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Die Liebe in den Zeiten des Maoismus

Ist denn nichts privat? Eine Graphic Novel aus den roten 70ern

  • Niko Daniel
  • Lesedauer: 2 Min.
Was glauben Sie, liebe Leser*innen, wie lautet die Antwort der Genoss*innen?
Was glauben Sie, liebe Leser*innen, wie lautet die Antwort der Genoss*innen?

Manchmal geht Siv im Winter an den Einfamilienhäusern in ihrer nordschwedischen Kleinstadt vorbei und denkt, »dass es nur um eine Sache geht, die all diese Einfamilienhausleben am Laufen hält: dass die Paare miteinander schlafen. Wenn sie damit aufhören und Sex mit anderen haben ... tja, dann stehen die Häuser bald zum Verkauf, eines nach dem anderen«. Es sind die 70er Jahre, Siv hat zwei Kinder und arbeitet für die Jugendorganisation der Sozialdemokraten, ihr Mann Börje für die Gewerkschaft der Stahlarbeiter. Sie hat eher Sex mit Ulrik, einem jungen Maoisten, als mit Börje. Ulrik wohnt nur zwei Straßen weiter. Die Macht der Liebe und der Politik: »Okay … aber wenn die Revolution kommt, wie du sagst ... wen wollt ihr dann erschießen? Mich?«, fragt sie ihn im Bett vor dem Karl-Marx-Poster. »Das glaubst du? Es ist doch klar, dass ich dich nicht erschieße«, antwortet Ulrik. »Aber wenn ich als Volksfeindin gelte?« – »Kannst du gar nicht sein. Du bist doch Arbeiterin.« – »Ich bin Bürokraft.« – »Du bist auf unserer Seite des Volkes.« – »Aber etwas fehlgeleitet?« – »Für einen Sozi bist du in Ordnung.«

Mit der Liebe ist es wie mit der linken Politik: sie spaltet die Arbeiterklasse, die Familien und die Einfamilienhäuser. Und als erstes die linken Gruppen: »Vielleicht bist du heimlich Sozi?«, wird Ulrik von seinen Genoss*innen streng gefragt – nachdem sie heimlich seine Sachen durchsucht und seine Liebesbriefe gefunden haben. Sozi-Sein ist der schlimmste Vorwurf der Maoisten. Bei den Sozis ist es die Liebe zu einem anderen als dem Ehemann – Börje hat überall rumerzählt, dass Siv ihm kurz nach Weihnachten gesagt hat, dass sie sich von ihm trennen will. Sie ist tapfer und Ulrik ist schüchtern, er schafft es kaum, die Zeitung seiner kleinen linken Partei zu verkaufen. »Wir lieben einander. Wir können nichts dafür«, sagt er seinen Genoss*innen, »ist denn nichts privat?« Was glauben Sie, liebe Leser*innen, wie lautet die Antwort der Genoss*innen? Und was wird Ulrik nun tun?

Anneli Furmark: Roter Winter. A.d. Schwed. v. Katharina Erben. Avant-Verlag, 168 S., br., 25 €.

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