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»Kein gutes Jahr für Mieter«
Anwältin Rebekka Auf’m Kampe über drastisch gestiegene Nebenkosten und falsche Abrechnungen
Die Nebenkosten umfassen alle Betriebskosten einer gemieteten Wohnung – und damit auch die stark gestiegenen Energieabrechnungen und höhere Handwerkerkosten. Merken Sie es auch in Ihrer Beratung in Hamburg, dass Leute unerwartet hohe Abrechnungen für die »zweite Miete« erhalten haben?
Leider ja. Bis Ende letzten Jahres wurden die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2022 verschickt. Damals war es zu ganz massiven Steigerungen bei den Energiekosten gekommen. Bei den Gaspreisen hatten sich die Kilowattstunden-Preise häufig mehr als verdoppelt. Wir haben viele Abrechnungen geprüft, in denen der Gaspreis von sieben auf 15 Cent pro Kilowattstunde gestiegen ist. Das betrifft insbesondere auch das kommunale Hamburger Wohnungsunternehmen SAGA. Der Preisanstieg führte dazu, dass viele Mieter*innen trotz sparsamen Heizens hohe Nachforderungen zahlen müssen.
Die Mietrecht-Expertin und Anwältin Rebekka Auf’m Kampe arbeitet beim Hamburger Verein »Mieter helfen Mietern«.
Wie häufig sind Abrechnungen fehlerhaft?
Nach unserer Erfahrung ist etwa die Hälfte aller Nebenkostenabrechnungen fehlerhaft. Es werden Kosten abgerechnet, die nicht auf die Mieter*innen umgelegt werden dürfen, die vertraglich nicht vereinbart oder die in der abgerechneten Höhe gar nicht angefallen sind. Gerade bei privaten Vermieter*innen wurden die Heizkosten häufig nicht verbrauchsabhängig abgerechnet, obwohl die Heizkostenverordnung dies vorschreibt.
Was kann man dann tun?
Bei Unstimmigkeiten hat man einen Anspruch auf Belegeinsicht. Die Hausverwaltung muss alle Rechnungen, Bescheide und Verträge vorlegen, damit man prüfen kann, ob diese Kosten wirklich angefallen sind. Bei den Heizkostenabrechnungen sind insbesondere die Rechnungen des Energieversorgers interessant, aus denen sich die Kilowattpreise und die Höhe der staatlichen Unterstützungsleistungen ergeben. In vielen Fällen ist es ratsam, Nachforderungen bis zum Abschluss der Prüfung zurückzuhalten oder nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen. Unser Verein »Mieter helfen Mietern« bietet Unterstützung nicht nur bei der rechtlichen Prüfung, sondern auch bei der Auseinandersetzung mit der Hausverwaltung an.
Versuchen große Immobilienkonzerne wie etwa Vonovia, durch die Nebenkosten Extraeinnahmen von den Mieter*innen zu erwirtschaften?
Ja, das beobachten wir schon länger. Vonovia lässt viele Dienstleistungen wie Hausreinigung, Sperrmüllentsorgung oder Gartenpflege durch eigens dafür gegründete Tochterfirmen durchführen. So werden mit den Nebenkosten weitere Gewinne erzielt. Die von Vonovia vorgelegten Belege sind dann häufig intransparent, Gewinnspannen werden gar nicht ausgewiesen. Ein Interesse daran, die Nebenkosten im Sinne der Mieter*innen gering zu halten, ist bei solchen Konstruktionen eher nicht anzunehmen.
Gibt es Protestaktionen von Mieter*innen dagegen?
Engagierte Vonovia-Mieter*innen haben sich zum Beispiel im Bündnis »Gemeinsam gegen Vonovia & Co.« zusammengeschlossen und im letzten Jahr gegen die Hauptversammlung der Vonovia-Aktionär*innen demonstriert. Häufig schließen sich betroffene Mieter*innen zudem in Hausgemeinschaften zusammen, um gemeinsam gegen die Vermietung vorzugehen. Gemeinsam lässt sich meist mehr erreichen und einzelne Mieter*innen, die ihre Rechte geltend machen, geraten so nicht in den Fokus der Hausverwaltung.
Wie häufig sind Leute nicht in der Lage, die geforderten Nachzahlungen zu begleichen?
Aus unserer täglichen Beratung würde ich schätzen, dass ungefähr die Hälfte der Betroffenen größere Probleme hat, höhere Nachzahlungsbeträge zu leisten. Die Forderungen kommen für die Mieter*innen häufig überraschend, und nicht selten belaufen sich die Nachforderungen auf Beträge in der Höhe von 2000 Euro oder mehr. Dann ist auch zu prüfen, ob ein Einmalantrag auf Bürgergeld für den Fälligkeitsmonat in Betracht kommt.
Da die Energiepreisbremse jetzt wegfällt: Ist für 2024 mit wiederum stark erhöhten Nebenkosten zu rechnen?
Wir wissen nicht, wie die Energiemärkte sich entwickeln. Aktuell liegen viele Kilowattstundenpreise wieder unter der Begrenzung der Energiepreisbremse. Das kann sich jedoch ändern. Große Sorge macht uns zudem die Anhebung der CO2-Preise von derzeit 30 Euro auf 45 Euro pro Tonne seit dem Jahreswechsel. Die Abgabe wird auch auf Heizenergie erhoben, und je nach energetischem Zustand des Hauses werden Mieter*innen mehr oder weniger an den Kosten beteiligt. Nach dem Erscheinen des Hamburger Mietspiegels 2023 im Dezember, der das zweite Mal in Folge eine drastische Steigerung aufweist, hat die Mieterhöhungswelle Anfang 2024 bereits begonnen. Insgesamt wird es kein gutes Jahr für Mieter*innen.
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