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»Robot Dreams«: Freund und Freund
Ein Nischenprodukt voller Weisheit: Der Animationsfilm »Robot Dreams«
Ob Androiden von elektronischen Schafen träumen? Mehr naseweis als originell fragte dies einst Philip K. Dick im Titel seines Romans von 1968, der Vorlage zu »Blade Runner« (1982), Ridley Scotts durch den maßlosen Erfolg des Remakes »Blade Runner 2047« (2017) noch einmal überbezahltes Lehrstück an brutalistischer Architektur. Altkluges für Millionen vermeidet der spanisch-französische Animationsfilm »Robot Dreams« hingegen absichtlich. Die quietschbunte Fabel von einsamen Tiermenschen und Maschinenmenschen ist im Format Stummfilmmusical (ohne Dialog) eigentlich direkt als Nischenprodukt angelegt. Dabei sind seine Weisheiten so zugänglich konstruiert, dass sie keine ästhetischen Taschenspielertricks benötigen. Kinder und Erwachsene dürfen verstehen, dass Liebe in verschiedenen Formen und Zyklen sich ins moderne Leben schleicht.
Das Besondere an »Robot Dreams« ist nicht unbedingt seine Animationstechnik. Recht konservativ kommt die visuelle Gestaltung der Figuren und Umgebungen daher. Man fühlt sich an »Family Guy« oder die »Simpsons« erinnert. Glubschaugen und Vollfarben stammen von der US-amerikanischen Comic-Künstlerin Sara Varon, welche 2007 die Vorlage »Robot Dreams« als Graphic Novel zeichnete. Für Regisseur Pablo Berger, in seiner Heimat Spanien und anderswo durchaus hochdekoriert mit zahlreichen Festivalpreisen, ist es der erste Animationsfilm überhaupt.
»Robot Dreams« spielt in einer geträumten Vergangenheit. Im New York City der 1980er-Jahre vertreiben sich alle einsamen Wesen die Feierabende entweder noch mit dem Fernsehen oder mit sogenannten Hobbys. (Beide Begriffe bedürfen heute einer Erklärung: Das Fernsehen war das Lagerfeuer des 20. Jahrhunderts. Es wärmte diejenigen, denen das Hobby, eine Betätigung ohne direkte kapitalistische Verpflichtung, schon zu mühsam geworden war.) Einem Hund namens Hund im anthropomorphen Manhattan wird es vor der Mattscheibe langsam emotional zu kühl. Er sieht die anderen Viecher Händchen halten und kuscheln, während er sich tagein, tagaus in der Mikrowelle Käsemakkaroni aufwärmt. Ein Hobby muss her, bevor sich die allgemeine Sedierung zur Lobotomie entwickelt: ein Roboter zum Selbstbasteln.
Behende flickt der Hund einen zusammen und muss sich doch sehr wundern, dass er nicht nur eine einfache Maschine gebaut, sondern ein ebenso menschenhaftes Wesen erschaffen hat. Mindestens so menschlich wie er selbst. Und so gehen die beiden also Hand in Hand durch die Welt: Hund und Roboter, Freund und Freund. Schnell entwickeln sich gegenseitige Sympathien für die Unterschiede im Fabrikat, aber auch für die gemeinsame Sicht auf die Welt. Was für eine Art Beziehung, die beiden Kreaturen füreinander haben – Kumpelei oder wahre Liebe – das hält der Film für unbemerkenswert. Tatsächlich ist dieser Ansatz das Wesentliche und Lehrreiche in »Robot Dreams«. Er lässt sogenannte heteronormative wie queere Dogmen hinter sich, predigt nicht vom richtigen Leben und Lieben in einer falschen Welt.
Ganz im Gegenteil: Als der Roboterfreund aussichtslos im Strand von Coney Island feststeckt, ändern sich die Bedingungen ihrer Beziehung. Unweigerlich beginnt der Zyklus der Trennung, Trauer, Überwindung. Während Hund eine attraktive Straußendame datet, darf Roboter die Wunder der Geburt erleben. Ein dreiviertel Jahr im Sand begräbt nicht alle Gefühle unter sich, aber das Leben geht weiter. Dass ein neuer Partner nicht derselbe ist, jede Liebe einzigartig aber nicht unbedingt ewig, dass Zweisamkeit gelebt und nicht geträumt werden muss – davon will dieser Film Zeugnis ablegen. »Robot Dreams« stellt sich mutig gegen Disneys Prinzen und Prinzessinnen, deren Verschmachten in alle Ewigkeit das Leben verneint.
»Robot Dreams«, Spanien/Frankreich 2023. Regie und Drehbuch: Pablo Berger, 103 Min., bereits angelaufen
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