Wasserknappheit in Berlin: Kein Trinkwasser fürs Klo

Recycling von sogenanntem Grauwasser kann Ressource für die Wasserversorgung sein

Spülkästen sollen mit Nutzwasser anstatt mit Trinkwasser gefüllt werden.
Spülkästen sollen mit Nutzwasser anstatt mit Trinkwasser gefüllt werden.

»Es ist uns eine Herzensangelegenheit, den Verbrauch zu reduzieren. Deshalb haben wir die Grauwassernutzung für uns erschlossen«, so Alf Aleithe, Ko-Geschäftsführer des landeseigenen Immobilienunternehmens Berlinovo, am Donnerstag in der Sitzung des Umweltauschusses des Abgeordnetenhauses. Er stellt ein Projekt seines Unternehmens in Pankow vor: In der Selma-Lagerlöf-Straße sind etwa 450 Wohnplätze in rund 330 Apartments für Studierende entstanden, wo Nutzwasser, zum Beispiel aus Waschmaschinen und Duschen, nicht zusammen mit stark verunreinigten Wasser, etwa aus dem Klo, in den Abfluss kommt, sondern zur weiteren Nutzung wieder aufbereitet wird. »Grauwasser-Recycling« wird dieses Verfahren genannt. Bei der Fachanhörung im Umweltausschuss wird über einen Ausbau dieser Technik als Baustein zur Sicherung der Berliner Wasserversorgung diskutiert.

Durch eine einmalige Investition von 234 000 Euro könnten dort jährlich 26 000 Euro, 5,4 Millionen Liter Wasser und zwei Tonnen CO2 eingespart werden. »Wir können inzwischen sagen: Die Anlage hält, was sie versprochen hat«, sagt Aleithe stolz. Der Einbau einer solchen Grauwasser-Recycling-Anlage sei zwar nicht überall möglich, aber Berlinovo arbeite zurzeit an vier weiteren Projekten, bei denen ein solches System genutzt werden könnte.

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Die Recycling-Anlage in Pankow wurde zusammen mit Erwin Nolde und dessen Planungsunternehmen Nolde – innovative Wasserkonzepte entwickelt. Nolde arbeitet schon seit Jahrzehnten an Konzepten zur Grau- und Regenwassernutzung. »Unser Lebensmittel Nummer eins gehört nicht ins Klo«, sagt er im Umweltausschuss und bezieht sich darauf, dass in Berlin die gesamte Wasserversorgung der Haushalte durch das aufwendig gereinigte Trinkwasser erfolgt, das dann mit den Fäkalien aus der Toilette als Schmutzwasser abfließt.

Nicht nur könnte das Grauwasser stattdessen weiter im Haushalt benutzt werden, sondern in den Anlagen würde auch Energie aus dem Abwasser gewonnen, die zum Heizen genutzt werde. »Die Technik, um sowohl CO2 als auch Wasser einzusparen, ist seit Langem bekannt«, sagt Nolde. Er hält es für eine »Bausünde«, wenn diese nicht entsprechend angewandt würde. Das Argument, solche Anlagen seien zu teuer, hält er nicht für ausschlaggebend. Die Mehrinvestition sei gemäß der Erfahrung von Berlinovo in Pankow nicht allzu hoch, »etwa ein bis zwei Monatsmieten«. Umgerechnet seien es 20 Euro pro Quadratmeter bei derzeitigen Kaufpreisen von 5000 Euro pro Quadratmeter – »Peanuts«, wie Nolde findet. »Wir wissen, wie es geht. Man muss uns nur tun lassen.«

Katalin Gennburg, baupolitische Sprecherin der Berliner Linksfraktion, fragt, ob es nicht entsprechende Vorgaben in der Bauordnung bräuchte, um eine großflächige Umsetzung des Grauwasser-Recyclings zu gewährleisten. Einen entsprechenden Antrag der Linken hatte die schwarz-rote Koalition allerdings abgelehnt. Erwin Nolde plädiert ebenfalls für Verpflichtungen zur Trennung des Abwassers und zum Recyceln. »Vorgaben zum Wasserverbrauch fehlen in der Bauordnung«, sagt er. Alf Aleithe von Berlinovo aber widerspricht: Es brauche keine konkreteren Vorgaben und die Bebaungsverfahren seien so schon umfangreich. »Es ist nicht bei allen Gebäudetypen möglich, eine Grauwasser-Recycling-Anlage einzubauen.«

Bei den Nachkriegsbauten allerdings ließen sich solche Anlagen relativ gut einbauen, sagt Nolde. Das stimmt Gennburg zuversichtlich. »Da wäre also ein Einbau im großen Stil möglich«, sagt sie nach der Ausschusssitzung zu »nd«. Die Linke-Abgeordnete schlägt deshalb einen »Gebäude-Scan« durch den Senat vor, um sich genau anzuschauen, welche Häuser geeignet sind. »Es geht um eine Trinkwassereinsparung von rund 60 Prozent. Bei zukünftiger Wasserknappheit wäre es sehr hilfreich, die entsprechenden Potenziale in der Stadt zu kennen«, sagt sie.

Hintergrund zur Diskussion um die Abwasserwiederverwendung ist die Sorge um die Zukunft der Wasserversorgung in Berlin. Dank sinkendem Grundwasserpegel, Kohleausstieg und Verbrauchserhöhung ist zu befürchten, dass das Wasser knapp wird. »Wir bekommen nur 30 Prozent des Wassers über den Niederschlag, also über ›echtes‹ Grundwasser. Der Rest kommt von Spree, Dahme und Havel«, sagt Grützmacher von den Berliner Wasserbetrieben.

Für die Wasserbetriebe ist daher der Ausbau Berlins zur Schwammstadt weiterhin von zentraler Bedeutung. Das bedeutet, dass Regenwasser nicht ungenutzt in der Kanalisation landet, sondern bewirtschaftet wird und ins Grundwasser versickern kann. Außerdem bauen die Wasserbetriebe die Klärwerke mit einer weiteren Reinigungsstufe aus, um Spurenstoffe aus dem Wasser entfernen zu können. Aber auch bei der Wassernutzung der Bevölkerung müsse angesetzt werden. »Es geht dabei nicht nur um die Quantität, sondern um Qualität«, sagt Grützmacher. Das heißt, dass verstärkt darauf geachtete werden müsse, welche Schadstoffe dem Wasser zugeführt werden, auch durch die Industrie. »Das muss auf politischer Ebene angegangen werden«, sagt sie.

Auf der Verbrauchsebene werben die Wasserbetriebe bereits für Sparsamkeit der Stadtbevölkerung. Linke-Abgeordnete Gennburg allerdings pocht darauf, dass auch der gewerbliche Verbrauch transparent gemacht wird und in den Fokus von Einsparungsbestrebungen gerückt werden muss. Die Umweltverwaltung entgegnet während der Auschusssitzung, aufgrund des Datenschutzgesetzes könne man keine Angaben zum gewerblichen Verbrauch machen.

»Es ist ein Unding, dass wir mit dieser Begründung nicht an die Daten herankommen. Wir fordern weiterhin Transparenz über die gewerblichen Wasserverbrauche«, so Gennburg zu »nd«. Die größten Verbraucher seien Hotels, sagt sie. So müsse zum Beispiel in der Touristikbranche dringend Wasser eingespart werden. Aber auch etwa Golfplätze müssten auf ihren Verbauch geprüft werden. »Jede Debatte über individuellen Wasserverbrauch verbietet sich, solange wir nicht über den gewerblichen Verbrauch Bescheid wissen.«

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