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VW-Werk in Zwickau: Rechte behindern Gewerkschaftsarbeit
In Zwickau versucht eine AfD-nahe Gruppe die Wahl von IG-Metall-Betriebsräten zu delegitimieren
»Die Gewerkschaft Zentrum gratuliert zum Erfolg unserer sächsischen Mitstreiter.« So steht es am 23. Januar in einem Post im Telegram-Kanal des Vereins »Zentrum«, der sich selbst als »alternative Gewerkschaft« bezeichnet. An diesem Tag entschied das Sächsische Landesarbeitsgericht in Chemnitz zugunsten einer Klage von Mitgliedern des »Bündnis freie Betriebsräte« (BfB). Diese hatten die Betriebsratswahl im Zwickauer VW-Werk im März 2022 angefochten. Nach dem Arbeitsgericht in Zwickau hat nun auch das Landesarbeitsgericht Chemnitz die Wahl für unwirksam erklärt. Es sei gegen formale Vorschriften im Wahlverfahren verstoßen worden, hieß es.
Unter den Klägern sind sowohl Mitglieder der AfD und es bestehen enge Verbindungen zu »Zentrum«. So schmückt den Telegram-Post vom Januar dieses Jahres ein Foto: Fünf Männer stehen vor dem Chemnitzer Arbeitsgericht. Darunter Lars Bochmann, AfD-Stadtrat in Aue, und Jörg Reichenbach, ehemaliger AfD-Parteivorstand in Zwickau. Sie hatten bei der Betriebsratswahl für das BfB zwei Mandate errungen.
Gegenüber seiner Telegram-Gemeinde präsentiert »Zentrum« die BfB-Betriebsräte als die ihren: Im Herbst vergangenen Jahres lud die sächsische AfD-Fraktion »Zentrum-Betriebsräte von VW Zwickau und Mercedes Benz Untertürkheim« in den Sächsischen Landtag ein, wie es hieß. Auf einem Foto sind wieder Bochmann und Reichenbach zu sehen. »Zentrum« freue sich über die parlamentarische Unterstützung der AfD und sehe sich in ihren Interessen gut vertreten.
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Und die Verbindungen zwischen dem BfB und »Zentrum« reichen noch weiter: Sowohl auf dem Foto vor dem Landesarbeitsgericht als auch auf jenem im sächsischen Landtag steht André K. Er kandidierte ebenfalls auf der Liste des BfB bei der Betriebsratswahl im März 2022. Seit Januar 2023 ist er Beisitzer im Vorstand von »Zentrum«.
Auf nd-Anfrage bestätigte Oliver Hilburger, Zentrums-Betriebsrat in Untertürkheim, die Unterstützung der BfB bei VW Zwickau und erklärt, dass »Zentrum« in vielen Betrieben mit gewählten Arbeitnehmervertretern zu finden sei. Dass eine betrieblich gegründete Liste in der Namensgebung ihres Listennamens frei sei, wäre kein ungewöhnlicher Vorgang.
Hinter dem Versuch, die Betriebsratsarbeit der IG Metall zu behindern, steckt eine Strategie. Gegründet wurde der Verein 2009 in Stuttgart (damals: »Zentrum Automobil«). Zentrale Figur ist bis heute Hilburger, der bis 2008 in der Rechtsrock-Band »Noie Werte« Bass spielte. Der Verein ist in der rechten Szene verankert. Mit dem Magazin »Compact« und dem Verein »Ein Prozent« warb »Zentrum« 2018 mit der Kampagne »Werde Betriebsrat«, um rechte Vertreter in den Betrieben zu etablieren.
Dieses Ziel macht den Verein auch für die AfD interessant. Im Juni 2022 setzte sich der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke auf dem Bundesparteitag in Riesa persönlich dafür ein, den Verein von der Unvereinbarkeitsliste zu streichen. »Kulturelle Hegemonie werden wir niemals über den parlamentarischen Weg erreichen«, sagte er. Und zu »Zentrum«: »Ohne dieses Vorfeld sind wir nichts.« Der Antrag wurde unter großem Beifall angenommen.
Höckes Worte beschreiben den Ansatz der AfD: Die Stimmung in der Gesellschaft soll auf rechts gedreht werden. Verantwortungspositionen wie Schöffen und Betriebsräte sollen besetzt und rechtes Gedankengut außerhalb der Parlamente salonfähig gemacht werden. Im Daimler-Werk Untertürkheim stellt »Zentrum« sieben Betriebsräte. Deutschlandweit sind es jedoch nur wenige Dutzend im Vergleich zu den insgesamt über 135 000 Räten.
Ist »Zentrum« daher wirkungslos? Eher zeichnet sich ein Strategiewechsel ab. Dies zeigt eine Recherche aus der Gewerkschaftszeitung »express« von Dezember 2023. Statt Betriebsratsarbeit zu leisten, gehe es nun darum, Rechte in den Betrieben zu aktivieren, unter anderem über Netzwerke der AfD. Der inhaltliche Kern von »Zentrum« bleibe laut André Schmidt erhalten. Er forscht am Else-Frenkel-Brunswik-Institut zu Demokratisierung und Arbeitswelt. »Am Ende des Tages zielt ›Zentrum‹ darauf ab, Gewerkschaftsarbeit kaputtzumachen«, sagt Schmidt. Notfalls auch juristisch – wie in Zwickau: Das Anfechten der Betriebsratswahl hätte die Arbeit der gewählten Mitglieder zunichtemachen können.
Ähnlich bewertet das auch der Geschäftsführer der IG Metall in Zwickau, Thomas Knabel. Dabei falle diese einzelne Klage nicht ins Gewicht. »Sie klagen permanent gegen Formalitäten.« Die Strategie ziele darauf, die Integrität der IG Metall kaputtzumachen, erklärt er gegenüber »nd«.
Der Betriebsrat und VW Sachsen prüfen derzeit, ob sie vor das Bundesarbeitsgericht ziehen und warten dazu auf die schriftliche Urteilsbegründung. Bis dahin bleibt der derzeitige Betriebsrat bestehen. Da das Gericht die Wahl vergangene Woche zwar für unwirksam, nicht aber für nichtig erklärte, kann seine Arbeit vorerst weitergehen.
Bei der Wahl im Jahr 2022 hatten die Beschäftigten des Werkes mit 93 Prozent der Stimmen Vertreter der IG Metall gewählt, die so 35 der 37 Mandate erhielt. Das rechtsgerichtete BfB errang zwei Sitze.
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