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Haushalt 2024: CDU sabotiert erneut die Pläne der Ampel
Union will das Haushaltsfinanzierungsgesetz im Bundesrat blockieren und übt erneut scharfe Kritik an Hubertus Heils Sozialetat
»Es ist kein Geheimnis: Dieser Haushalt ist hart erarbeitet«, eröffnete Sozial- und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Donnerstag seine Rede zum Sozialetat 2024. Und er meint: Nie zuvor hatte eine deutsche Bundesregierung solch große Schwierigkeiten, den Bundeshaushalt zu verabschieden. Über Wochen zog sich der Haushaltsstreit der Ampel – dann der große Knall: Der Etat wurde aufgrund einer CDU-Klage als verfassungswidrig erklärt.
Am Freitag soll der Etat endlich verabschiedet werden. Doch der Streit um den Haushalt dauert weiter an: Die Union übt scharfe Kritik am Sozialetat Hubertus Heils und will das Haushaltsfinanzierungsgesetz im Bundesrat blockieren.
Trotz Kürzungen: CDU greift Bürgergeldpläne an
Neun Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr wird der Bund 2024 fürs Soziale ausgeben. Heil verteidigte bei den Haushaltsberatungen am Donnerstag die Milliardenausgaben des Staates fürs Soziale und speziell das Bürgergeld gegen die heftige Kritik der Union.
»Wir haben nicht nur den Mindestlohn erhöht. Wir haben Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für Menschen mit geringen Einkommen gesenkt. Wir haben Hinzuverdienst auch im Bürgergeld und auch das Wohngeld angehoben«, erklärte Heil am Donnerstag im Plenarsaal. Der Mindestlohn sei um 46 Prozent gestiegen, die Grundsicherung nur um 41 Prozent. »Durch die Einführung des Bürgergelds hat sich am Lohnabstand nichts geändert«, stellte Heil mit Blick auf die Kritik der CDU, Arbeit lohne sich nicht mehr, fest. »Der Sozialstaat in Deutschland ist keine Last, sondern eine Stärke Deutschlands«, so Heil.
Der CSU-Abgeordnete Peter Aumer hingegen kritisierte am Donnerstag erneut, dass Leistung nur dann wieder hinreichend belohnt werde, wenn zwischen Arbeitseinkommen und Sozialleistungen ein genügend großer Abstand bestehe. Schon am Morgen vor den Beratungen des Sozialetats hatte Unionschef Friedrich Merz scharfe Kritik an Heils Bürgergeldplänen geübt. Das Bürgergeld sei kein Anreiz zur Arbeit, sagte Merz. Das bestätigten auch viele Forschungsinstitute und Arbeitgeber. »Für 200 Euro mehr geht kaum noch jemand arbeiten.«
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Diese Aussage sorgte wiederum bei der Linken für Empörung. »Merz macht sich zum Schutzpatron der geizigen Arbeitgeber«, kritisierte der kommissarische Geschäftsführer Ates Gürpinar am Donnerstag. Nicht die Leistungen für Arme müssten sinken, die Löhne müssten steigen, so der Linke-Abgeordnete. »Merz unterschlägt, dass rund 800 000 Menschen bereits arbeiten und trotzdem Bürgerhartz beziehen. Würden die Arbeitgeber vernünftige Löhne zahlen, müssten viele Beschäftigte nicht mehr zum Amt.« Das entlastete auch den Sozialhaushalt, so Gürpinar.
Der Arbeits- und Sozialetat ist der mit Abstand größte Etat des Haushalts und umfasst Ausgaben von 175,7 Milliarden Euro – 9,45 Milliarden mehr als im Vorjahr. Für vieles muss der Bund im Sozialbereich mehr ausgeben. Der Beitrag für Unterkunfts- und Heizungskosten beim Bürgergeld steigt etwa um 1,4 auf 11,1 Milliarden Euro.
Im Zuge der Sparbeschlüsse der Ampel wurden beim Bürgergeld gleichzeitig 500 Millionen Euro weniger veranschlagt als geplant, weil Geflüchtete durch den »Job-Turbo« schneller in Arbeit finden sollen. Durch stärkere Sanktionen für »Totalverweigerer« werden Minderausgaben von 150 Millionen Euro erwartet. Der Zuschuss an die Rentenversicherung wird um zunächst 245 Millionen Euro gesenkt. Heil kündigte allerdings an, die bereits seit Monaten geplante Rentenreform, die das Rentenniveau dauerhaft sichern soll, bald vorzulegen.
Union blockiert im Bundesrat
Die Union will nun die Verabschiedung des Haushaltsfinanzierungsgesetzes im Bundesrat verzögern. Die Länderkammer habe es auf Druck der unionsgeführten Länder abgelehnt, das Gesetz für Freitag im Eilverfahren auf die Tagesordnung des Bundesrats zu setzen, wie am Donnerstag aus Parlamentskreisen verlautete. Damit werde es erst in der Sitzung am 22. März behandelt werden können. Die Koalition warf der Union ein Blockademanöver vor.
Das Haushaltsfinanzierungsgesetz regelt notwendige gesetzliche Änderungen, deren Auswirkungen im Haushaltsentwurf bereits berücksichtigt sind. Das Gesetz für 2024 sieht unter anderem eine höhere Luftverkehrssteuer, Sanktionsmöglichkeiten beim Bürgergeld und den schrittweisen Abbau der Begünstigungen beim Agrardiesel vor.
Der letzte Punkt war der Grund für die Verzögerung im Bundesrat, wie aus Unionskreisen verlautete. Deutsche Bauern protestieren seit Wochen gegen die geplante Subventionskürzung, CDU und CSU unterstützen diese Kritik.
Der eigentliche Bundeshaushalt 2024 soll am Freitag wie geplant verabschiedet werden – durch die Verzögerung bei der Verabschiedung des dazugehörigen Haushaltsfinanzierungsgesetzes fehlt dann aber zunächst die gesetzliche Grundlage zur Finanzierung einiger Positionen im Bundesetat.
Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Meyer, kritisierte das Vorgehen der Union als »Absurdität«. Der Haushalt 2024 werde am Freitag ohnehin den Bundesrat passieren, die Verzögerung beim Haushaltsfinanzierungsgesetz werde daran nichts ändern, sagte Meyer zu AFP. »Der Aufstand von CDU und CSU ist scheinheilig und zielt nur auf den billigen Effekt.«
Das Haushaltsfinanzierungsgesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Die Länderkammer kann seine Verabschiedung aber verzögern – so wie es nun geschehen ist. Das Gesetz soll am Freitagmorgen zunächst im Bundestag verabschiedet werden; die Pläne der Koalition sahen ursprünglich vor, das Gesetz dann noch am gleichen Tag auch im Bundesrat abschließend zu beraten. Dafür wäre die Verkürzung der Beratungsfristen im Bundesrat nötig gewesen – dem wollten die unionsgeführten Länder aber den Angaben zufolge nicht zustimmen. Mit Agenturen
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