Warum können wir nicht räumlich riechen?

Die Augen und die Ohren funktionieren mehrdimensional. Und die Nase?

  • Wolfgang Hübner und Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.

Derzeit erleben wir eine Erkältungs- und Grippewelle, auch Corona-Infektionen nehmen zu. Manche Betroffene verlieren zeitweise den Geruchssinn. Warum?

Weil bei vielen Atemwegserkrankungen die Nasenschleimhaut infiziert wird. Dort machen sich Viren breit, die stören auch die Geruchswahrnehmung oben in der Nase.

Dabei ist oft auch der Geschmackssinn weg, gerade bei Corona.

Gar nichts schmecken wird wohl nicht ganz zutreffen. Wenn wir schmecken sagen, meinen wir eine Mischung aus Schmecken und Riechen. Mit der Zunge nehmen wir im Groben fünf Grundrichtungen wahr: süß, sauer, salzig, bitter und umami, das geht in Richtung Eiweiß. Bei bitter gibt es eine größere Abstufung, weswegen wir auch bittere Sachen toll finden können – siehe Kaffee und manche Schokoladen. Obwohl bitter evolutionär bei uns als Signal für giftig angelegt ist. Alle weiteren Feinheiten finden im Zusammenspiel mit der Nase statt. Zum Beispiel, wenn Leute Wein verkosten.

Wie arbeiten Nase und Zunge zusammen?

Sie sind im Luftraum des Rachens miteinander verbunden. Was wir essen und trinken, wird im Mund erwärmt, einige flüchtige Stoffe steigen bis zu den Riechzellen auf. Wenn die gerade nicht richtig funktionieren, dann erscheint alles fad.

Deshalb gibt es einen gemeinsamen Facharzt für Nase und Rachen, den HNO-Arzt. Aber wie kommen die Ohren dazu?

Die Ohren sind mit dem Nase-Rachen-Bereich verbunden. Das merkst du, wenn du aus großer Höhe schnell wieder runterkommst – das Druckausgleichproblem. Wenn man gähnt, ist der Druckausgleich wieder da.

Daher haben manche Leute bei Erkältung oder Grippe Hörbeschwerden?

Ja, diese Verbindung kann auch entzündet und verstopft sein, genau.

Wir können räumlich sehen und hören. Warum nicht riechen, obwohl wir zwei Nasenlöcher haben?

Die zwei Nasenlöcher haben den Zweck, dass zwei Luftströme auf die Schleimhäute treffen, was den Sinnesreiz verstärkt. Das merkt man, wenn mal ein Nasenloch verstopft ist. Bei einer Studie wurde den Versuchspersonen vor jedes Nasenloch ein anderer Geruch gebracht. Die haben sich nicht zu einem gemeinsamen vermischt, sondern wurden vom Gehirn im Wechsel registriert. Ein Nasenloch hat sich in der Wahrnehmung immer vorgedrängelt.

Muss man sich das vorstellen wie bei der Zunge, wo für jeden Geschmack bestimmte Bereiche zuständig sind?

Soweit ich weiß, nicht. Die gängige Theorie ist, dass die Moleküle, die wir als Geruch wahrnehmen, gewissermaßen als Schlüssel in das Schloss der Sensorzellen passen. Aber ich finde, das erklärt nicht ganz, warum wir viel mehr Geruchsnoten wahrnehmen können, als wir Rezeptorzelltypen haben.

Wovon hängt es ab, welchen Geruch wir als angenehm empfinden?

Ich denke, das ist zum kleineren Teil evolutionär bedingt. Zum Beispiel Schwefelwasserstoff, der berühmte Faule-Eier-Geruch, der hat oft mit verdorbenen Lebensmitteln zu tun, die man also besser meidet. Der größere Teil ist aber wohl kulturelle Prägung, die Erziehung. Wie bei anderen Dingen auch, die mit Geschmack zu tun haben.

Welches Tier kann am besten riechen?

Es gibt eine Käferart, die zur Fortpflanzung darauf angewiesen ist, ihre Eier in frisch verbranntes Holz zu legen. Die registrieren über etliche Kilometer einen Waldbrand. Und dann setzen sie sich in Bewegung.

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