Debatte um Abtreibung: Von der DDR lernen

Birthe Berghöfer über Forderungen nach einer Liberalisierung des Abtreibungsrechts

Demonstration zum Internationalen Frauentag am 8. März in Augsburg.
Demonstration zum Internationalen Frauentag am 8. März in Augsburg.

Wer in Deutschland ungewollt schwanger ist und abtreiben möchte, begeht eine Straftat. Das sieht der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch vor. Unter gewissen Voraussetzungen bleibt die Strafverfolgung aus, dennoch erleben einige Betroffene einen regelrechten Spießrutenlauf, wenn sie sich gegen die Schwangerschaft entscheiden: Beratung mit anschließender Pflicht-Bedenkzeit von drei Tagen, eine insgesamt schlechte Versorgungslage, um einen Abbruch durchzuführen, und dann auch noch selbsternannte »Lebensschützer«, die einen vor der Beratungsstelle oder Klinik drangsalieren. Zum Glück hat Bundesfamilienminister Lisa Paus (Grüne) erst kürzlich einen Gesetzentwurf in den Bundestag gebracht, der solche »Gehsteigbelästigungen« verbieten soll.

Doch es braucht noch mehr, um reproduktive Selbstbestimmung zu gewährleisten. Die Streichung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch, der das »Werben« für Abbrüche unter Strafe stellte, war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, jetzt muss der nächste folgen: die Streichung des Paragrafen 218. Das hat nun auch eine Kommission mit Expert*innen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Ethik und Rechtswissenschaften empfohlen und die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Abbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft für nicht haltbar erklärt. Abgesehen von moralischen Fragen, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die aktuellen Regelungen einer verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung nicht standhalten.

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Die Union im Bundestag schwingt dennoch bereits die Moralkeule, warnt vor einer Polarisierung der Gesellschaft und droht mit Klage, sollte es zu einer Liberalisierung kommen. Als Opposition ist man eben erst einmal dagegen. Das »christlich« in CDU und CSU jedenfalls dürfte nicht ausschlaggebend sein. Das zeigt die Entkriminalisierung von Abtreibungen in katholisch geprägten Länder wie Irland und Spanien. In Frankreich hat man Abtreibungen gerade erst zum verfassungsrechtlich garantierten Recht erklärt.

Klimakrise, Kriege und steigende Armut: Für manche gibt es abseits ganz persönlicher Beweggründe gute Argumente dafür, gar keine Kinder in die Welt zu setzen. Und entgegen weitläufiger Annahmen gibt es abgesehen von Enthaltsamkeit kein Verhütungsmittel, das zu 100 Prozent schützt. Schon vor fast 30 Jahren stand die Politik vor der Entscheidung, wie die Gesetzgebung um Schwangerschaftsabbrüche gestaltet sein soll. Damals entschied man sich gegen den liberalen Umgang der DDR, bei dem Abbrüche innerhalb der ersten zwölf Wochen und mit vorheriger Beratung bereits legal waren. Dabei bleibt es hoffentlich nicht.

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