- Berlin
- Mietenwahnsinn
Berlin-Treptow: 40 Mietparteien retten sich selbst
Bewohner*innen und Genossenschaft kaufen Wohnhaus
Es geht noch. Hausverkäufe und Verdrängung von Mietgemeinschaften können gestoppt werden – in Einzelfällen. Ein solcher Einzelfall steht im Treptower Norden, in der Karl-Kunger-Straße 7 unweit des Görlitzer Parks.
Das Haus war im Privatbesitz einer Erb*innengemeinschaft, bis die Salaground Liegenschaften GmbH im Sommer 2022 einen der Anteile über 25 Prozent erwarb und die Zwangsversteigerung beantragte. Die Mieter*innen befürchteten die Zerschlagung der Erb*innengemeinschaft und in der Konsequenz Verdrängung. Sie engagierten sich dafür, die Versteigerung abzuwenden, um den eigenen Wohnraum zu sichern, aber auch, »um die Kiezgemeinschaft zu erhalten«.
Dass die Gemeinschaft am Ende im Haus bleiben kann, ist dem Zusammenhalt der Mieter*innen geschuldet und einer Reihe von zum Teil glücklichen Umständen. So berichteten die Bewohner*innen damals, dass sie nur durch Zufall von der Zwangsversteigerung erfahren hatten. Zudem sei die Versteigerung zunächst geplatzt, weil eine Gerichtsbeamtin erkrankte. Die Zeit wurde genutzt, um eine Möglichkeit der Abwendung zu finden. Die Möglichkeit fand sich in der Genossenschaft Am Ostseeplatz, die am Kauf des Objekts Interesse hatte. Hierfür musste allerdings die Eigentümergemeinschaft samt Salaground zustimmen. Die Einigung gelang auch nach Vermittlung der Stadträtin Claudia Leistner (Grüne).
Allerdings hatten die Mieter*innen zehn Prozent des Kaufpreises zu tragen. Selbst nach dem Zusammenkratzen der eigenen Mittel waren noch 120 000 Euro offen. Die Gemeinschaft initierte eine Spendenkampagne, die schließlich erfolgreich abgeschlossen werden konnte. »Hurra! Hurra! Unser Haus ist gerettet. Die KK7 ist Genossin! Berlin hat ein genossenschaftliches Haus mehr und ein Spekulationsobjekt weniger«, ließen sie verlauten.
Uwe Doering, Bezirksverordneter der Linken sagte zu »nd«: »Das ist ein kleines leuchtendes Beispiel, was Mieter*innen eigenständig möglich ist.« Es stünde aber exemplarisch für die Verdrängungskräfte, die in Alt-Treptow wirken würden. Er verwies zudem auf die Verantwortung des Bundes, endlich eine neue Regelung für das gekippte Vorkaufsrecht zu finden, damit die KK7 kein Einzelfall bleibt. Die nächste Zwangsversteigerung droht bereits: in der benachbarten Plesser Straße 6.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!