Brandenburger Mieter unter Druck

Linke fordert einen Härtefallfonds, um Zwangsräumungen abzuwenden

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.
Potsdamer Breite Straße: mangelhafte Mietenpolitik des Bundes trifft auch die Mieter in Brandenburg.
Potsdamer Breite Straße: mangelhafte Mietenpolitik des Bundes trifft auch die Mieter in Brandenburg.

Angesichts explodierender Energie-Nach- und -Vorauszahlungen darf die Politik nach Ansicht der brandenburgischen Linken nicht länger untätig bleiben. Unter der Überschrift »Mieterinnen und Mieter schützen – Heizkostenabzocke verhindern« beantragt die Fraktion im Landesparlament die Auflage eines Härtefallfonds, der aus Mitteln des Brandenburg-Pakets gespeist werden soll. Die Maßnahmen sollen es Mietern ermöglichen, ihre Wohnungen weiter angstfrei zu nutzen.

Die allumfassende Anspannung mit Blick auf das Thema Wohnen schlage sich auf die Mieter nicht zuletzt in Form von Zwangsräumungen nieder. Die Linke fordert daher »entschlossenes politisches Handeln« der Landesregierung, um bestürzende soziale Folgen zu vermeiden, erklärte die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Isabelle Vandre. Konkret soll ein Härtefallfonds aufgesetzt werden, der aus dem 120 Millionen Euro schweren sozialen Fach des Brandenburg-Paketes finanziert werden könne. Fraktionschef Sebastian Walter zufolge bestünden keine rechtlichen Hürden, Geld aus dem Brandenburg-Paket zu verwenden, um Mieter abzusichern.

In Brandenburg/Havel, Neuseddin und weiteren Orten im Land hätten Mieter Nachzahlungsforderungen in Höhe von mehreren Tausend Euro zugestellt bekommen, erklärte Vandre. Daraus resultiere für die Betroffenen eine »Vervielfachung der monatlichen Abschlagzahlungen«. Das sei für sehr viele Menschen finanziell nicht leistbar. Die Folgen seien starke Verunsicherung, die Angst vor Zahlungsunfähigkeit und Wohnungsverlust. »Tatsächlich stellen Mietschulden für Menschen mit geringem Einkommen eine reale Bedrohung dar«, so Vandre.

Nach Auffassung der Linken sollte sich die Landesregierung im Bundesrat für die Umsetzung weiterer Maßnahmen einsetzen: Sie plädieren für ein »sofortiges Kündigungsmoratorium«, wenn nicht bezahlte Betriebs- und Nebenkosten als Grund aufgeführt werden. Strom- und Gassperren dürften nicht mehr verhängt, müssten also ausgesetzt werden. Die Höhe der Wohngeldzahlungen sollte an die gestiegenen Energiekosten angepasst und die Modernisierungsumlage abgeschafft werden. Ferner sollten Unternehmen dazu gezwungen werden, die ihnen tatsächlich entstehenden Kosten für Wärmelieferungen offenzulegen. Es gelte, fehlerhafte Betriebs- und Nebenkosten-Abrechnungen konsequent zu ahnden.

Der Druck auf die Mieter spiegele sich auch bei den Verbraucherzentralen wider. Laut Vandre hat der Ansturm auf diese mittlerweile eine bis zu dreimonatige Wartedauer für einen Beratungstermin zur Folge.

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Walter verwies darauf, dass der Europarat Deutschland für seine wachsende soziale Kluft kritisiert habe. Ein an sich reiches Land unternehme viel zu wenig, um Kinderarmut, Wohnungsnot und steigende Nebenkosten zurückzudrängen.

SPD-Fraktionschef Daniel Keller zufolge sind die Vorschläge der Linken nicht rechtssicher umsetzbar. Keller verwies darauf, dass die aus dem Brandenburg-Paket zu finanzierenden Maßnahmen nicht im Nachhinein ausgedacht werden dürften. Daher sehe er »keine formale Möglichkeit, neue Mietzuschüsse aus dem Brandenburg-Paket zu finanzieren«.

Eine Entspannung durch Neubau von Sozialwohnungen ist nicht absehbar. Vor einiger Zeit räumte Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) ein: Jetzt, wo massenhaft zusätzliche Wohnungen gebraucht würden, sei der soziale Wohnungsbau in Brandenburg »praktisch zum Erliegen gekommen«. Zudem sinke ihren Worten zufolge die Zahl der vorhandenen Sozialwohnungen, weil Wohnungen, deren Bau in der Vergangenheit gefördert worden war, nach einer überschaubaren Zahl von Jahren aus dieser Zweckbindung wieder herausfallen.

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