Infokrieger: Wenn die Tastatur schreit

Alles, was rechts ist (Teil 12): Infokrieger*innen

  • Auch bekannt als: Rechte Trolle.
  • Motto: In rete veritas! [Die Wahrheit im Netz]
  • Weltbild & Ziele: Für Infokrieger*innen steht fest, dass die Welt inzwischen mithilfe von Bildschirmen beherrscht wird: Was die Leute im Internet aufnehmen, bestimmt, was sie denken, fühlen und handeln. Wer also die Inhalte im Netz kontrolliert, kontrolliert die Leute. In ihrer eigenen Screentime haben sie jedoch angefangen zu denken, dass eine linke Elite mithilfe williger Lakaien die Medien - und damit die Welt - nicht nur kontrolliert, sondern auch noch in eine Art »Multikultiapokalypse« stürzen will. Daraufhin haben die selbsternannten digitalen Soldat*innen einen Infokrieg ausgerufen, um das vermeintlich hirngewaschene Volk wachzurütteln - und zwar offenbar indem sie es anschreien. Mit der Tastatur.
  • Auftreten & Charakter: Infokrieger*innen sind von sich selbst ausgesprochen überzeugt. Denn sie halten sich für eine wirkmächtige, ausgewählte Elite im Kampf um Deutungs- und Informationshoheit, die in ihrem politischen und strategischen Geschick einem Machiavelli oder von Clausewitz in nichts nachsteht. Dass sie in diesem Zusammenhang letztlich nicht viel mehr als lebendige Spambots darstellen, tut ihrem Selbstbild offenbar keinen Abbruch.
  • Erscheinungsbild: Manchmal lassen sich rechte Infokrieger*innen bereits an ihren Nicknames erkennen, also so was wie »Rainer W. Kotzgleichab«, »ddmichel88«, »armesdeutschland« oder »ichsagewasichwil«. Oft treten sie aber auch unter vollkommen unauffälligen Namen in Erscheinung, insbesondere bei Fake-Accounts, die für Shitstorms, Hasskommentare, Produktabwertungen, massenhaftes Teilen beziehungsweise Verteilen von Fake-News oder ähnliches benutzt werden.
  • Sonstige Merkmale: Auf effektive Gegenwehr reagieren Infokrieger*innen überaus gekränkt.
  • Spezialfähigkeit: Eine ausgeleierte Shift-Taste für schnellere Großbuchstaben und Ausrufezeichen.
  • Politische Strategie: Infokrieger*innen versuchen mit ihren Aktionen zum einen, ihnen unliebsame Inhalte massiv abzuwerten und Kommunikation, die ihnen nicht passt, maximal zu stören, um so ihre Gegner*innen zu frustrieren. Zum anderen wollen sie damit auch den Eindruck einer Mehrheit erzeugen, die ihre Vorstellungen und Erzählungen teilt. In Diskussionen versuchen sie zudem (oft unter Einsatz ihrer Spezialfähigkeit) auf bestimmte Themen umzulenken, um die anderen Teilnehmer*innen mit in den braunen Sumpf hinabzuziehen.
  • Wichtigste Medien: Discord, 8kun, 4cahn, Reddit, X, YouTube, Facebook, Instagram, Tik-Tok, pi-news, journalistenwatch - im Grunde alles, womit sich Trollscheiße schleudern lässt.
  • Einfluss auf einer Skala von 1 (Minimum) bis 10 (Maximum): 7-8 – rechten Trollen ist es in den letzten Jahren immer wieder gelungen, viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und damit ihre Themen in den öffentlichen Diskurs zu grunzen.
  • Marschieren gut mit: der Identitären Bewegung, Maskulinisten, Truthern, Rechten Parteilingen und natürlich normalen Trollen.
  • Interne Differenzen mit: Völkischen Siedlern … Ja, eigentlich nur mit völkischen Siedlern. Weil die auf dem Land oft kein funktionierendes Internet haben.
  • Erzfeinde: ADMIN.
  • Mögliche Gegenstrategie: Bei konkreten Angriffen von Infokrieger*innen hilft letztlich nur ein konsequentes »hold the door!« – blockieren, melden, löschen. Und wie bei allen Trollen gilt insbesondere für rechte Trolle: »Bitte nicht füttern!« Das lässt sie nur wachsen. Außerdem produzieren sie so noch mehr Trollscheiße, in die man dann an jeder Ecke des Internets tritt.
Alles, was rechts ist

Die Rechten werden immer mehr, auch wenn manche beharrlich behaupten, sie seien gar nicht rechts, oder angestrengt versuchen, sich als etwas anderes auszugeben. Um einen Überblick zu behalten, wer und was sich mittlerweile alles in der rechten Ecke tummelt, analysiert der Satiriker Maik Martschinkowsky in unserer Serie »Alles, was rechts ist« die wichtigsten Strömungen. Weitere Texte lesen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -