Linke will kostenlosen ÖPNV: »Straßenbahnen statt Straßenpanzer«

Linke stellt sieben Schritte für Verkehrswende in Europa vor

So soll es künftig in den Werken von VW und Mercedes aussehen.
So soll es künftig in den Werken von VW und Mercedes aussehen.

»Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht«, heißt es im mittlerweile 16 Jahre alten Song »Schwarz zu Blau« des Berliner Musikers Peter Fox. Seit das Lied erschienen ist, dürfte der Frust nicht kleiner geworden sein, im Gegenteil eher größer. Lokalmedien im ganzen Land berichten ständig vom Ärger über ausgedünnte Busfahrpläne oder gesperrte Bahnstrecken. Der Ärger mit überfüllten, verspäteten oder gar ausgefallenen Zügen kommt da noch hinzu. Der öffentliche Verkehr in Deutschland ist in keinem guten Zustand. Daran zweifelt eigentlich niemand im Land. Geht es um Lösungen, sind die Antworten allerdings oft halbherzig.

Das attestierte auch der Linke-Vorsitzende Martin Schirdewan am Dienstagmittag bei einer Pressekonferenz. Weder im Bund noch auf europäischer Ebene gebe es schlüssige Konzepte für die Verkehrswende. Dabei sei dringend Zeit »gegenzusteuern«. Die Überflutungen im Saarland und in Rheinland-Pfalz zeigten doch deutlich, dass »Hitze und Unwetter das neue Normal« geworden seien, so Schirdewan. In dieser Zeit könne es nicht sein, dass die Treibhausgasemissionen im Verkehr stiegen und dies durch die Aufhebung der Sektorenziele auch noch verschleiert werde.

An erster Stelle des Sieben-Punkte-Plans der Linken für eine Verkehrswende steht folgerichtig auch der Umbau der Autoindustrie. Diese sei vor allem auf den Profit der Aktionär*innen ausgerichtet und produziere SUVs beziehungsweise E-SUVs. Diese sind aus Sicht der Linken erstens zu teuer und zweitens eine riesige Ressourcenverschwendung. Die Autoindustrie müsse umgebaut werden. »Straßenbahnen statt Straßenpanzer« müssten produziert werden. Wenn Autos gebaut werden, müssten diese leicht und elektrisch sein. Beim Umbau soll der Staat der Industrie unter die Arme greifen. Dafür verlangt die Linke öffentliches Eigentum, Mitbestimmung und bessere Arbeitsbedingungen. Ein europaweiter Ausbauplan für die Verkehrsinfrastruktur soll für die Transformation der Autoindustrie Sicherheit geben und »gerechte Übergänge« für die Beschäftigten ermöglichen.

Dass es auf Autos bald nicht mehr so ankommen soll, macht die Linke in ihrem Plan deutlich. In zehn Jahren sollen viele Menschen nicht mehr auf das Auto angewiesen sein, der Autoverkehr könne halbiert werden. In den Innenstädten sollen dann nur noch Menschen mit eingeschränkter Mobilität mit Autos unterwegs sein, sowie Rettungsfahrzeuge und Lieferwagen. Dies verbessere auch die Lebensqualität. Zentral für die Vision der Linken ist der massive Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Die Zielsetzung der Partei ist klar. Der Klima-Sozial-Fonds der Europäischen Union soll ausgebaut werden. Den EU-Ländern soll es möglich sein, einen kostenfreien Nahverkehr anzubieten.

Auf dem Weg dahin hat die Partei auch zahlreiche konkrete Verbesserungen im Blick. So forderte Schirdewan am Dienstag eine »Mobilitätsgarantie«. Jeder Ort in Deutschland müsse stündlich mit Bus oder Bahn erreichbar sein. Dafür sei es sinnvoll, Bahnstrecken, die in der Vergangenheit stillgelegt wurden, zu reaktivieren. Auch ein »Revival der Mitfahrkultur« schlägt die Linke vor. Unkommerzielle Plattformen und Sharing-Angebote könnten dieses Revival stärken. Zum 18. Geburtstag würde die Linke gerne, nach österreichischem Vorbild, Jahrestickets verschenken, mit denen Bus und Bahn kostenlos genutzt werden können. Damit sollen öffentliche Verkehrsmittel für junge Menschen attraktiver gemacht werden.

Für die Abonnent*innen des 49-Euro-Tickets hat Schirdewan ein besonderes Wahlkampfversprechen im linken Verkehrswendeplan. Sechs Fahrten mit dem Fernverkehr pro Jahr würde die Linke gerne in das Ticket integrieren. Insgesamt blickt die Partei ambivalent auf das 49-Euro-Ticket. Das 9-Euro-Ticket habe gezeigt: »Kostenloser Nahverkehr ist keine Träumerei, sondern wäre sofort möglich.« Das teurere Ticket, dass es jetzt gibt, sei ein »unnötiger Schritt zurück«. Wie gut es angenommen wird, zeige aber, »dass die Menschen bereit sind umzusteigen, wenn öffentlicher Nahverkehr bezahlbar ist«.

Damit das alles klappt, möchte die Partei den öffentlichen Verkehr rekommunalisieren. Gemeinwohlorientierung führe zu einem besseren Angebot. Das Angebot verbessern sollen auch bessere Arbeitsbedingungen im ÖPNV. Gute Löhne und ein langfristig gesicherter Job führten dazu, dass die Arbeit wieder attraktiv würde. Finanzieren will die Linke ihre Vorschläge auf zwei Wegen: Einerseits sollen klimaschädliche Subventionen abgeschafft werden. Die Partei nennt etwa Flugbenzin und das deutsche Dienstwagenprivileg. Der andere Weg wäre die Erhebung von Vermögenssteuern in Europa. Damit könnten laut einer Oxfam-Studie fast 300 Milliarden Euro eingenommen werden.

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