Engelhorn: Die Klassenverräterin

Marlene Engelhorn will ihr Millionenerbe umverteilen

Nach Karl Marx handeln wir im Kapitalismus als Charaktermasken – das heißt im Interesse der Schicht oder Klasse, der wir angehören. Zweifellos eine zutreffendes Theorem, und doch gibt es immer mal wieder Personen, die völlig aus ihrer Rolle fallen. Eine ist die 1992 geborene deutsch-österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn. Am Dienstag gab die Nachfahrin von Friedrich Engelhorn (1821-1902), Gründer der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik AG (BASF), auf einer Pressekonferenz bekannt, dass sie 25 Millionen Euro – den größten Teil ihres Vermögens – der österreichischen Allgemeinheit zur Verfügung stellen will. Denn dass sie so viel Geld und damit auch Macht geerbt hat, ohne etwas dafür zu tun, empfindet Engelhorn als ungerecht. Von Mäzenatentum und Charity-Arbeit, mit denen sich Reiche gerne ein altruistisches Image verleihen, hält die Germanistikstudentin nichts, stattdessen setzt sie sich lieber in der von ihr mitgegründeten Initiative »taxmenow« für Steuergerechtigkeit ein.

Schon 2021 forderte Engelhorn angesichts des beim Tod ihrer Großmutter zu erwartenden Erbes im »Standard«: »Besteuert mich endlich! Wenn’s bis [zum Erhalt meines Erbes] keine Erbschafts- oder Vermögenssteuer gibt, mache ich mir halt selber eine.« 2022 erbte Engelhorn, nun setzt sie ihr Vorhaben gewissermaßen in die Tat um: Auf ihren Auftrag hin soll mithilfe des sozialwissenschaftlichen Foresight-Instituts ein in Österreich demografisch repräsentierender Bürgerrat gebildet werden, der dann darüber entscheiden soll, was mit den Millionen passiert. Einzige Bedingung Engelhorns: Das Geld darf nicht zu verfassungswidrigen, lebensfeindlichen, menschenverachtenden oder profitorientierten Zwecken verwendet werden. Solche Klassenverräterinnen wünscht man sich.

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