. Die beiden heute noch bekanntesten Musiker, die hier wirken, sind Xaõ Seffcheque und Alexander Von Borsig, der bis heute als Alexander Hacke bei den Einstürzenden Neubauten spielt. Das Stück »Mir fehlen die Worte« von Xaõ Seffcheque & Der Rest nimmt den repetitiven Minimalismus von Neu! auf und legt Geräusche, Hallstimme und ein ziemlich gut gespieltes Saxofonsolo drüber. »Taktlose Klapperschlangen« von Hackes Projekt Blässe ist ein schöner Kellerjam. Alle hauen auf irgendwas rum und es entsteht was.
Das ist dann auch sozusagen das ästhetische Prinzip, dem die Musik auf dem »Klar 80!«-Sampler folgt. Produktion und Vertrieb sind maximal niedrigschwellig, alle können mitmachen. Pop, Avantgarde, Postpunk, für alle offen (zumindest für alle, die Teil der entsprechenden und vielleicht auf andere Weise nicht ohne Weiteres zugänglichen Szene waren). Die Musik ist heute zum einen natürlich pophistorisch interessant. Zum anderen sind der freie Zugang und die mit ihm verbundene Lust am Rumexperimentieren immer noch zu hören, nicht nur abstrakt rekonstruierbar, sondern unmittelbar.
Die CD der Woche. Weitere Texte unter dasnd.de/plattenbau
Klar! 80 – Ein Kassetten-Label aus Düsseldorf (Bureau B/Indigo)
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