Freital: Stadtrat der extremen Rechten soll NS-Opfer würdigen

In Freital hält ein AfD-Vertreter die Gedenkrede zum 27. Januar. Linkes Bündnis organisiert »Kontrastprogramm«

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie waren eben dran: So lässt sich die Argumentation zusammenfassen, mit der in Freital gerechtfertigt wird, dass ausgerechnet ein Stadtrat der AfD die Rede zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus halten soll. Die Partei wird in Sachsen vom Verfassungsschutz als »gesichert rechtsextrem« eingestuft. AfD-Politiker hatten die Verbrechen des Nationalsozialismus wiederholt bagatellisiert. Ex-Parteichef Alexander Gauland etwa sprach 2018 von der NS-Diktatur als einem »Fliegenschiss« in der deutschen Geschichte.

In Freital hatte der Ältestenrat im Stadtrat 2017 festgelegt, dass die Gedenkrede am 27. Januar reihum von Vertretern der Fraktionen gehalten wird. In diesem Jahr ist die AfD an der Reihe. Das stößt bundesweit auf Empörung. Ein Grund dürften die jüngsten Enthüllungen über ein Geheimtreffen sein, bei dem Rechtsextreme unter Beteiligung von AfD-Vertretern über Deportationspläne für Millionen Menschen beraten hatten. Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, sagte, die Konstellation beim Freitaler Gedenken wirke »für Überlebende des Holocaust schamlos und makaber«.

Im Rathaus hält man die Aufregung für übertrieben. Die AfD sei demokratisch gewählt, sagte Oberbürgermeister Uwe Rumberg (einst CDU, jetzt Konservative Mitte). Er warnte davor, »zu spalten und das öffentliche Erinnern zu instrumentalisieren«. Dem widerspricht die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Wenn die »Grundlagen unserer Demokratie«, zu denen die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis gehöre, »freiwillig Rechtsextremen überlassen« würden, sei das »eben nicht ›demokratisch‹, sondern erodiert die Republik«, heißt es im Kurznachrichtendienst X. Die »Jüdische Allgemeine« zitierte Lydia Engelmann, Grünen-Stadträtin in Freital: Die AfD-Rede zum Gedenktag sei »ein schlechter Witz«.

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Einen möglichen Tenor der Rede deutete AfD-Fraktionschef Torsten Heger an, der vom MDR mit der Aussage zitiert wird, seine Fraktion habe »das Recht, wie jede andere Stadtratsfraktion an die widerlichen Verbrechen der Nationalsozialisten – wohlgemerkt ›Sozialisten‹ – zu erinnern«. Jens-Christian Wagner, Direktor der Buchenwald-Stiftung, merkte an, die »absurde Behauptung, die Nazis seien ›Sozialisten‹ und daher links gewesen«, gehöre zum »Standardrepertoire des rechtsextremen Geschichtsrevisionismus«. Ein Gedenkredner, der diese These verbreite, »verhöhnt die Opfer«, erklärte er ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst X.

Die Freitaler Zivilgesellschaft kündigte Protest an. Linke, SPD und Grüne organisierten für Samstagvormittag einen »demokratischen Spaziergang«. Dieser führt unter anderem an den Parteibüros vorbei, in denen die Ausstellung »Herzkampf« gezeigt wird. In dem Projekt porträtierte der Leipziger Fotograf Martin Neuhof seit 2018 über 100 Menschen, die sich in Sachsen für Antifaschismus, Demokratie und Vielfalt einsetzen. Die Ausstellung hatte bereits im November in einem soziokulturellen Zentrum in Freital gezeigt werden sollen, war aber zwei Tage vor Eröffnung vom Gastgeber ebenso abgesagt worden wie eine Lesung des Zwickauer Aktivisten Jakob Springfeld aus seinem Buch »Unter Nazis«. Beides sei zu parteilich, hieß es damals.

Nun wird beides nachgeholt – aus »erschreckendem Anlass«, sagt Neuhof. Springfeld lobte das »antifaschistische Kontrastprogramm«. Die Freitaler Zivilgesellschaft lasse sich »nicht unterkriegen«.

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