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Antisemitismusvorwurf: Berliner Jugendamt schließt Mädchentreffs
Das Jugendamt in Friedrichshain-Kreuzberg wirft Mitarbeitenden des Trägervereins Antisemitismus vor
Es ist eine knappe Pressemitteilung, die das vorläufige Ende von gleich zwei Jugendtreffs in Friedrichshain-Kreuzberg verkündet. Das Bezirksamt teilt mit: »Die beiden Jugendfreizeiteinrichtungen ›Phantalisa-Raum für Mädchen* und junge Frauen in Friedrichshain‹ und ›Alia-Zentrum für Mädchen und junge Frauen‹ in Kreuzberg werden durch das Jugendamt geschlossen.« Die Leistungsverträge mit dem Träger seien gekündigt worden. Man bemühe sich um alternative und zeitnahe Angebote, so das Bezirksamt weiter. Damit sollen die beiden einzigen queerfeministischen Projekte im Bezirk schließen, die sich gezielt an migrantische Mädchen* und junge Frauen* wenden.
Der Trägerverein der Treffs, Frieda-Frauen*zentrum e.V. (Frieda), hat das Kündigungsschreiben öffentlich gemacht. Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Ziele der Zusammenarbeit, unter anderem die Demokratiebildung und der »Abbau menschenverachtender Einstellungen junger Menschen«, könnten nicht mehr umgesetzt werden. Die pädagogische Arbeit sei sofort einzustellen. Eine vorherige Abmahnung sei entbehrlich.
Die Entscheidung wird nicht mit der Arbeit begründet, die in den Zentren gemacht wird, sondern mit den politischen Einstellungen von Mitarbeitenden. In einem Artikel des Nachrichtenmagazins »Focus« sei ein Bild veröffentlicht worden, auf dem Mitarbeitende des Vereins auf einer angemeldeten pro-palästinensischen Demonstration zu sehen seien, die von der Polizei aufgelöst wurde, führt das Schreiben aus. Der Bezirk befürchtet deswegen, dass von den Mitarbeitenden eine »gezielte konfrontative Auseinandersetzung mit den Polizeikräften als Vertretung des Staates gesucht wurde«.
Desweiteren habe ein*e Mitarbeiter*in auf ihrem privaten Instagram-Profil »diverse Pro-Palästina-Äußerungen« gepostet. Diese werden in dem Schreiben nicht näher benannt, genauso wenig wie weitere »antisemitische und antiisraelische Aussagen«. Darüber hinaus sei dieselbe Mitarbeiter*in als Redner*in auf dem umstrittenen Palästinakongress angekündigt worden, der vom Bezirk als »Israelhasser-Kongress« bezeichnet wird. Dieser Kongress sei nach »BZ«-Informationen aus dem Umfeld der verbotenen Organisation Samidoun heraus organisiert worden. Wegen der ausführlichen Berichterstattung zu dem Kongress stelle sich die Mitarbeiter*in wissentlich in eine Reihe mit diesen Personen, so der Bezirk. Weder der Bezirk noch der zuständige Stadtrat Max Kindler (CDU) reagierten auf Anfragen, ob es in der Vergangenheit fachliche Beschwerden über die Arbeit in den Jugendzentren gab und woher der Bezirk seine Informationen hat.
In einer öffentlichen Stellungnahme schreibt der Verein, man sei schockiert über das »Ausspähen privater Instagram-Accounts« und darüber, dass diffamiernde Pressemeldungen genügen würden, um die jahrelange Zusammenarbeit zu beenden. »Die Tatsache, dass (...) die Inanspruchnahme von Grundrechten außerhalb ihrer Dienstzeit, zum Beispiel die Teilnahme an Demonstrationen, geprofiled und offenbar kriminalisiert wird, empfinden wir als besorgniserregend und als Infragestellung eben jener demokratischen Grundwerte, denen wir uns in unserer Arbeit sowohl als Verein als auch als Sozialarbeiter*innen verschrieben haben.« Wenn staatliche Überwachungsmaßnahmen die Arbeit der Sozialarbeiter*innen einschränken und diese individuelle Repressionen erfahren, sei die Soziale Arbeit insgesamt beeinträchtigt, so der Verein.
Über das öffentliche Statement hinaus wollten sich Mitarbeitende von Frieda zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern. Eine Mitarbeiter*in teilte »nd« allerdings mit, dass weder der Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober noch der Krieg in Gaza in irgendeiner Form in der Arbeit mit den Jugendlichen thematisiert worden sei.
Die Stadtteilorganisation »Hände weg vom Wedding« und der Solidaritätstreff soziale Arbeit kritisieren: »Ein rechter Social-Media-Account hat in der vergangenen Woche eine Kollegin öffentlich denunziert.« Das politische Engagement für ein Ende des Krieges in Gaza, für Völkerverständigung und gegen Rassismus der Kollegin sei wahrheitswidrig als »antisemitisch« dargestellt worden.
»Man sieht daran, dass, wenn es um propalästinensische Äußerungen geht, Grundrechte massiv geschleift werden«, sagt Rechtsanwalt Alexander Gorski. Er ist in dem Fall nicht mandatiert, arbeitet aber mit dem »European Legal Support Center« zusammen, das sich gegen die Kriminalisierung propalästinensischer Stimmen einsetzt. Die Vorwürfe seien sehr vage und zumindest nach seiner Kenntnis von der Meinungsfreiheit gedeckt. »Dass auf diesem Weg engagierten Menschen die Möglichkeit genommen wird, bedürftige Menschen zu unterstützen, ist ein Armutszeugnis.«
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