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»Asylgipfel«: Ruf nach Obergrenzen für Geflüchtete
Forderung nach härterer Fluchtpolitik dominiert Ministerpräsidentenkonferenz. Bei Migranten sind deutsche Abschreckungsmaßnahmen kaum bekannt
In Sachen Bezahlkarte hatten Bund und Länder bereits vor dem Treffen am Mittwoch in der Berliner Vertretung Hessens in Berlin eine Einigung mit der Bundesregierung erzielt. Das Ampel-Kabinett hatte am Freitag eine Gesetzesänderung beschlossen, die Kommunen und Landkreisen Rechtssicherheit dafür geben soll, dass nicht nur Asylbewerber in Sammelunterkünften, sondern in Wohnungen untergebrachte Geflüchtete die Chipkarte anstelle von Bargeld bzw. Überweisungen auf ein echtes Konto bekommen.
Auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am Mittwoch ging es gleichwohl erneut vor allem um weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Zahl der Abschiebungen und zur Abschreckung weiterer »irregulärer Migranten«. Der Bezahlkarte schreiben die Länderchefs einen großen Abschreckungseffekt zu. Sie betonen, die Karte werde Menschen daran hindern, Geld an Angehörige in den Herkunftsländern oder an »Schlepperbanden« zu überweisen.
Eine just am Mittwoch veröffentlichte Studie widerspricht indes der These, dass die Sozialleistungen in Deutschland ein Faktor sind, der Menschen »anlockt«. Eine Erhebung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) im westafrikanischen Senegal zeige, dass nur ein Teil der Befragten über Details des europäischen Asylverfahrens informiert ist, teilte das RWI am Mittwoch in Essen mit. Außerdem seien Sozialleistungen nur selten ein Grund für die Wahl eines Einwanderungslands. Das Rückführungsverbesserungsgesetz sowie die Einführung der Bezahlkarte, die Beschleunigung der Asylverfahren und die Zahlung der höheren Sozialleistungen erst nach 36 statt 18 Monaten hätten keinen nennenswerten Abschreckungseffekt.
Auf die Frage nach den Gründen für ihre Auswahl eines Migrationsziel gaben laut der Studie nur elf Prozent der Menschen an, dass die genannten Leistungen und die Regeln ihrer Auszahlung eine Rolle spielen. Eine mögliche Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten wie Tunesien oder Ruanda senkt die Migrationsabsichten der Studie zufolge hingegen messbar, wenn auch nicht besonders stark. Für die Studie wurden 1000 Männer zwischen 18 bis 40 Jahren befragt.
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Am Gipfel am Mittwoch nahm zeitweilig auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teil. Der amtierende MPK-Chef Boris Rhein und andere CDU-Länderchefs hatten im Vorfeld neue Forderungen an die Bundesregierung gerichtet. Rhein drängte auf konkrete Ergebnisse des Treffens und verlangte vom Kanzler Klarheit darüber, »wann weitere Staaten mit geringer Anerkennungsquote als sichere Herkunftsländer ausgewiesen werden und wie es um die zusätzlichen Rückführungsabkommen steht«.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder verlangte »jetzt sofort einen echten Richtungswechsel«. Nach seinen Vorstellungen sollten Asylbewerber erst nach fünf statt wie bislang beschlossen drei Jahren volle Sozialleistungen erhalten. Neu ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine sollten nur noch Asylbewerberleistungen statt sofort Bürgergeld erhalten, forderte der CSU-Vorsitzende.
Außerdem plädierte Bayerns Regierungschef für »zentrale Ausreisezentren des Bundes an Flughäfen« und eine klar definierte Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern. In diese Kerbe hatte zuvor bereits Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer geschlagen. »50 000 oder 60 000 Flüchtlinge pro Jahr – mehr können das erst mal für die nächsten Jahre nicht sein, weil wir so eine große Integrationsanstrengung haben«, sagte der CDU-Politiker gegenüber »Bild«. Diese Obergrenze sei bis 2030 nötig, um die vorhandenen Kapazitäten an Wohnungen, Integrationskursen und Plätzen an Schulen nicht über Gebühr zu strapazieren.
Nordrhein-Westfalens CDU-Regierungschef Hendrik Wüst antwortete am Dienstagabend in der ARD-Sendung »Maischberger« auf die Frage, ob er die von Kretschmer vorgeschlagene Obergrenze für richtig halte: »Ich glaube, das ist eine Zahl, die sich an dem orientiert, was wir hier verarbeitet kriegen.« Der renommierte Migrationsforscher Gerald Knaus nannte Kretschmers Idee indes einen »utopischen Vorschlag«. Eine Obergrenze lasse sich weder rechtlich noch praktisch durchsetzen, sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk.
Kretschmer, Wüst und andere erneuerten auch ihre Forderungen nach schnelleren Abschiebungen und einem Vorantreiben von Rückführungsabkommen mit anderen Staaten durch die Bundesregierung. Jeder abgelehnte Asylbewerber, der nicht abgeschoben werde, sei »ein Versagen des Staates, ist eine Niederlage und nicht hinzunehmen, weil die Bevölkerung das auch nicht hinnimmt«, erklärte Kretschmer.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte indes, die Ampel arbeite intensiv an der konkreten Gestaltung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der EU. Wie so etwas rechtskonform gestaltet werden könne, werde man »gemeinsam mit Migrationsexperten und Juristen intensiv« weiter beraten, sagte Faeser zu Spiegel online. Weiter betonte sie, es gebe seit der Verschärfung der Abschieberegeln bereits eine Steigerung der Rückführungen um mehr als 25 Prozent. Nun müssten die Länder die neuen Möglichkeiten intensiver nutzen. Die Bundespolizei werde sie dabei weiter unterstützen. Zudem habe der Bund mehr als 1000 neue Kräfte beim Bundesamt für Migration Flüchtlinge eingestellt.
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