Dritter Weg in Berlin: Mit Schlagstock durch Prenzlauer Berg

Eine Antifa-Recherche dokumentiert systematische Aktionen des Dritten Wegs in ganz Berlin

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Januar haben jugendliche Neonazis in Berlin systematisch linke Veranstaltungen und Einzelpersonen bedroht oder angegriffen. Das geht aus einer umfangreichen Antifa-Recherche hervor, die am Donnerstag auf der Plattform Indymedia veröffentlicht wurde. Die Antifaschist*innen gehen davon aus, dass es sich bei den Nazis um etwa 20 bis 25 hauptsächlich junge Männer handelt, die der rechtsextremen Kleinpartei Dritter Weg beziehungsweise der Parteinachwuchsorganisation Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ) angehören.

Die Antifaschist*innen weisen auf eine »erstaunliche Dichte der Parteiaktivitäten« hin: Innerhalb eines Monats soll die neonazistische Gruppe neben diversen Propagandaaktionen wie Flyerverteilen und Stickerkleben sechs antifaschistische Projekte und Events attackiert oder gestört haben. Dazu kommen drei Übergriffe auf Personen, die von den Nazis für links oder queer gehalten wurden: In der U5 bedrohten sie laut Recherche eine Person mit Regenbogen-Button, ebenfalls in der U5 beschimpften sie Personen als »Scheißzecken« und drohten ihnen mit Gewalt.

Ein gewalttätiger Vorfall war der Öffentlichkeit bereits bekannt: Am Sonntag, den 21. Januar, schlugen vier bis fünf junge Männer an der Greifswalder Straße, Ecke Erich-Weinert-Straße, einen jungen Mann zusammen – wohl weil er einen Aufnäher mit der antifaschistischen Botschaft »Good Night White Pride« (Gute Nacht, weißer Stolz) trug. Die Recherchegruppe ordnet diesen Angriff als Racheaktion ein. Denn kurz zuvor soll die treibende Kraft der Jungnazis, Erik S., von einem mutmaßlichen Angriff auf seinen Vater Robert S., ebenfalls ein Rechter, erfahren haben. Daraufhin soll Erik S. mit seinem Schlägertrupp durch Prenzlauer Berg gezogen sein. »Dabei waren sie mit Flaschen bewaffnet und trugen teilweise offen Knüppel vor sich her«, heißt es in der Recherche.

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Die Antifaschist*innen dokumentieren mehrere derartige Machtdemonstrationen. Am 6. Januar störten die NRJ-Mitglieder zuerst eine antifaschistische Kundgebung in Hellersdorf (»nd« berichtete), dann fuhren sie wohl nach Prenzlauer Berg zu der linken Kneipe Bandito Rosso, wo sie mit Schlagstöcken und Glasflaschen bewaffnet für ein Foto posierten: eine Drohung an die antifaschistische Gruppe »La Rage«, die dort drei Tage später ein Vernetzungstreffen veranstaltete.

Selbst vor dem linken Szenekiez in Friedrichshain macht die NRJ offenbar nicht Halt. Am 20. Januar hielten sich laut Recherchegruppe acht junge Nazis in der Nähe der linken Kneipe »Zielona Gora« am Boxhagener Platz auf, wo ein Informationsabend über den Dritten Weg stattfand – eingeladen hatte »La Rage«.

»Obwohl es an den beiden Tagen nicht zu Übergriffen von Neonazis kam, zeigen diese eine klare Bereitschaft zum gewalttätigen Kampf gegen antifaschistisch engagierte Strukturen«, bemerken die Antifaschist*innen. Sie erkennen in den Aktionen der NRJ eine Strategie, »explizite Straßenkampftaktiken auszuprobieren, um so mit Gewalt eine Dominanz in bestimmten Kiezen herzustellen«. Dass die Nazis dabei ungestört mit Waffen durch Berlin ziehen können, beunruhigt das Rechercheteam. »Lange war die Bedrohungslage von Neonazis in Berlin nicht mehr so hoch«, sagt es zu »nd«.

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