Proteste der Bauern: Pixelpatrioten im Bauernaufstand

AfD, Neonazis und Prepper hoffen auf »Generalstreik« und Revolte gegen die Regierung

Auf Instagram gibt es einen Nutzer, der sich »Pixelpatriot 18« nennt. Die 18 ist in der Neonaziszene ein Code für Adolf Hitler. Entsprechend darf man sich die Bilder vorstellen, die der Pixelpatriot im 1990er Computerspiel-Stil präsentiert. Eine seiner neuesten Schöpfungen verkündet mit einem pixeligen Brandenburger Tor den Beginn des Bauernaufstands.

Der Pixelpatriot ist nur einer von zahlreichen Rechten, die im Netz vom beginnenden Aufstand fantasieren. Auf Bluesky (einer Twitter ähnlichen Plattform) hat ein Nutzer kuriosere Aufrufe zum Protest an diesem Montag gesammelt. Gamer, Tuner, Pferdemenschen und Biker werden animiert zu zeigen, »dass wir uns das nicht gefallen lassen«. So skurril die Grafiken sind: Die Gefahr, dass extrem rechte Gruppierungen den Bauernprotest ausnutzen, ist real.

Seit kurz vor Weihnachten die Pläne der Regierung zur Streichung der Agrardieselsteuerermäßigung und der KfZ-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge bekannt wurden, protestieren überall im Land Bauern mit ihren Traktoren. Und sie halten an ihrer Protestwoche fest, obwohl die Bundesregierung inzwischen einen Teil ihres Vorhabens zurückgenommen hat.

Neben großen Demonstrationen gab es schon zahlreiche kleinere Aktionen wie das Abladen von Misthaufen vor Büros von FDP und Grünen und langsam fahrende Traktoren auf Autobahnen. Mancherorts waren auch schon Galgen zu sehen, an denen Ampeln hingen, und es gab Zwischenfälle bei den Protesten. Im nordrhein-westfälischen Siegen etwa versuchte ein 23-Jähriger, mit seinem Traktor eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Ein Polizist wurde dabei verletzt.

In der extremen Rechten ist man entzückt: Martin Sellner, prominenter Vertreter der Identitären Bewegung aus Österreich, freut sich über das »schwere Gerät«, das die Bauern für »distruptiven« Protest zur Verfügung haben. Es handele sich um »organischen, reflexartigen Widerstand«, an dem sich Rechte beteiligen müssten, sagte Sellner in einem Podcast. Dies gäbe die Möglichkeit, der Stärke der AfD eine effektive Straßenbewegung hinzuzufügen. Es sei vielleicht nicht allen Bauern bewusst, aber ihre Traktoren würden »gegen Globalismus und Great Reset« anfahren.

Bestätigung für solche Thesen liefert die neurechte Naturschutzseite »Die Kehre« aus dem politischen Vorfeld des völkisch-identitären Teils der AfD. Dort berichtet ein junger Landwirt, wie er unter der Politik der Ampel leide und wie sehr ihn die offizielle Distanzierung des Bauernverbands von »extremistischen Randgruppen« ärgere. Die »feinen Herren« verstünden den »Ernst der Lage« nicht, es gehe ihnen wohl nur darum, bei der Regierung gut dazustehen. Er selbst werde kommen: »Mit mir eine schwarze Fahne mit weißem Pflug und rotem Schwert.« Das Symbol der Landvolkbewegung, die in den späten 1920er Jahren Sprengstoffanschläge auf Finanzämter und andere staatliche Einrichtungen verübte. Viele ihrer Anhänger unterstützten die NSDAP von Adolf Hitler.

Nicht nur das politische Umfeld der AfD ruft zur Beteiligung an den Protesten auf, sondern auch die Partei selbst. Vom Kreisverband bis zur Bundesspitze gibt man sich solidarisch mit den Bauern. Diese dürften nicht für das »Versagen der Ampel-Regierung« bezahlen, heißt es etwa vom Bundestagsabgeordneten Stephan Protschka. Zu genau sollten Landwirte, die sich über die Unterstützung der AfD freuen, allerdings nicht hinschauen. Im Europawahlprogramm spricht sich diese für mehr Wettbewerb und weniger Subventionen für die Landwirtschaft aus.

Andere wittern das große Geschäft. Rechtsoffene Youtuber, die sich mit »Prepping« beschäftigen, also dem Anlegen von Vorräten und anderen Maßnahmen zur Vorbereitung auf Katastrophen und Ausnahmezustände, malen wegen der Proteste von Bauern, Güterverband und dem wahrscheinlichen Lokführerstreik ein Horrorszenario vom Ausfall der Versorgung an die Wand. Dagegen helfe der schnelle Einkauf im hauseigenen Onlineshop.

Der braunen Suppe, die sich da zusammenbraut, setzen Verbandsvertreter Erklärungen entgegen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr distanziert sich »deutlich« von »einem möglichen Generalstreik«. Und beim Bauernverband wendet man sich gegen »Umsturzfantasien« und mahnt, beim Protestieren friedlich zu bleiben. Daran halten werden sich nicht alle. Die unterschiedlichen Akteure der extremen Rechten werden versuchen, den Protest auszunutzen. Ihnen geht es dabei nicht um die Forderungen von Bauern oder Lokführern, sondern darum, die Stimmung gegen die Ampel weiter anzuheizen. Historische Vorbilder wie die Landvolkbewegung machen ihnen Mut, dass das funktionieren könnte.

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