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Ein Block weniger in Kreuzberger Milieuschutzgebiet
Berliner Oberverwaltungsgericht gibt einer Normenkontrollklage statt – Riehmers Hofgarten sind nicht mehr im Milieuschutzgebiet
Riehmers Hofgarten ist ein Sonderfall. Das denkmalgeschützte Kreuzberger Bauensemble aus der Gründerzeit an der Yorkstraße unterscheidet sich stark von den sonst in Berlin typischen Altbaublöcken. Die 20 Wohngebäude sind nicht durch Innenhöfe mit wenig Licht getrennt, sondern gruppieren sich um eine Gartenanlage. Von außen sind prunkvolle Fassaden zu sehen, Figuren thronen über dem Eingang des Ensembles an der Yorckstraße, eine Privatstraße führt durch das Gelände. Der namensgebende Maurermeister Riehmer musste sich wegen seinen von der damaligen städtebaulichen Norm abweichenden Ideen eine Baugenehmigung einklagen.
Um städtebauliche Normen bezogen auf die prunkvollen Gebäude ging es auch am Mittwochmorgen im Oberverwaltungsgericht Berlin (OVG). Anfang 2020 hatte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg den Block, in dem die Anlage liegt, dem Milieuschutzgebiet »Hornstraße« zugeschlagen. Noch im selben Jahr haben zwei Eigentümergesellschaften gegen die Verordnung geklagt. Wie das OVG am Nachmittag mitteilte, wurde dem Antrag stattgegeben, der Block ist somit nicht mehr Teil des Milieuschutzgebietes. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Milieuschutzgebiete sind im Baugesetz verankert. Sie können ausgewiesen werden, um auf dem Wege der Beschränkung von Modernisierungsmaßnahmen, also baulichen Veränderungen, die Gebietsbevölkerung in den jeweiligen Gebieten zu schützen. Besonders kostspielige Baumaßnahmen, die zu hohen Mietumlagen führen, sind genehmigungspflichtig.
Riehmers Hofgarten hat im Laufe der Zeit einige Veränderungen durchgemacht. In den 1980er Jahren wurde die Gebäude mit öffentlicher Förderung saniert. Nach 2006 wurden die Gebäude immer wieder verkauft und auf verschiedene Gesellschaften aufgeteilt. Im Jahr 2015 wurden sie saniert und zu großen Teilen in Eigentumswohnungen umgewandelt.
Die Frage, ob der Block, in dem auch der Hofgarten liegt, Teil des Milieuschutzgebietes werden soll oder nicht, wurde immer wieder geprüft, zuletzt 2019 von der Argus GmbH und der Stern GmbH, davor 2015 von der Asum GmbH. In der Verhandlung am Mittwoch ging es vor allem um diese zwei Gutachten.
Die Studie von Asum kam 2015 noch zu dem Schluss, nicht zu empfehlen, den Hofgarten-Block an das Milieuschutzgebit anzugliedern. »Eine Verdrängungsgefahr besteht nur für einen vergleichsweise kleineren Bestandteil der Gebietsbevölkerung als in anderen Erhaltungsgebieten«, so die Studie. Ein Großteil der Wohnungen habe schon Vollstandard, die Einkommensverhältnisse der Haushalte des Blocks seien überwiegend günstiger als im Bezirks- und Berlinvergleich. Da es neben Riehmers Hofgarten noch weitere denkmalgeschützte Anlagen im Block gibt, sah die Asum auch nicht die Gefahr, dass beispielsweise durch Fassadendämmung weitere Menschen verdrängt werden könnten.
Die Argus-Stern-Studie von 2019 wiederum kam zum gegenteiligen Schluss: Sie sieht ein »erhebliches Aufwertungspotenzial im Wohnungsbestand durch mietumlagefähige Modernisierungsmaßnahmen«. Auch ein nachhaltiger Aufwertungsdruck und eine erhebliche Verdrängungsgefährdung für Teile der Wohnbevölkerung seien gegeben.
Das OVG hält die Studie für nicht plausibel. Das Gericht bemängelt in seiner Pressemitteilung, dass sich die Studie nicht mit den gegenteiligen Annahmen des Vorgutachtens aus dem Jahre 2015 auseinandergesetzt habe und sie zudem widersprüchliche Angaben zu negativen städtebaulichen Folgen für die Infrastruktur enthalte. Die inhaltliche Frage, ob aktuell die Voraussetzungen für ein Milieuschutzgebiet gegeben sein könnten, wurde vor Gericht nicht verhandelt, lediglich, ob die Verordnung rechtmäßig erfolgte.
Ein Sprecher des Bezirk teilte auf Anfrage mit, dass er weiterhin an seinem Ziel festhalten werde, die Bevölkerungsstruktur in den sozialen Erhaltungsgebieten zu bewahren und in jedem Fall das ihm zur Verfügung stehende rechtliche Instrumentarium ausschöpfen werde, um der Verdrängungsgefahr in Riehmers Hofgarten entgegenzuwirken. Aktuell werden die Voraussetzungen für das Millieuschutzgebiet routinemäßig geprüft. Der Block ist Teil davon. Die Prüfung wird von Kaspar Metzkow von der Asum durchgeführt. »Ich kann keine Untersuchungsergebnisse vorgreifen, das wäre schlecht«, sagt er im Gespräch mit »nd«. Aus der Außenansicht und der Erfahrung der letzten Studien könne er aber sagen, dass sich der Block nicht wesentlich von anderen Blöcken im Gebiet unterscheide.
Für das restliche Milieuschutzgebiet ist die Entscheidung des OVG sowieso nicht von Bedeutung, es bleibt weiterhin bestehen. »Eine Auswirkung der Entscheidung auf andere Erhaltungsverordnungen ist daher nicht zu erwarten«, so der Bezirk. Das sieht selbst der Anwalt der Kläger so: »Der Milieuschutz ist nicht in Gefahr. Das ist ein Sonderfall«, sagt er zu »nd«.
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